398 Albert Osterrieth.
auf jede formgerechte Anmeldung statt. Ihre Wirkungen sind daher auch immer davon ab-
hängig, daß das Muster von den Gerichten als schutzfähig befunden wird.
3. Ahnlich verhält es sich mit den Geschmacksmustern. Sie werden bei dem zuständigen
Amtsgericht hinterlegt und ohne Prüfung angenommen.
Während jede Erfindung und jedes Gebrauchsmuster einzeln anzumelden ist, können
Geschmacksmuster in größerer Zahl (bis zu 50 Stück) in versiegeltem Paket eingereicht
werden.
Für die Anmeldung von Patenten, Gebrauchsmustern und Geschmacksmustern sind
besondere Gebühren zu zahlen (siehe auch unten unter Dauer des Rechts S. 403).
0. Inhalt und Amfang des Nechts.
Das Urheberrecht — hierunter ist bei den gewerblichen Rechten von nun ab das Formal-
recht zu verstehen — gewährt dem Berechtigten die ausschließliche Befugnis, das
Werk wirtschaftlich zu nutzen.
Allerdings wird dies in keinem Gesetz in dieser Allgemeinheit ausgesprochen. Vielmehr
hat es die geschichtliche Entwicklung mit sich gebracht, daß für jedes Schutzgebiet die einzelnen
ausschließlichen Befugnisse des Urhebers besonders aufgeführt werden.
Hieraus ergeben sich gewisse Grenzschwierigkeiten und auch Lücken des Schutzes. So-
weit aber letztere von dem Gesetzgeber nicht ausdrücklich gewollt sind, wird man davon aus-
gehen können, daß dem Berechtigten alle Verfügungshandlungen, die der wirtschaftlichen
Nutzung des Werkes dienen, ausschließlich vorbehalten sind.
Der Umfang des Schutzes wird bestimmt durch den Gegenstand, so wie er wirklich ins
Leben getreten ist oder — auf den formal geregelten Gebieten — so wie er durch den formalen
Rechtsbegründungsakt festgelegt ist. Falls über die Identität des Werkes Zweifel bestehen
— etwa wenn es nicht vollständig, sondern nur zum Teil oder mit Abweichungen wiedergegeben
oder benutzt wurde —, ist im Hinblick auf die angebliche Nachahmung der Schutzgegenstand
des Werkes zu bestimmen und abzugrenzen. Diese Prüfung hat jeweils durch Analyse des
Schaffensvorganges unter Berücksichtigung der älteren Werke, von denen der Urheber aus-
gegangen ist, zu erfolgen.
Das Ziel der Prüfung muß immer der Vergleich mit der Nachahmung sein. Hieraus
ergibt sich, daß die Prüfung nie zu absoluten, sondern daß sie immer nur zu relativen, d. h.
für den besonderen Fall geltenden Ergebnissen führen kann.
Besondere Schwierigkeiten können sich bei der Prüfung der Patente ergeben, weil es
sich hierbei nicht nur um die Feststellung der von dem Erfinder tatsächlich gefundenen
Sache handelt, sondern auch um eine Auslegung der eigenen Willenserklärung des An-
melders und der gerichtlichen Festsetzung, die das Patentamt in der Erteilung des Patents
gegeben hat.
Da den Gerichten eine Entscheidung der Frage, ob das Patent zu Recht erteilt wurde,
nicht zusteht und nach Ablauf von fünf Jahren die Entscheidung des Patentamts über die
Patentfähigkeit bindend und unanfechtbar wird (s. unten S. 404), so können — namentlich
wenn das Patentamt Irrtümer bei der Patenterteilung begangen hat — Widerstreite zwischen
dem formalen Recht und den Grundsätzen des materiellen Rechts entstehen. Wie dann zu
entscheiden ist, ist eine Frage, über die in der Literatur und Rechtsprechung die Ansichten aus-
einandergehen. Auf der einen Seite wird im Interesse der sogenannten Rechtssicherheit ge-
fordert, daß der Wortlaut des Patentes unbedingt maßgebend sei, ohne Rücksicht auf die wirk-
liche tatsächliche Lage der Technik; auf der anderen Seite wird es für unrecht und gefährlich
gehalten, die Tatsachen der Technik durch formale Rechtssprüche zu fälschen. —
Eine glatte Lösung der Frage wird nie möglich sein, solange der Patenterteilung eine
absolut konstitutive Wirkung gegeben wird. Die dauernd in lebendigem Fluß verharrende
Technik und die täglich fortschreitende wissenschaftliche Erkenntnis lassen sich eben nicht durch
formale Rechtssprüche binden, wie dies bei Rechtsverhältnissen zwischen im Streit befangenen
Parteien der Fall ist.