Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

422 Martin Wolff. 
sicherungsagenten sind, wenn der Versicherer Kaufmann ist, regelmäßig Handlungs- 
agenten und daher selbst Kaufleute, §§ 1 Nr. 7, 84 HGB. (bisweilen freilich nur Handlungs- 
gehilfen: KG., OLG. 11, 375) 1. Regelmäßig wird das Arbeitsgebiet des Versicherers in 
eine Reihe von Generalagenturen (Sudbdirektionen) eingeteilt, deren jede wieder in Agenturen 
zerlegt wird. Die Versicherungsagenten sind entweder mit dem Abschluß oder nur mit 
der Vermittelung von Versicherungsverträgen betraut; meist das letzte. Nur in der Feuer-, 
Hagel- und Transportversicherung finden sich Abschlußagenten. Der Agenturertrag ist 
Dienstvertrag (§ 675 BGB.). Die Vollmacht eines Abschlußagenten schließt nicht nur den 
Abschluß von Versicherungsverträgen in sich, sondern auch deren Anderung oder Verlängerung 
und die Abgabe von Kündigungen oder Rücktrittserklärungen (§ 45 VVG.). Vermittelungs- 
agenten dürfen nicht nur vermitteln, sondern in gewissen Grenzen auch vertreten: sie können 
Vertragsanträge, Anzeigen, Kündigungen, Rücktrittserklärungen und ähnliche Erklärungen 
entgegennehmen, Versicherungsscheine aushändigen und, wenn sie im Besitz einer vom Ver- 
sicherer ausgestellten Prämienrechnung sind, Prämien nebst Zinsen und Kosten annehmen 
(5F§ 43 VVG.). Alle diese Handlungen wirken als Handlungen des Versicherers; daher ist für 
die Berechnung der Frist, während der der Antragsteller an seinen Antrag gebunden ist, die 
Zeit des Zugehens beim Agenten maßgebend; übermittelt der Agent dem Versicherer den 
Antrag anders, als er ihm erklärt wurde (z. B. unter Verschweigung einer mündlich gemachten 
Bedingung), so wirkt der Antrag so, wie er dem Agenten erklärt wurde (vgl. Veröff. AP V. 11 
Anl. 45 u. a.). Ein auf einen bestimmten Bezirk beschränkter Agent hat Vertretungsmacht 
nur für Angelegenheiten dieses Bezirkes (§ 46 VVG.). Die Vertretungsmacht der Agenten 
kann durch Erklärung des Versicherers ausgeschlossen oder ihr gesetzlicher Inhalt beschränkt 
werden. Solche Beschränkungen wirken aber nicht gegen gutgläubige Dritte (ähnlich wie 
bei anderen Handlungsbevollmächtigten nach § 54 Abs. 3 HGB.; aber während nach § 54 HGB. 
dem Dritten schon die leichtfahrlässige Unkenntnis der Vollmachtsbeschränkung schodet, schadet 
ihm bei Verhandlungen mit dem Versicherungsagenten nur grobfahrlässige Unkenntnis); § 47 
VVG. Inwieweit der Versicherer sich die Kenntnis seiner Agenten als eigene Kenntnis an- 
rechnen lassen muß (z. B. die Kenntnis verschwiegener Gefahrumstände, § 16), war im bis- 
herigen Recht streitig; jetzt ist die Frage für Abschlußagenten nach § 166 BGB. zu bejahen, 
für Vermittelungsagenten zu verneinen (§ 44 VVG). Die Niederlassung oder der Wohnsitz 
des Agenten gibt für Prozesse gegen den Versicherer einen unausschließbaren, aber nicht aus- 
schließlichen Gerichtsstand (§ 48 VVG.). Vgl. auch unten X 9 III. 
Cosack 560 ff.; Kohler 394 ff.; Lehmann 1025 ff.; Ehrenberg, VR. 1 205ff. 
und Göttinger Festgabe f. IJhering, 1892, 1 ff.;Hagen, Iherings J. 61, 229 ff.; Schneider, 
Leipz. 10, 53 ff.; Serini, Z. f. Vers Wiss. 10, 362 ff.; Manes, VersWesen 97 ff. 
§ 6. Die Formen der privaten Versicherungsunternehmung. I. Seit dem VIl. 
kann die Gegenseitigkeitsversicherung nur von Versicherungsvereinen auf 
Gegenseitigkeit betrieben werden, nicht mehr von Vereinen des BGB., von Gesellschaften 
oder von Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften (§ 6 Abs. 1; Übergangsvorschriften: 88 101 
bis 103). Ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit kann jeden Zweig der Versicherung 
betreiben. Über die Organisation der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit vgl. unten 87. 
II. Die Prämienversicherung kann 
1. von Aktiengesellschaften betrieben werden. Für die wichtigsten Ver- 
sicherungszweige sind sie sogar (abgesebeen von Gegenseitigkeitsvereinen) ausschließlich zugelassen, 
nämlich für die Lebensversicherung aller Arten, die Unfall-, Haftpflicht-, Feuer-, Hagelver- 
sicherung (§ 6 Abs. 2, 3 VlIG.). Die Versicherungsaktiengesellschaften unterstehen denselben 
Rechtssätzen wie andere Aktiengesellschaften. Doch ist hier abweichend vom allgemeinen 
Aktienrecht (§ 278 Abs. 1 HGB.) eine Erhöhung des Grundkapitals vor der Vollzahlung zulässig; 
das Grundkapital dient hier weniger dem Geschäftsbetriebe als der Zahlung solcher Schäden, 
die sich etwa aus den Prämien nicht decken lassen (es ist üblich, daß die Aktionäre außer 
den Einzahlungen auf die Aktien einen durch freiwillige weitere Leistungen aufgebrachten 
1 Eine mit solchen Handlungsgehilfen besetzte Generalagentur ist keine Zweigniederlassung 
des Versicherers; Judikatur Z. f. HR. 56, 569. Dazu aber Kohler 393.
	        
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