Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

424 Martin Wolff. 
mitgliedern) beschafft. Den Darlehensgebern darf ein Kündigungsrecht nicht eingeräumt, es 
kann ihnen eine Verzinsung bis zu 4% und ein Anteil am Jahresüberschuß (zusammen bis 
zu 6%0) zugesichert werden; wird der Gründungsfonds in Anteile zerlegt, so können Anteil- 
scheine ausgestellt werden, die auf Namen oder auf Inhaber gestellt sein, Wertpapiernatur 
haben oder entbehren können; die Rückzahlung der Darlehen geschieht nur aus den Jahres- 
einnahmen. Gerät der Verein in Konkurs, so stehen die Gründungsfondsgläubiger hinter allen 
übrigen Konkursgläubigern zurück, sogar hinter den Versicherungsansprüchen der Mitglieder. 
III. Die notwendigen Organe des VVa. sind der Vorstand, der Aufsichts- 
rat und das „oberste Organ“. Für die beiden ersten gelten im allgemeinen die Grundsätze 
des Aktienrechts. Das oberste Organ ist entweder eine Mitgliederversammlung (die 
alsdann fast ganz wie die Generalversammlung der Aktiengesellschaft behandelt wird) oder 
— bei den größten VVaG.v'en üblich — nur ein Mitgliederausschuß, dessen Glieder entweder 
gewählt oder durch die Satzung von Anfang an bestimmt und später durch Kooptation ergänzt 
werden. In beiden Fällen gelten für das oberste Organ die meisten Sätze, die für die General- 
versammlung der Aktiengesellschaft gelten; abweichend vom Aktienrecht ist das Stimmrecht 
der Vereinsmitglieder nicht unentziehbar. Bedingungen und Form der Ausübung des Stimm- 
rechts können durch die Satzung beliebig geregelt werden. Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft 
sind alle Organe durch die überwachende Tätigkeit der Aufsichtsbehörde eingeengt. 
IV. Die Vereinsmitglieder sind als solche Versicherungsnehmer (über die Be- 
gründung der Mitgliedschaft und des Versicherungsverhältnisses vgl. oben § 4 1). Der VVa. 
kann aber, wenn die Satzung dies gestattet, auch Prämienversicherungsverträge (mit Nicht- 
mitgliedern) schließen (insbesondere für Rückversicherungen und Schlachtviehversicherungen 
häufig). Die Mitglieder sind dem Verein gegenüber beitragspflichtig, während sie 
den Vereinsgläubigern nicht unmittelbar haften (auch nicht im Konkursfall; anders als bei der 
Genossenschaft mit unbeschränkter oder beschränkter Haftpflicht). Den Inhalt der Beitrags- 
pflicht im einzelnen bestimmt die Satzung; sie kann Vorausleistungen (sog. Vorprämien) oder 
Leistungen nach eingetretenem Bedarf (Umlageverfahren) festsetzen; sie kann bestimmen, ob 
die Beiträge einmalige oder wiederkehrende sein sollen, ob eine unbeschränkte oder eine be- 
schränkte Nachschußpflicht (loder Umlagepflicht) oder, was kaum vorkommt, keinerlei Nachschuß- 
pflicht besteht, ob eine Kürzung der Versicherungsansprüche vorbehalten sein soll oder nicht; 
sie setzt fest, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise Nachschüsse oder Umlagen 
ausgeschrieben und eingezogen werden. Gegen seine Beitragsschuld kann das Mitglied (ähnlich 
wie ein Aktionär oder Genosse) nicht mit einer Forderung an den Verein aufrechnen; dagegen 
ist ein Erlaß oder eine Stundung der Beitragsschuld oder ein Aufrechnungsvertrag zugelassen. 
Das VVG. (§5 1 Abs. 2 Satz 2) behandelt die Beiträge den Prämien völlig gleich. Die 
Rechte der Mitglieder sind das (freilich statutarisch entziehbare, vgl. oben III) Stimmrecht 
im obersten Organ, das Recht auf Verteilung der jährlichen Bilanzüberschüsse und der Ver- 
sicherungsanspruch; daß dieser Anspruch als mitgliedschaftsrechtlicher individualrechtlichen An- 
sprüchen nicht gleichsteht, zeigt sich im Konkurse: hier gehen die Versicherungsansprüche der 
gegenwärtigen oder im letzten Jahre ausgeschiedenen Mitglieder den echten Konkursforde- 
rungen nach, außer den Forderungen der Gründungsfondsgläubiger, die allen übrigen An- 
sprüchen nachstehen. Versicherungsansprüche solcher Mitglieder, die seit mehr als einem Jahre 
ausgeschieden sind, sind dagegen echte Konkursforderungen. 
V. Bei jedem VVa. ist, wenn nicht die Aufsichtsbehörde davon befreit, ein Reserve- 
fonds zu bilden wie bei der Aktiengesellschaft (daher besser: Reserwekonto, im Gegensatz zu 
dem Prämienreserwefonds der Lebensversicherungsgesellschaften, wovon unten § 21 III). 
Welche Beträge in ihn einzustellen sind, bestimmt die Satzung. Der Resewefonds dient nur der 
Ausgleichung einer Unterbilanz. Doch sind daneben, wie im Aktienrecht, Reservefonds, die 
anderen Zwecken, z. B. der Deckung von Kursdifferenzen, dienen, kraft Satzung möglich. 
VI. Die Satzung kann durch Beschluß des obersten Organs (mit qualifizierter Mehr- 
heit) unter Genehmigung der Aufsichtsbehörde geändert werden; rein redaktionelle Ande- 
rungen können durch Beschluß des obersten Organs dem Aufsichtsrat übertragen werden. Die 
Satzungsänderung wird in das Handelsregister eingetragen, und diese Eintragung hat, im 
Gegensatz zur erstmaligen Eintragung der Satzung, konstitutive Kraft. Die Satzungsänderung
	        
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