Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

Das Privatversicherungsrecht. 431 
des Vertragsschlusses ist (wie bei jenen Schuldverhältnissen) mit dem Beginn der Versich erung 
selbst nicht identisch. 
II. Wann die Versicherung beginnt, entscheidet der Vertrag. Ist ihre Dauer nach 
Tagen, Wochen, Monaten, Jahren bemessen, so beginnt sie im Zweifel am Tage des Vertrags- 
schlusses; aber nicht im Augenblick des Vertragsschlusses, sondern am Mittage des Abschluß- 
tages (früher im Seerecht zu Mitternacht), demnach möglicherweise nach oder vor dem Ab- 
schluß (§7 Satz 1 VVG.; § 830 HG.). 
III. Auch sonst kann verabredet werden, daß die Versicherung 
1. erst später beginnen solle, als der Vertrag geschlossen ist (z. B. erst mit Antritt der 
Reise; Seeversicherungsrecht vgl. §§ 823 ff. HGB.). Dann sind Ereignisse, die zwischen Ver- 
tragsschluß und Versicherungsbeginn fallen, noch kein „Versicherungsfall“; aber sie können 
das Entstehen des „Interesses“ und damit (§68 VVG.) des (vollen) Versicherungsverhältnisses 
hindern; vgl. unten § 12 V. 
2. in einem schon vor dem Vertragsschluß liegenden Zeitpunkt beginnen solle (häufig 
bei der Transportversicherung, wenn sie den ganzen Transport decken soll, aber erst nach Beginn 
des Transports abgeschlossen wird, und bei der Haftpflichtversicherung). Dann wird, wie schon 
im A"DHG#., die Versicherung auf die vergangene Zeit zurückbezogen, so daß auch für die 
Vergangenheit Prämien geschuldet werden und der Versicherer für Ereignisse der Zwischen- 
zeit (die durch den Vertragsschluß zum „Versicherungsfall“ werden) einsteht. Voraussetzung 
für die volle Wirksamkeit einer solchen Rückwärtsversicherung ist aber die subjektive Ungewiß- 
heit der Parteien. Wissen beide Parteien, daß der Versicherungsfall schon eingetreten (das 
Schiff untergegangen) ist oder nicht mehr eintreten kann (das Schiff schon im Bestimmungs- 
hafen angekommen), so liegt kein Versicherungsvertrag vor (möglicherweise Schenkung). 
Weder Versicherungsvertrag noch Schenkung (noch Schenkungsangebot) besteht, wenn bei 
subjektiver Ungewißheit eines Teiles der andere Teil weiß, doß die für ihn ungünstige Möglich- 
keit bereits eingetreten ist (der Versicherer weiß z. B., daß das Schiff schon gesunken ist). 
Wenn dagegen bei Ungewißheit eines Teiles der andere weiß, daß der für ihn günstige Fall 
bereits eingetreten ist, so ist zwar der Versicherungsvertrag gültig, aber der wissende Teil er- 
wirbt gegen den unwissenden keine Ansprüche aus dem Vertrage. Wußte z. B. der Ver- 
sicherer bei Vertragsschluß, daß das Schiff schon wohlbehalten angekommen war, so hat er 
keinen Prämienanspruch; wußte der Versicherungsnehmer, daß das Schiff schon gesunken war, 
so hat er keinen Versicherungsanspruch, schuldet aber die Prämie bis zum Schlusse der Ver- 
sicherungsperiode, in der der Versicherer den Versicherungsfall erfährt (§ 2 VVG.; vgl. § 785 
HG#.). 
IV. Die Dauer der Versicherung (Versicherungszeit) bestimmt sich nach den 
Vereinbarungen der Parteien. In der Feuer--, Vieh-, Hagel-, Haftpflichtversicherung wird sie 
in der Regel kalendermäßig bestimmt (auf 5—12 Jahre). Dann endet sie im Zweifel am 
Mittage des letzten Tages der Frist (§7 VVG.). Oft wird für den Fall der Nichtkündigung 
eine stillschweigende Verlängerung der Versicherung vereinbart; solche Abrede ist aber 
nie auf mehr als ein Jahr gültig (§ 8 VVG.). 
V. Die Versicherungszeit zerfällt oft in mehrere Versicherungsperioden 
(bedeutungsvoll für den Kündigungstermin, §§ 96, 113, 114 u. a., sowie dafür, daß oft die 
Prämie nur für die laufende Versicherungsperiode geschuldet wird, §§ 40, 51, 68 Abs. 2, 69 
Abs. 2 u. a.). Versicherungsperiode ist der Zeitabschnitt, nach dem die Prämie berechnet wird 
(vgl. Schweiz. VVG. 19 125), längstens und im Zweifel ein Jahr (7 9). 
Cosack 573 ff.; Ehrenberg, V#. 352 ff., 324 ff.; Josef, Iherings J. 57, 211 ff., 
Leipz. Z. 1910, 285 ff.; Weil, LeipzZ. 1909, 845 ff., Z. f. VersWiss. 10, 62 ff.; Georgii, 
Leipz 3. 1909, 825 ff. 
§*# 12. Das gefährdete Objekt (Versicherungsinteresse, Versicherungswert). Die Ge- 
fahr, gegen die man Versicherung nimmt, droht entweder einer Person (Personenversicherung) 
oder einem Vermögen (Sach= oder Güterversicherung); vgl. oben 4 II. 
I. Das gefährdete Vermögen kann in dreifach verschiedener Weise bedroht sein:
	        
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