Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Zweiter Band. (2)

Bürgerliches Recht. 57 
wo das Miteigentum mit den Gesellschaftszwecken und mit der persönlichen Tätigkeit der Gesell- 
schafter verkoppelt isti gefesseltes Vermögensmiteigentum. 
Im BG#. ist namentlich die Rede vom Miterbeneigentum, in § 2033, vom Gesellschafts- 
vermögen in § 718 und von dem gewöhnlichen Sachmiteigentum in § 741 f. Die ersten zwei ent- 
halten Vermögensmiteigentum, das erstere an einem festen veräußerlichen, das letztere an einem 
variablen gefesselten Teil des Gesamtvermögens. Das Sachmiteigentum entspricht dem römischen 
Miteigentum. Doch hat sich auch hier ein genossenschaftliches Element eingeschlichen. Nach 
römischem Rechte steht jedem ein Quotenteil des Sacherträgnisses zu, über die Art der Be- 
nutzung und Fruktifikation aber müssen sie sich verständigen; verständigen sie sich nicht, dann 
blieb zur Zeit den römischen Juristen nichts anderes übrig als Teilung und Auseinandersetzung; 
nach byzantinischem Rechte konnte auch während bestehenden Miteigentums der Richter an- 
gegangen werden, damit er nach Billigkeit die Bestimmung treffe (actio communi dividundo 
utilis) 1. Bei uns gilt der Beschluß der Majorität der Bruchteile; nur kann die Majorität keine 
grundsätzlichen Anderungen in der Sache einführen: diese können nur erfolgen durch die Ein- 
stimmungen oder eventuell durch richterlichen Entscheid, § 7442. 
Die Nachbarschaft zeitigt auch eine Reihe von eigenartigen Gemeinschaftsrechten. Zwar 
bei gemeinschaftlichen Mauern, Gräben usw. kann das Verhälktnis so gestaltet sein, daß kein 
Miteigentum eintritt, sondern daß das Eigentum eines jeden lokal begrenzt ist, so daß eine ge- 
dachte Zwischenlinie den einen vom anderen trennt, vgl. & 921f. BGB. Doch können auch 
hier gewisse Gemeinschaftsverhältnisse eintreten, indem jeder in die Sphäre des anderen ein- 
dringen darf. Andere Gemeinschaftsverhältnisse können bestehen an gemeinsamen Eingängen, 
gemeinsamen Treppen, gemeinsamen Brunnen usw., deren Gemeinsamkeit durch den Zweck 
charakterisiert ist, mehreren Grundstücken zu dienen 3: daher können diese Gemeinschaftssachen 
dem Dienste der Grundstücke nicht entzogen und auch nicht durch eine Teilung zergliedert werdent. 
Vielfach besteht auch die Pflicht dessen, dem eine Grenzmauer gehört, den Nachbarn gegen Er- 
stattung der Hälfte zur Gemeinschaft an der Mauer zuzulassen 5. 
c) Erbbaurecht und Vorkaufsrecht. 
§ 42. Ein vom Eigentum abgetrenntes dingliches Recht ist das Erbbaurecht, das 
sich bei den verschiedensten Völkerm entwickelt hat; denn verschiedenenorts ist das Bedürfnis hervor- 
getreten, Rechte zu gestatten, welche auf fremdem Grund und Boden sitzen und auf die Dauer 
in eigentumsähnlicher Weise wirken sollen, so z. B., wenn auf dem Grund und Boden einer 
Gemeinde gebaut werden darf, damit hier billige und gesunde Wohnungen entstehen s. Ein 
1 Daß dies eine byzantinische Schöpfung und die entsprechenden Sätze der Digesten interpoliert 
sind, hat Berger, Zur Entwicklungsgeschichte der Teilungsklagen (1912), überzeugend dargetan. 
* Vgl. darüber Paul Wolf, Dass schlichte Mobiliarmiteigentum (1902) S. 42, wo auch 
weitere Literatur. « 
«Bgl.hietübermeineGefammeltenAbhandL(1883)S.167f.,Strempel,Betträge 
zur Lehre von den gemeinschaftlichen Grenzeinrichtungen, Mecklenb. Zeitschr. XX S. 131 f., Kukuk, 
Rechtsverhältnisse an gemeinschaftlichen Mauern (1909). S. 19, Pineles, Communio pro diviso, 
in Grünhut XXIX S. 1 f. Solche Zustände reichen in die Urzeiten zurück. Grenzmauern gab es 
schon in Babylon; vgl. Kohler und Ungnad, Hammurabis Gesetz III S. 29 und 235, so im 
syrischen, im hellenistischen Recht; vgl. Pineles S. 21 f. So auch in den italienischen Statute 
z. B. altes Statut von Lodi (Ed. Vignati) c. 23, Genua (1444) IV 78 de muris communibus, 
lmmissione tignorum, und meine weiteren Nachweise im Centenaire du Code civil II p. 620 f. 
Dies gilt noch mehr von einem auf die Grenze gebauten Hause, wenn hinterher die Grund- 
stücke in verschiedene Hände kommen. Es kann nicht davon die Rede sein, daß dann jeder seinen 
Teil abbrechen darf. Völlig verkehrt RG. 20. Januar 1909 Entsch. 70 S. 200. Hiergegen auch 
Höniger, Arch. f. b. R. XXXV S. 282. 
* So Code Nap. a. 661. So schon das hellenistische Recht, Hallenser Papyrus, Z. f. vgl. R. 
XXX S. 321, so die italienischen Statuten, z. B. Parma (1493) Ed. 1590 II p. 101 b, Mai- 
land 1553 a. 342. Über die neuere Jurisprudenz, besonders in Sachsen, vgl. vorzüglich Breit, 
Sächs. Arch. VI S. 385 f.; in Bayern Abele, Leipziger Z. VIII S. 831. 
Darüber gibt es eine umfangreiche Literatur. Vgl. beispielsweise Köhne, Grundsätze 
des Erbbaurechts (1908), Erman in der Zeitschr. Gartenstadt VI S. 77 f. (Gartenvorstadt Leipzig- 
Marienbrunn), Brandenburger, Baurecht (1911), Tosetti, Arch. f. b. R. XXXVII 
S. 134, Freund, Uber städtische Bodenreform, Voss. Zeitung 1913, 11. November. Vom
	        
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