Das Privatversicherungsrecht. 441
ansprüche auf den Versicherer übergehen. Es wäre unverständlich, wollte man nur den auf
Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 463 BGB.) gerichteten Gewährleistungsanspruch über-
gehen lassen, nicht auch den Wandlungsanspruch (mitsamt dem Gestaltungsrecht zur Wandelung).
Dagegen gehen die Eigentumsansprüche und das Eigentum des Versicherungs-
nehmers nicht kraft Gesetzes auf den Versicherer über (außer im Falle des Totalverlustes bei
der Seeversicherung, § 859 Abs. 2 HGB.), insbesondere nicht bei der Binnentransportver-
sicherung und der Einbruchsdiebstahlsversicherung. Zwar erwirbt der Diebstahlsversicherer den
Anspruch gegen den Dieb aus Is 823, 249 BEG. darauf, daß er ihm den Besitz übertrage;
aber der Anspruch aus § 985 bleibt dem Versicherungsnehmer: dieser ist (bei richtiger, wenn
auch bestrittener Auslegung des § 255 BGB.) verpflichtet, dem Versicherer den Eigentums-
anspruch abzutreten und damit das Eigentum zu übertragen (vgl. Kipp bei Windscheid,
Pand. 7 II S. 72), auch wohl, wenn der Dieb die Sache dem Versicherer schon ausgehändigt
hat, ihm das Eigentum durch Ubergabe kurzerhand zu übertragen. Die zurzeit geltenden
Bedingungen der Einbruchsversicherer lassen meist dem Versicherungsnehmer zweckmäßig die
Wahl zwischen dieser Übereignung und der Rückzahlung der Entschädigungssumme (Samml.
v. Vers Beding. V 2, S. 124, 131).
Ist der übergegangene Anspruch durch Bürgen, Pfänder, Hypotheken gesichert, so gehen
auch diese Nebenrechte auf den Versicherer über. Wenn der Versicherungsnehmer seinen
Anspruch gegen den Dritten oder ein zur Sicherung dienendes Recht aufgibt, so wird der
Versicherer, wie ein Bürge (§ 776 BG.), von seiner Ersatzpflicht soweit frei, als er sich aus
dem aufgegebenen Recht hätte Ersatz schaffen können. Wenn sich der Ersatzanspruch gegen einen
familienangehörigen Hausgenossen des Versicherungsnehmers richtet (weitergehend Schweiz.
VVG. 72 III), so geht er auf den Versicherer nicht über, außer wenn der Angehörige den
Schaden vorsätzlich verursacht hat, § 67 Abs. 2. (In diesem Fall kann er auch nicht Abtretung
nach § 255 BGB. fordern.) Wäre es anders, ginge z. B. der Anspruch des versicherten Ehe-
manns gegen seine Frau, die fahrlässig das Feuer verursacht hat, auf den Versicherer über,
so würde ihm die Feuerversicherung wegen der Wirtschaftsgemeinschaft der Familie wenig
nützen. — Auf die Personenversicherung ist weder § 67 VVG. noch § 255 BGB. anwendbar:
wird der auf den Todesfall Versicherte von X. getötet, so behalten seine Erben neben dem
Versicherungsanspruch den Deliktsanspruch gegen X.; ebenso bei der Unfallversicherung: doch
lassen sich viele Versicherer die Abtretung der Deliktsansprüche aus dem Unfall versprechen;
vgl. § 18 Abs. 2 d. VersBedingungen des Tarifverbandes d. in Deutschl. arbeitenden Unfall-
VersJGesellschaften (Samml. v. Vers Bed. V 1 (1912] S. 77, vgl. S. 88, anders S. 97 (Germaniaj,
110, 121, 124).
VIII. Nach Eintritt des Versicherungsfalls haftet der Versicherer für einen zweiten
Versicherungsfall nur bis zur Höhe des Restbetrages der Versicherungssumme; so aus-
drücklich für Feuer- und Viehversicherung (§§ 95, 119); es gilt aber auch bei anderen Ver-
sicherungszweigen. (Anders bei Transportversicherung § 144 Abs. 2.) Bei der Hagelversiche-
rung gilt es nur, wenn der zweite Versicherungsfall in derselben Versicherungsperiode wie der
erste eintritt (IS 112). Für die künftigen Versicherungsperioden mindem sich bei der Feuer-
und der Viehversicherung die Prämien entsprechend. Bei Feuer-, Hagel- und Haftpflicht-
versicherung haben beide Parteien, wenn der Versicherungsfall eingetreten ist, ein Kündigungs-
recht (§& 96, 113, 158).
Cosack 578 f., 584 ff., 632. Ehrenberg, V. 358 ff., 420 ff., 515 ff. Kohler
369, 397 ff., 414 ff. 2 ehmann 1037 ff., 1053 ff. — Georgii, LeipzZ. 1907, 538 ff., 777 ff.,
883 ff. Bauchwitz, Z. f. Vers Wiss. 12, 661 ff. Josef, ebenda 13, 233 ff. Ritter,
Bürg A. 35, 211 ff.; Leipz. Z. 1914, 354 ff. Kisch, Recht 1913, 792. Josef, Recht 1914, 65;
und die am Schluß des vorigen Paragraphen zitierten Arbeiten von Josef, Schneider, J. Gierle,
Brodmann. — Hellwig, System d. gPR. II (1812) 105. Wedemeyer, Mitt. öff.
Feuervers A. 1913 Beiheft 100. — Ritter, LeipzB. 1907, 250 ff. Hallbauer, ebenda 1910,
367 ff., 647 ff. Baer, ebenda 1910, 922 . Josef,., Hirenzweige Ass J. 35, 3 ff. Sä.
Anspruchskonkurrenz (Leonhards Studien 26) S. 31 ff. Klingmüller, Iherings J. 64
107 ff. Elperting, Z. f. Vers Wiss. 13, 342 ff.
§ 16. Übergang der Rechte und Pflichten aus der Versicherung. I. Wie die Rechte
und Pflichten des Versicherers auf einen anderen übergehen, bestimmt sih nach BGB.
Enzoklopädle der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band II.