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8 17. Die Bersicherung für fremde Rechnung. I. Versicherung für fremde Rechnung ist
Versicherung fremder Interessen; das gefährdete Gut gehört nicht dem Versicherungs-
nehmer, sondern einem anderen (dem Versicherten). Sie kommt insbesondere bei der Güter-
versicherung vor (Lagerhalter, Spediteure, Frachtführer, Kommissionäre, Garagenbesitzer
nehmen oft Versicherung auf die ihnen anvertrauten Güter für Rechnung der Eigentümer;
ebenso Nießbraucher nach § 1045 BGB.; Anwälte lassen sich und ihre Angestellten gegen Haft-
pflicht versichern u. a.); aber sie findet sich auch in der Personenversicherung, namentlich der
Unfall-, auch Krankenversicherung (z. B. der Unternehmer läßt seine Arbeiter gegen Betriebs-
unfälle versichern). Bei der Lebensversicherung kommt sie nicht in Frage; vgl. oben 95, 1.
II. Die Versicherung für fremde Rechnung ist nicht Versicherungin fremdem
Namens; der Versicherungsnehmer handelt nicht als Stellvertreter des Versicherten. Ist
es zweifelhaft, ob die Versicherung im fremden Namen oder im eigenen Namen für fremde
Rechnung genommen ist, so ist sie im eigenen Namen genommen (§ 74 Abs. 2; §+ 781 HGB.,
entsprechend der Regel des § 164 Abs. 2 BGB). Ist es zweifelhaft, ob eine im eigenen Namen
genommene Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung gehe, so geht sie für eigene
Rechnung: so wenn ein Miteigentümer Versicherung nimmt, wobei im Zweifel nur seine
Eigentumsquote versichert ist. Soll sie für fremde Rechnung gehen, so muß das (anders
als im Kommissionsgeschäft) beim Vertragsschluß hervortreten, sei es, daß der Versicherte
benannt oder die Versicherung für Rechnung des jeweilig Interessierten genommen wird
(„Versicherung für Rechnung, wen es angeht“, „Versicherung für eigene oder (undl fremde
Rechnung"), § 80. Tritt die Versicherung des Interesses als eines fremden nicht hervor und
hat der Versicherungsnehmer kein eigenes Interesse, so ist mangels eines versicherten Interesses
(5 68) die Versicherung hinfällig; vgl. oben § 12 V. Ausnahmen gelten für die Unfall-
versicherung (ist diese gegen Unfälle anderer genommen, so ist im Zweifel das fremde Interesse
versichert, § 179 Abs. 2) sowie für die Feuer= und Haftpflichtversicherung (die Feuewersicherung
eines Sachinbegriffs erstreckt sich ohne weiteres auf die Habe der in Hausgemeinschaft mit dem
Versicherungsnehmer stehenden Familienangehörigen und Dienstpersonen; die Haftpflicht-
versicherung eines Betriebsunternehmers erstreckt sich ohne weiteres auf die Haftpflicht seiner
Vertreter, Betriebsleiter und Aufsichtspersonen, §38 85, 151 Abs. 1; beide Male geht die Ver-
sicherung für fremde Rechnung; entsprechende Sätze sind auch bei anderen Versicherungszweigen,
z. B. der Einbruchsversicherung eines Haushaltsvorstandes anzuwenden 7).
III. Der Versicherungsvertrag wird nur zwischen dem Versicherer und dem Ver-
sicherungsnehmer geschlossen; eine vorherige Kenntnis oder gar Zustimmung des
Versicherten ist nicht nötig. Die Zustimmung ist aber (nach dem Gedanken des § 76
Abs. 3) nötig, um den Entschädigungsanspruch ins Leben zu rufen; bevor sie vorliegt, kann
der Versicherungsnehmer die Entschädigungssumme nicht verlangen 2. Doch kann die Zu-
stimmung auedrücklich oder stillschweigend, vorher oder nachher, auch nach Eintritt des Ver-
sicherungsfalls erteilt werden: sie liegt insbesondere darin, daß der Versicherte selbst Zahlung
verlangt, die Einziehung gestattet oder den Anspruch abtritt.
Für die Wirksamkeit des Vertrags kommt es nach mehreren Richtungen auf Kenntnis
oder Unkenntnis, Arglist oder Redlichkeit des Versicherungsnehmers an; so für die Anzeige
von Gefahrumständen (§§ 16 ff.) oder den Eintritt des Versicherungsfalls vor Vertragsschluß
(§ 2). In solchen Fällen schaden dem Vertragsbestande nicht nur die Kenntnis und Arglist
des Versicherungsnehmers, sondern auch die des Versicherten, wofern der Vertrag mit seinem
Wissen geschlossen war (oder doch der Versicherer dieses Wissen annehmen durfte; zu eng wohl
§ 79 Abs. 4) und er, der Versicherte, es versäumt hatte, den Versicherungsnehmer (oder Ver-
sicherer; zu eng § 79 Abs. 3) rechtzeitig von den Gefahrumständen oder dem Eintritt des Ver-
sicherungsfalls zu benachrichtigen. Der Versicherte steht insofern ähnlich wie ein Versicherungs-
1 Vgl. § 1 VI der Beding. d. Stuttgarter Mit- u. Rückvers Ges., Samml. v. Bedingungen
deutsch. Vers Anst. V 2 S. 126.
1 Freilich ist nicht ganz klar, ob nach § 76 Abs. 3 das Fehlen dieser Zustimmung den Anspruch
des Versicherungsnehmers ausschließt oder dem Versicherer nur eine Einrede verschafft. Der
Text spricht für jenes; die Versicherungsbedingungen geben oft nur die Einrede (vgl. z. B. Samml.
v. Vers Bed. V.2 S. 13, 127 u. ö.). Klarer als das deutsche V V G. ist das schweizerische, Art. 17 I.