Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

444 Martin Wolff. 
8 17. Die Bersicherung für fremde Rechnung. I. Versicherung für fremde Rechnung ist 
Versicherung fremder Interessen; das gefährdete Gut gehört nicht dem Versicherungs- 
nehmer, sondern einem anderen (dem Versicherten). Sie kommt insbesondere bei der Güter- 
versicherung vor (Lagerhalter, Spediteure, Frachtführer, Kommissionäre, Garagenbesitzer 
nehmen oft Versicherung auf die ihnen anvertrauten Güter für Rechnung der Eigentümer; 
ebenso Nießbraucher nach § 1045 BGB.; Anwälte lassen sich und ihre Angestellten gegen Haft- 
pflicht versichern u. a.); aber sie findet sich auch in der Personenversicherung, namentlich der 
Unfall-, auch Krankenversicherung (z. B. der Unternehmer läßt seine Arbeiter gegen Betriebs- 
unfälle versichern). Bei der Lebensversicherung kommt sie nicht in Frage; vgl. oben 95, 1. 
II. Die Versicherung für fremde Rechnung ist nicht Versicherungin fremdem 
Namens; der Versicherungsnehmer handelt nicht als Stellvertreter des Versicherten. Ist 
es zweifelhaft, ob die Versicherung im fremden Namen oder im eigenen Namen für fremde 
Rechnung genommen ist, so ist sie im eigenen Namen genommen (§ 74 Abs. 2; §+ 781 HGB., 
entsprechend der Regel des § 164 Abs. 2 BGB). Ist es zweifelhaft, ob eine im eigenen Namen 
genommene Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung gehe, so geht sie für eigene 
Rechnung: so wenn ein Miteigentümer Versicherung nimmt, wobei im Zweifel nur seine 
Eigentumsquote versichert ist. Soll sie für fremde Rechnung gehen, so muß das (anders 
als im Kommissionsgeschäft) beim Vertragsschluß hervortreten, sei es, daß der Versicherte 
benannt oder die Versicherung für Rechnung des jeweilig Interessierten genommen wird 
(„Versicherung für Rechnung, wen es angeht“, „Versicherung für eigene oder (undl fremde 
Rechnung"), § 80. Tritt die Versicherung des Interesses als eines fremden nicht hervor und 
hat der Versicherungsnehmer kein eigenes Interesse, so ist mangels eines versicherten Interesses 
(5 68) die Versicherung hinfällig; vgl. oben § 12 V. Ausnahmen gelten für die Unfall- 
versicherung (ist diese gegen Unfälle anderer genommen, so ist im Zweifel das fremde Interesse 
versichert, § 179 Abs. 2) sowie für die Feuer= und Haftpflichtversicherung (die Feuewersicherung 
eines Sachinbegriffs erstreckt sich ohne weiteres auf die Habe der in Hausgemeinschaft mit dem 
Versicherungsnehmer stehenden Familienangehörigen und Dienstpersonen; die Haftpflicht- 
versicherung eines Betriebsunternehmers erstreckt sich ohne weiteres auf die Haftpflicht seiner 
Vertreter, Betriebsleiter und Aufsichtspersonen, §38 85, 151 Abs. 1; beide Male geht die Ver- 
sicherung für fremde Rechnung; entsprechende Sätze sind auch bei anderen Versicherungszweigen, 
z. B. der Einbruchsversicherung eines Haushaltsvorstandes anzuwenden 7). 
III. Der Versicherungsvertrag wird nur zwischen dem Versicherer und dem Ver- 
sicherungsnehmer geschlossen; eine vorherige Kenntnis oder gar Zustimmung des 
Versicherten ist nicht nötig. Die Zustimmung ist aber (nach dem Gedanken des § 76 
Abs. 3) nötig, um den Entschädigungsanspruch ins Leben zu rufen; bevor sie vorliegt, kann 
der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme nicht verlangen 2. Doch kann die Zu- 
stimmung auedrücklich oder stillschweigend, vorher oder nachher, auch nach Eintritt des Ver- 
sicherungsfalls erteilt werden: sie liegt insbesondere darin, daß der Versicherte selbst Zahlung 
verlangt, die Einziehung gestattet oder den Anspruch abtritt. 
Für die Wirksamkeit des Vertrags kommt es nach mehreren Richtungen auf Kenntnis 
oder Unkenntnis, Arglist oder Redlichkeit des Versicherungsnehmers an; so für die Anzeige 
von Gefahrumständen (§§ 16 ff.) oder den Eintritt des Versicherungsfalls vor Vertragsschluß 
(§ 2). In solchen Fällen schaden dem Vertragsbestande nicht nur die Kenntnis und Arglist 
des Versicherungsnehmers, sondern auch die des Versicherten, wofern der Vertrag mit seinem 
Wissen geschlossen war (oder doch der Versicherer dieses Wissen annehmen durfte; zu eng wohl 
§ 79 Abs. 4) und er, der Versicherte, es versäumt hatte, den Versicherungsnehmer (oder Ver- 
sicherer; zu eng § 79 Abs. 3) rechtzeitig von den Gefahrumständen oder dem Eintritt des Ver- 
sicherungsfalls zu benachrichtigen. Der Versicherte steht insofern ähnlich wie ein Versicherungs- 
1 Vgl. § 1 VI der Beding. d. Stuttgarter Mit- u. Rückvers Ges., Samml. v. Bedingungen 
deutsch. Vers Anst. V 2 S. 126. 
1 Freilich ist nicht ganz klar, ob nach § 76 Abs. 3 das Fehlen dieser Zustimmung den Anspruch 
des Versicherungsnehmers ausschließt oder dem Versicherer nur eine Einrede verschafft. Der 
Text spricht für jenes; die Versicherungsbedingungen geben oft nur die Einrede (vgl. z. B. Samml. 
v. Vers Bed. V.2 S. 13, 127 u. ö.). Klarer als das deutsche V V G. ist das schweizerische, Art. 17 I.
	        
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