Das Urheberrecht. 405
Die Vernichtung des Patents wirkt zurück bis zum Zeitpunkt des Eintritts des vorläufigen
Schutzes (Zeitpunkt der Bekanntmachung). Damit werden auch alle inzwischen auf Grund
des Patentes entstandenen Rechtsverhältnisse anfechtbar, jedoch nicht die Rechtsfolgen, die
sich aus der Tatsache des zeitweiligen Bestehens eines Ausschlußrechtes ergeben.
Die Zurücknahme von Patenten ist vorgesehen aus Gründen, deren Erklärung in
den gewerbepolitischen Erwägungen liegt, welche die neuzeitliche Patentgesetzgebung be-
herrschten. Aus der Vorstellung, daß das Patent ein zur Belebung der heimischen Industrie
gewährtes Privileg darstelle, entwickelte sich der Gedanke, daß der Patentinhaber verpflichtet
sei, den Gegenstand seines Patentes auch innerhalb gewisser Zeit zur Ausführung zu bringen,
widrigenfalls das Patent der Zurücknahme unterliege. Dieser sogenannte Ausführungs-
zwang, der auch in das Patentgesetz von 1877 Eingang fand und in der Patentnovelle von
1891 aufrechterhalten wurde, ist indessen in neuerer Zeit als unnötig und schädlich befunden
worden; als unnötig, weil eine rege Industrie des Ansporns des Ausübungszwanges nicht
bedarf, um brauchbare Erfindungen der Praxis zuzuführen, als schädlich, weil die stete Gefahr
einer Zurücknahmeklage den Wert der Patente schwächt.
Diese Erkenntnis führte zu dem Gesetz vom 6. Juni 1911, durch welches der Ausführungs-
zwang praktisch beseitigt wurde.
Den einzigen Rest, der von dem Ausführungszwang zurückgeblieben ist, enthält die Be-
stimmung, daß ein Patent zurückgenommen werden kann, wenn der Gegenstand des Patentes
ausschließlich oder hauptsächlich außerhalb des Deutschen Reiches ausgeführt wird. Es handelt
sich also um eine — lediglich zu Vergeltungszwecken gegenüber dem Ausland eingeführte —
Schutzvorschrift im Interesse der deutschen Industrie, von der in Fällen einer durch Staats-
verträge gesicherten Gegenseitigkeit einzelnen Ländern gegenüber Befreiung gewährt wer-
den kann.
Ein eigentlicher Ausführungszwang besteht aber nicht mehr. Wird die Erfindung über-
haupt nicht ausgeführt, hat dies auf den Bestand des Patentes keinen Einfluß.
An Stelle des Ausführungszwanges ist die Zwangslizenz getreten. Schon unter
dem Gesetz von 1891 konnte ein Patent zurückgenommen werden, wenn der Patentinhaber
es dem öffentlichen Interesse zuwider unterließ, anderen auf Ersuchen zu angemessenen Be-
dingungen Lizenzen zu gewähren (Lizenzzwang). Die Möglichkeit der Zurücknahme des
Patents wegen Lizenzverweigerung ist durch das Gesetz von 1911 beseitigt worden. Dagegen
kann im Falle unbegründeter Lizenzverweigerung aus Gründen des öffentlichen Interesses
einem Lizenzsucher gegen angemessene Vergütung die Berechtigung zur Benutzung der Er-
findung zugesprochen werden.
Die Nichtigkeitsklage — die in den oben genannten Fällen a und b Popularklage ist
und im Falle der rechtswidrigen Entnahme nur von dem Verletzten angestrengt werden kann —
und die Klage auf Zwangslizenz — eine Popularklage — werden bei dem Patentamt ein-
gereicht (Nichtigkeitsabteilung), das in erster Instanz entscheidet. Die Berufung gegen die
Entscheidung des Patentamtes geht an das Reichsgericht.
4. Gebrauchsmuster können zunächst gegen Zahlung einer Gebühr von 15 Mark
auf drei Jahre eingetragen werden. Bei Zahlung einer weiteren Gebühr von 60 Mark tritt
eine Verlängerung der Schutzfrist um weitere drei Jahre ein. Die Höchstdauer von sechs Jahren
kann nicht überschritten werden.
Die Löschung eines Gebrauchsmusters kann jederzeit herbeigeführt werden. Ist der
Gegenstand eines eingetragenen Gebrauchsmusters nicht schutzfähig — keine Erfindung, nicht
neu, nicht modellfähig — so kann jeder Dritte vor den ordentlichen Gerichten auf Löschung
klagen. Spricht das Gericht die Löschungsbewilligung aus, so hat das Patentamt die Ein-
tragung in der Gebrauchsmusterrolle zu löschen. Die Entscheidung, durch die die Eintragung
für begründet erklärt wird, wirkt nur zwischen den Parteien. Sie ist daher der Patenterteilung
nicht gleichzustellen. Jeder wegen Verletzung Beklagte kann den Nichtigkeitseinwand in Form
einer Widerklage auf Löschung erheben.