386 Albert Osterrieth.
Andere verlegen den Schwerpunkt in die Urheberschaft und fassen das Recht als ein
Persönlichkeitsrecht auf. Dieser Anschauung liegt ein richtiger Gedanke zugrunde.
Er begreift aber nur eine Seite des Rechtes und läßt seinen wirtschaftlichen Charakter unberück-
sichtigt, obwohl er die stärkere Wirkung übt als der persönliche. — Oder man verwechselt den
Grund des Rechtes (vinculum spirituale) mit seinem Inhalt. Daher erscheint auch diese Lehre
terminologisch bedenklich.
Geht man von dem Verhältnis der Person zur Sache aus, so muß man zunächst erwägen,
daß die Sache, die Schöpfung, ein wirtschaftliches Gut ist, dessen Nutzung dem Urheber vor-
behalten ist, und daß dieses Gut von seinem Schöpfer abgelöst und auf andere übertragen
werden kann. Das Recht ist daher nach der wirtschaftlichen Seite ein Vermögensrecht oder
ein Wertrecht (Kohler).
Es ist ein Recht an einer Sache, die sich von den körperlichen Gütern nur dadurch unter-
scheidet, daß sie unkörperlich, immateriell ist.
Man kann es daher als ein Recht an einer unkörperlichen Sache oder an einem im-
materiellen Gut bezeichnen. Das Verdienst, diese Lehre begründet und ausgebaut
zu haben, gebührt Kohler.
Indessen drückt dieser Begriff nur die allgemeine Natur des Urheberrechtes, aber noch
nicht die Sondernatur des Urheberrechts als eines Eigenrechts aus.
Das Urheberrecht gewährt seinem Träger eine ausschließliche Verfügungsmacht über
die Schöpfung zum Zwecke ihrer wirtschaftlichen Nutzung. Damit schiebt es sich innerhalb
der Kategorie der Rechte an immateriellen Gütern an die Stelle, die innerhalb der Kategorie
der Rechte an körperlichen Sachen das Eigentum einnimmt.
Es dürfte daher richtig als unkörperliches Eigentum bezeichnet werden.
Wenn man dagegen einwendet, der Eigentumsbegriff unseres bürgerlichen Rechtes be-
schränke sich auf körperliche Sachen, so dürfte der Zusatz „unkörperliche“ gerade auf diejenigen
Besonderheiten hinweisen, die sich aus der Unkörperlichkeit des Gegenstandes ergeben: kein
unmittelbarer Besitz — beschränkte Dauer. Von diesen im Wesen des Gegenstandes liegenden
Unterschieden abgesehen, steht das Urheberrecht als ausschließliches Genuß= oder Herrschafts-
recht dem Eigentum gleich.
V. Die zeitliche Beschränkung des Urheberrechts.
Durch die zeitliche Befristung des Schutzes unterscheidet sich das unkörperliche Eigentum
von dem körperlichen.
Der Grund der zeitlichen Beschränkung liegt, wie gesagt, in der Besonderheit des Gegen-
standes, der nur für eine gewisse Zeit Gegenstand eines Sonderbesitzes sein kann.
Technische Ideen — patentfähige Erfindungen und Gebrauchsmuster — können nur
solange im Sonderbesitz stehen, als sie nicht in den allgemeinen Schatz des technischen Wissens
übergegangen sind, also nur solange, als sie neu oder noch in gewissem Sinne neu sind.
Die Geisteswerke im engeren Sinne, Schriftwerke, Tonwerke, Werke der bildenden
Künste — einschließlich der Geschmacksmuster — behalten zwar solange sie bestehen ihre konkrete
Eigenart. Allein im Laufe der Zeit verflüchtigt sich das Band der persönlichen Urheberschaft,
aus der das Recht seine Entstehung nimmt.
Dem Recht, das nach dem Tode des Urhebers in die Hände der Erben oder dritter Per-
sonen gelangt ist, bringt die Rechtsordnung mit der Zeit ein geringeres Interesse entgegen.
Man enteignet daher das wirtschaftliche Gut, um ein freies Kulturgut zu schaffen.
Die Fristen sind bei beiden Gruppen des Urheberrechts willkürlich gesetzt. Sie sind bei
dem gewerblichen Urheberrecht regelmäßig erheblich kürzer als bei dem geistigen, zumal sich bei
stärkerer Entwicklung der Technik und der sich steigernden Ausbreitung des Wirtschaftsverkehrs
die Aufnahme neuer geistiger Schöpfungen in das allgemeine Wissen rasch vollzieht.
Die Bemessung der Dauer des geistigen Urheberrechtes hängt eng mit dem jeweiligen
Stande der geistigen und der Rechtskultur einer Zeit und eines Volkes zusammen.
Je enger die Begriffe des Urheberrechts mit dem allgemein bürgerlichen Recht ver-
wachsen, und je größere Achtung dem geistigen Schaffen entgegengebracht wird, desto länger