Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 97 
liefernde Quantum vewielfältigen, beim „Wandelgeschäft“ verfrühte Erfüllung verlangen, beim 
„Stellgeschäft“ (Schluß auf Geben und Nehmen) zwischen Empfang als Käufer oder Lieferung 
als Verkäufer wählen. Die „Prämiengeschäfte“ empfangen ihre Besonderheit durch das dem 
einen oder anderen Teil gewährte Recht des Rücktritts gegen Zahlung eines Reugeldes, die nach 
Prozenten des Kaufpreises bemessene Prämie (Vorprämiengeschäft mit Reurecht des Käufers, 
Rückprämiengeschäft mit Reurecht des Verkäufers; Zweiprämiengeschäft eine spekulative Ver- 
bindung beider; zweischneidiges Prämiengeschäft ein Stellgeschäft mit Reurecht). Auf einer 
spekulativen Verbindung von zwei zwischen denselben Personen über dasselbe Effektenquantum 
geschlossenen Kaufgeschäften, von denen das eine Tageskauf (oder doch Kauf zum nächsten Ultimo), 
das andere Fixkauf mit späterem Termine ist, beruht das „Kostgeschäft“ (Reportgeschäft). Ein 
Hoffnungskauf ist das „Heuergeschäft“ (Promessengeschäft) über ein Lospapier. 
Börsengeschäfte können reelle Geschäfte oder Differen zgeschäfte sein. Ein 
Differenzgeschäft liegt vor, wenn die bedungene Lieferung von Waren oder Wertpapieren nicht 
einstlich gewollt, sondern nur die Ausgleichung des Unterschiedes zwischen dem Kaufpreise und 
dem Börsenpreise der Lieferungszeit durch Zahlung des verlierenden Teils an den gewinnenden 
Teil beabsichtigt ist. Das Geschäft ist reines Differenzgeschäft, wenn diese Absicht bei beiden Teilen 
besteht, gemischtes Differenzgeschäft, wenn sie zwar nur bei einem Teile besteht, der andere 
Teil aber darum weiß oder wissen muß. Das Differenzgeschäft ist seinem rechtlichen Wesen 
nach ein in die Form des Kaufes gekleideter Spielvertrag. Die deutsche Gerichtspraxis hat diese 
Auffassung, so stark sie bestritten wurde, mehr und mehr durchgeführt, das BG. F 764 ihr 
gesetzliche Geltung verschafft. Demgemäß kann aus einem Differenzgeschäft nicht auf Erfüllung 
geklagt, das zur Erfüllung Geleistete aber nicht zurückgefordert werden. Dies gilt auch für Handels- 
geschäfte mit Einschluß der Börsengeschäfte. 
Allein einem Sonderrecht sind Börsentermingeschäfte unterworfen. Nach 
der Novelle v. 8. Mai 1908, die die ursprünglichen Bestimmungen des Börsengesetzes von Grund 
aus umgestaltet hat, ist ihre Wirksamkeit mannigfach abgestuft. Zum Teil sind sie unabhängig 
davon, ob sie reelle Geschäfte oder Differenzgeschäfte sind, voll wirksam, so daß der Spiel- 
einwand ausgeschlossen ist. So verhält es sich bei nicht verbotenen Börsentermingeschäften in 
zugelassenen Waren oder Wertpapieren, wenn beide Teile börsentermingeschäftsfähig sind; 
in Wertpapieren auch dann, wenn nur ein Teil börsentermingeschäftsfähig ist, der andere Teil 
aber in gehöriger Weise Sicherheit bestellt hat, jedoch unter Beschränkung der Haftung des letztern 
auf die bestellte Sicherheit; endlich stets, wenn die vereinbarte Leistung nach Eintritt der Fällig- 
keit von dem einen Teil an den anderen Teil mit dessen Einverständnis bewirkt ist. Zum Teil 
sind umgekehrt die Börsentermingeschäfte unbedingt, auch wenn sie reell gemeint sind, dem 
Spielrecht unterstellt und somit nicht klagbar. Dies gilt für nicht verbotene Börsentermingeschäfte 
insoweit, als sie nicht privilegiert sind, jedoch mit der Abschwächung, daß nicht nur das Geleistete 
nicht zurückgefordert, sonderm auch mit dem klaglosen Anspruch gegen klagbare Forderungen 
aus anderen Börsentermingeschäften aufgerechnet werden kann; es gilt ebenso für verbotene 
Börsentermingeschäfte, für solche in Getreide oder Mühlenfabrikaten aber mit der Verschärfung, 
daß die Rückforderung zwei Jahre lang zulässig und erst nach Ablauf dieser Zeit ausgeschlossen 
ist. Endlich gibt es Börsentermingeschäfte, die zwar an sich klagbar sind, jedoch, wenn sie Differenz- 
geschäfte sind, dem Spieleinwande unterliegen. Dahin gehören die klagbaren Börsentermin- 
geschäfte über nicht zugelassene Waren und Wertpapiere, jedoch mit Vorbehalt der Haftung 
bestellter Sicherheit und des Aufrechnungsrechtes; sodann die nicht verbotenen Börsentermin- 
geschäfte über Getreide und Mühlenfabrikate unter Produzenten und Händlern, bei denen 
aber wieder, wenn der Differenzeinwand durchgreift, die Rückforderung des Geleisteten zwei 
Jahre lang zulässig bleibt. 
Literatur: Thöl, Der Verkehr in Staatspapieren, 1835. Grünhut b. Endemann 
III 88 277—287. Hülsner, Die Börsengeschäfte in rechtlicher und volkswirtschaftlicher Be- 
ziehung, 1897. B. Mayer, Die Effektenbörse u. ihre Geschäfte, 1899. Saling, Börsen- 
papiere, T. I, 11. Aufl. v. Schütze, 1908. — A. Wachtel, Prämien-, Stellage= und Noch- 
geschäfte, 1897. L. Kahn, Prolongation u. Reportgeschäft in juristischer Konstruktion, 1897. 
Adler, Z. f. HKR. XXXV 419 ff. Ofner, ebenda XXXVII 438 ff. H. Müller, Report- 
geschäfte, 18996. — Gareis, Klagbarkeit der Differenzgeschäfte, 1882. Wiener, Das 
Differenzgeschäft vom Standpunkt der jetzigen Rechtsprechung, 1893. Kohler, Über das Börsen- 
Encyklopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Vand III. 7
	        
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