Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

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(Abtretung der Rechte, Schuldübernahme). Über die Veräußerung des sog. Versicherungs- 
bestandes (5 14 VUG.) vgl. oben § 8 III 2. 
II. Beim Versicherungsnehmer ist der Übergang einzelner Rechte (oder 
Pflichten) und der Eintritt eines anderen in das Versicherungsverhältnis zu scheiden. 
1. Der Versicherungsnehmer kann seine Ansprüche gegen den Versicherer einem 
Dritten nach allgemeinen Vorschriften abtreten, und zwar sowohl vor Eintritt des Ver- 
sicherungsfalls (als künftige Rechte) wie nachher (vgl. HG. 7 891). Der Erwerber wird da- 
durch weder Versicherungsnehmer noch Versicherter; er wird nicht Prämienschuldner, ihn 
treffen nicht die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers, nicht sein Interesse ist das Ver- 
sicherungsinteresse, gegen ihn gelten alle Einwendungen aus der Person des Abtretenden. 
Die Abtretbarkeit kann vertraglich ausgeschlossen oder beschränkt sein. Kraft Gesetzes ist sie 
beschränkt bei der Versicherung eines Interesses an unpfändbaren Sachen: hier ist 
die Abtretung (damit auch die Belastung, Pfändung) nur statthaft an solche Gläubiger des 
Versicherungsnehmers, die diesem zum Ersatze der zerstörten oder beschädigten Sachen andere 
Sachen geliefert haben (§ 15). Sie ist auch nur in der Höhe wirksam, in der der Lieferant 
eine Forderung gegen den Versicherungsnehmer hat. Geschieht die Abtretung vor der 
Lieferung, so wird sie durch Lieferung wirksam (ebenso, wenn sie vor dem Versicherungsfall 
geschieht und der Zessionar oder sein Rechtsnachfolger nach dem Versicherungsfall die Ersatz- 
stücke auf Bestellung liefert). Der Abtretung an den Lieferanten steht die Abtretung an 
jemand gleich, der dem Versicherungsnehmer das Geld zur Anschaffung der Ersatzstücke dar- 
gelichen hat, wenn das Geld dazu verwendet worden ist (a. M. Hallbauer). Eine ver- 
wandte Vorschrift gilt bei der Gebäudefeuerversicherung (§ 98): oft verpflichtet sich der Feuer- 
versicherer, die Entschädigungssumme nur zur Wiederherstellung des Gebäudes zu zahlen; 
dann kann die Forderung auf jene Summe nur an solche Gläubiger des Versicherungsnehmers 
abgetreten werden, die Wiederherstellungsarbeiten oder cliefenungen übernommen oder Gelder 
dazu dargeliehen haben. 
2. Ein Eintritt in das Versicherungsverhältnis findet statt durch Gesamtnach- 
folge (Erbgang, Gütergemeinschaft, Verstaatlichung einer versicherten Aktiengesellschaft usw.) 
und durch Veräußerung der Sache, auf die sich die Versicherung bezieht. Im 
bisherigen Recht war der Einfluß der Sachveräußerung auf das Versicherungsverhältnis 
zweifelhaft; das VVG. §§ 69—72 hat ihn zum Teil nach dem Vorbilde der Sätze über die 
Veräußerung einer vermieteten Sache geordnet. Ist das Eigentümerinteresse versichert, so 
ist zwar nicht das Interesse des jeweiligen Eigentümers, sondern das des Versicherungsnehmers 
versichert (vgl. oben § 12 1); aber wenn die Sache veräußert wird, so tritt (nach manchen: vom 
Gefahrübergang an I7) der Erwerber an Stelle des Veräußerers in die während der Zeit seines 
Eigentums aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Ver- 
sicherungsnehmers ein; der Veräußerer scheidet damit aus der Versicherung aus; nicht sein 
Interesse, sondern das des Erwerbers ist fortab Versicherungsinteresse; nur für die Prämie 
der laufenden Versicherungsperiode (bei periodenloser Versicherung also für die ganze Prämie) 
haften Veräußerer und Erwerber als Gesamtschuldner. Der Ubergang des Versicherungs- 
verhältnisses tritt unabhängig davon ein, ob die Parteien ihn gewollt haben oder nicht, ja 
sogar wenn sic von der Versicherung keine Kenntnis hatten. Gleichgültig ist, ob die Veräußerung 
(bei Mobilien) durch ÜUbergabe oder einen Ubergabeersatz, z. B. Besitzkonstitut, geschehen ist 
(bestr.); auch eine Sicherungsübereignung genügt (bestr.; vgl. RG. 73, 141). War der Ver- 
äußerer selbst nicht Eigentümer und hat der Erwerber das Eigentum auf Grund guten Glaubens 
(§§ 892, 932 BöB.) erworben, so ist, was zweifelhaft sein kann, aus der beim Veräußerer 
wegen § 68 VVG. unwirksamen Versicherung (vgl. oben § 12 V) durch den gutgläubigen Sach- 
erwerb eine vollwirksame Versicherung geworden; doch haftet hier der Veräußerer neben dem 
Erwerber gesamtschuldnerisch für die laufende Prämic nur bis zur Höhe der etwa noch ge- 
schuldeten angemessenen Geschäftsgebühr des § 68 Abs. 1. Sind Veräußerer und Erwerber 
Gesamtschuldner der laufenden Prämie, so richtet sich der Ausgleichsanspruch, der unter ihnen 
besteht, nach dem analog anzuwendenden § 103 BGB. Der Ubergang der Versicherung kann 
sowohl dem Versicherer (aus Gründen in der Person des Erwerbers) als dem Erwerber selbst 
unwillkommen sein. Deshalb haben beide ein Kün digungsrecht; der Versicherer mit
	        
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