68 J. Kohler.
langten Zuwachs 1. Die sonstigen Versuche der Gesetzgebung, Gesetz vom 1. Juni 1909, haben
sich als ziemlich unbrauchbar erwiesen; der 2. Abschnitt dieses Gesetzes, 8§ 9—67, ist erst nach
„landesherrlicher Verordnung“ einzuführen und wird voraussichtlich ein toter Buchstabe bleiben.
§ 48. Die Ausübung des Hypothekenrechts geschieht durch Verwertung der Sache. Diese
kann Sachverwertung und Gebrauchsverwertung sein. Erstere geschieht durch Zwangs-
versteigerung, letztere durch Zwangsverwaltung. Beides kann miteinander verbunden werden.
Die Zwangsverwaltung hat den großen Vorzug, daß die Sache als nutzbare Sache sofort dem
Schuldner entzogen wird, so daß nunmehr auch sofort eine Beschlagnahme der Früchte und der
Miet= und Pachtzinsen stattfindet (§§ 1121, 1123 f. BGB., §§ 21, 148 ZVG.). Irgendwelche
Vorausverfügung über solche Miet= und Pachtzinsen kann dem Gläubiger nicht schaden, außer
soweit sie auf das Kalendervierteljahr zur Zeit der Beschlagnahme und das nächstfolgende
Kalendervierteljahr gerichtet ist (§ 1124 BGB.): denn zwei Kalendewierteljahre müssen stets
dem gegenwärtigen Mieter oder Vermieter zur Verfügung stehen 2. DTie Zwangsverwaltung
kann als eine Art von Nutzpfand gelten; Grundstücksantichrese haben wir leider nicht 5.
b) An beweglichem Bermögen.
§ 40. Das Pfand an beweglichen Sachen ist im Gegensatz zum obigen stets akzes-
sorisches Sicherungspfand mit Vorrückungsrecht; es ist ferner nach dem bürgerlichen Recht stets
Faustpfand, d. h. es setzt stets Besitzübergabe voraus, so daß der Pfandgläubiger nicht nur
Besitzer werden, sondern auch Besitzer bleiben muß, solange er pfandberechtigt sein will; es
genügt aber, wenn sich die Sache im Verschluß beider Teile, des Pfandgläubigers und des Eigen-
tümers, befindet (§ 1206 BGB.) 4.
Der Grundsatz „Hand muß Hand wahren“ gilt wie bei dem Eigentum §& 1207
Be. Die Verwertung eines solchen Pfandrechts kann auf dem Wege der Zwangsvoll-
streckung oder durch öffentliche Versteigerung, welche der Pfandgläubiger veranlaßt (Pfand-
verkauf), geschehen 5. Offentliche Versteigerung ist eine Versteigerung, bei welcher ein
Versteigerungsbeamter die Sache dem allgemeinen Publikum zum Verkauf bietet; wer
Versteigerungsbeamter ist, besagen die Landesgesetze; der Gerichtsvollzieher ist es jedenfalls
(§ 383). In Preußen sind insbesondere auch, wo Dorfgerichte bestehen, die Dorfgerichte hierzu
befugt (mit allgemeiner amtsgerichtlicher Ermächtigung), Art. 109 Preuß. AG. zu G., fermer
Notare, Gerichtsschreiber (Art. 31, 38 ebenda).
Voraussetzung für die Gültigkeit des Pfandverkaufs ist, daß die Forderung fällig
ist, daß nur so viel Sachen versteigert werden, als zur Befriedigung nötig, und daß die Ver-
steigerung nach öffentlicher Bekanntgabe stattfindet (§ 1243 BGB.). Handelt es sich um Sachen
mit Markt= oder Börsenpreis, dann kann an Stelle der öffentlichen Versteigerung auch der Ver-
kauf unter der Hand treten, nur muß er durch einen Versteigerungsbeamten oder einen hierzu
ermächtigten Handelsmäkler vollzogen werden 5.
1 UÜber das Geschichtliche vgl. Polenske, Forschungen zur Bodenreform III S. 175 f.
Vgl. auch Schweizer GB. a. 841.
* Im Falle der Zwangsversteigerung ohne Zwangsverwaltung bleibt der Subhastat Herr
der Mietszinsen, und man nimmt an, daß er noch über das laufende und das künftige Quartal darüber
verfügen kann. Dies hat sich als schrecklicher Ubelstand erwiesen (unten S. 110); hierüber erging
auch eine Eingabe der Altesten der Kaufmannschaft zur Anderung des § 21 8VO., Z. f. Rechts-
pflege in Bayern VIII S. 279. Eine gesetzliche Anderung steht bevor.
* Trotz meines Anratens (Pfandrechtl. Forschungen S. 250, 256) hat man die Antichrese an
Grundstücken in das BGB. nicht ausgenommen. Man hilft sich jetzt durch einen fiduziarischen Nieß-
brauch; vgl. Kammergericht 28. Februar 1907 Mugdan XV. S.3370, RWG. 3.2. 1908 Entsch. 67 S.378.
* Esgenügt dagegen nicht, wenn der Pfandgläubiger oder Treuhänder den Schlüssel zum Waren-
lager hat, dieses morgens öffnet und abends schließt, RG. 24. Juni 1911 Entsch. 77 S. 202, jedoch
hat man die Verpfändung durch Übergabe an den Prokuristen des Schuldners als genügend erkannt,
sofern dieser der Treuhänder des Gläubigers sein soll, RG. 13. März 1908 Entsch. 67 S. 421.
* So auch schon die italienischen Statuten, z. B. die Kaufmannsstatuten von Bologna
15 c. 43: e se fra il termine (von 15 Tagen) di detta denonciatione ul debitore non pagarn i#
debito possa 1 creditore vendere i detti pegni; ferner Centi (1607) 1 56: liceat creditori
habenti res obligatas denuntiatione facta debitori ut debitum solvat et pignora luat.. vendere
ipsa pignora.
* Die Ermächtigung erfolgt in Preußen durch die Handelskammer bzw. den Regierungs-