Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

381 Albert Osterrieth. 
Bei dem gewerblichen Urheberrecht um Schöpfungen, deren Eigenart durch den neutralen 
Zweckgedanken bestimmt ist, durch einen Zweck, der sich in Beziehungen zur Außenwelt ver- 
wirklicht. 
Der Gegenstand des Urheberrechts, das Geisteswerk, kann in seiner Eigenart grund- 
sätzlich nur die Schöpfung eines Einzigen sein; der Gegenstand desvgewerblichen Urheberrechts, 
die Erfindung, kann unabhängig von mehreren Personen geschaffen werden. Der unpersön- 
liche Charakter der Erfindung bringt die Notwendigkeit mit sich, das Recht an der Schöpfung 
mit künstlichen Merkmalen des Eigenbesitzes auszustatten. Daher ist das gewerbliche Urheber- 
recht in seiner vollen Entfaltung als ein Formalrecht ausgebildet, welches das ihm zugrunde 
liegende materielle Recht überdeckt, verstärkt und zum Teil auch aufsaugt. 
Das geistige Urheberrecht ist als formloses Recht ausgebildet, mit Ausnahme des Muster- 
rechts, dessen Formalcharakter im wesentlichen auf historischen Gründen beruht. 
Demgemäß steht das Geschmacksmusterrecht an der Grenze beider Gruppen. Seinem Wesen 
nach gehört es in das geistige Urheberrecht, seinem Formalcharakter nach in das gewerbliche. 
Neben dem Ausdruck „Urheberrecht“ wird gelegentlich auch der Ausdruck „Eigentum“ 
gebraucht: Geistiges Eigentum — gewerbliches Eigentum. (Uber die Berechtigung dieser 
Bezeichnung siehe unten S. 386.) 
II. Rechtspolitische Zwecke. 
Die gesamte schöpferische Tätigkeit des Menschen, des % mMôR #, drängt nach 
Mitteilung, nach Verbreitung. 
Diese vollzieht sich in gewerblicher Weise (durch Verlag, Aufführung, industrielle Aus- 
führung usw.). Die geistige Schöpfung wird dadurch zu einem Gegenstand wirtschaftlicher 
Verwertung, zu einem Gut. 
Im Interesse der Förderung des geistigen Schaffens — auf allen Gebieten —, im 
Interesse der Verbreitung und der Nutzung geistiger Schöpfungen durch die Allgemeinheit, 
im Interesse der Erhaltung der Gewerbe, die mit der Verbreitung und Nutzung geistiger 
Schöpfungen befaßt sind, bedarf es einer Ordnung der gewerblichen Verwertung dieser 
Schöpfungen, und zwar der — wenn auch zeitlich beschränkten — Gewährung der ausschließ- 
lichen wirtschaftlichen Nutzung an die Schöpfer dieser Werke. Eine lange und opferreiche Er- 
fahrung hat gelehrt, daß ein Verlagswesen sich nicht entwickeln oder erhalten kann, wenn der 
Nachdruck gestattet wird, daß die Industrie nicht bestehen kann, wenn neue technische Ideen, 
bevor sie ausgereift und dem allgemeinen Schatz der Technik zugeführt sind, der freien Nutzung 
preisgegeben werden. — 
Will man das geistige Schaffen fördern, muß man dem Schöpfer auch den Lohn seiner 
Arbeit gewähren, ihm das ausschließliche Recht geben, die Früchte seines Schaffens zu ernten. 
Aus der Hand des Urhebers kann der Gegenstand mit dem daran haftenden Schutz auf 
andere übergehen. 
Was bei dem Urheber zurückbleibt, ist nur der Zustand der Urheber- oder Erfinderschaft, 
das geistige Band, das ihn unzerstörbar mit dem in fremde Hände gegebenen Gut verknüpft. 
Die Achtung vor der Erfinderschaft gebietet auch die Anerkennung und Schutz dieses geistigen 
Bandes (Urheberschutz — sog. Erfinderehre). 
Der im Urheberrecht liegende Schutz wird also gewährt, damit der Antrieb zu geistigem 
Schaffen gefördert werde, damit geistige Schöpfungen ungehindert und erfolgreich gewerblich 
mitgeteilt, vertrieben und genutzt werden können, und damit die an dieser Verbreitung und 
Nutzung beteiligten Gewerbe, die in wesentlichem Maße zum Volkswohlstand beitragen, be- 
stehen und sich gedeihlich entwickeln können. — 
III. Rechtsphilosophische Begründung des Urheberrechts. 
Diese kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Zwecke könnten vielleicht auch auf andere 
Weise als durch Gewährung eines Urheberrechts, etwa durch Nationalbelohnungen oder durch 
polizelliche Verordnungen erreicht werden.
	        
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