Grundzüge des Handelsrechts. 101
von Bezugsrechten besorgt, gilt deren Ubernahme in offenes Depot als vereinbart; der Kommis-
sionär hat dem Kommittenten beim Einkaufe binnen drei Tagen, bei Umtausch oder Bezug
binnen zwei Wochen ein gehöriges Stückeverzeichnis über die für ihn erworbenen Papiere zu
übersenden; unterläßt er dies, so kann der Kommittent im Falle der Einkaufskommission nach
vergeblicher Aufforderung zur Nachholung binnen weiteren drei Tagen das Geschäft zurück-
weisen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordermn, in den anderen Fällen die Provision
verweigern; mit der Absendung des Stückeverzeichnisses geht spätestens das Eigentum an den
Papieren, soweit der Kommissionär über sie zu verfügen befugt ist, auf den Kommittenten
über, der Kommissionär aber hat die Pflichten eines Depotverwahrers (I# 3—7). Endlich
ist jeder Bankier oder sonstige Vollkaufmann, wenn er im Betriebe seines Handelsgewerbes
fremde Wertpapiere einem Dritten behufs Aufbewahrung, Veräußerung, Umtausch oder
Bezug ausantwortet, zur Mitteilung, daß es fremde Papiere sind, und, wenn er einen Auftrag
zur Anschaffung für fremde Rechnung weitergibt, zur Mitteilung, daß dies für fremde Rechnung
geschieht, verpflichtet; die Mitteilung bewirkt, daß der Dritte an den übergebenen oder neu be-
schafften Stücken ein Pfandrecht oder Zurückbehaltungsrecht nur wegen solcher Forderungen
geltendmachen kann, die mit Bezug auf die Papiere entstanden sind (§ 8). Alle diese Ver-
pflichtungen verschärft ein Sonderstrafrecht (§ 9—12).
Möglich ist, wenn es sich um vertretbare Wertpapiere handelt, ein offenes Depot in
Gestalt eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrages. Es kann von vorn-
herein Eigentumsübergang und Rückgabe einer gleichen Zahl von Papieren gleicher Art ver-
einbart sein. Auch kann der Verwahrer ermächtigt werden, über die Stücke zu eignem Nutzen
zu verfügen und so durch Aneignung das depositum regulare in ein depositum irregulare
umzuwandeln. Jede derartige Vereinbarung muß nach bürgerlichem Recht ausdrücklich ge-
troffen werden (BGB. F 700). Nach dem Depotgesetz aber fordert sie zu ihrer Gültigkeit,
falls nicht der Hinterleger selbst Bankier oder Geldwechsler ist, ausdrückliche und schriftliche
Erklärung des Hinterlegers für jedes einzelne Geschäft (§ 2). Gleiches gilt für den Verzicht
des Kommittenten auf Ubersendung des Stückeverzeichnisses bei der Einkaufskommission
(§ 3 Abs. 2).
In derselben Weise erschwert ist die Vereinbarung eines Sammeldepots, bei dem
die von mehreren hinterlegten Wertpapiere derartig vermischt werden, daß an der Gesamt-
menge den Hinterlegern ein Miteigentum nach Bruchteilen zusteht.
6. Lombardgeschäft. Das Lombardgeschäft ist ein den im Bankiergewerbe üblichen
Handelsgebräuchen entsprechendes, durch Faustpfand an geeigneten Wertpapieren, Edelmetallen
oder Waren gesichertes (verzinsliches und spätestens nach drei Monaten rückzahlbares) Dar-
lehen. Man spricht auch hier von einem „Depot“. Das Lombardgeschäft mit Wertpapieren
fällt unter das Depotgesetz (§ 1). Daher gelten auch die gleichen Erschwerungen für die Ver-
einbarung eines uneigentlichen Lombardgeschäfts mit Eigentumsübergang an den als Pfand
hinterlegten Papieren (RGer. XXI Nr. 7).
7. Krediteröffnung. Durch den Krediteröffnungsvertrag verpflichtet sich der Kredit-
eröffner (meist ein Bankier), dem Akkreditierten innerhalb der Grenzen des eingeräumten
„offenen Kredits“ auf Verlangen in jeder gewünschten Form (Darlehen, Auslage, Vorschuß,
Honorierung von Wechseln und Anweisungen) Kredit zu gewähren. Der Akkreditierte muß
für die Bereitstellung des Kredits Provision und für die Gewährung Zinsen zahlen, die etwa
bedungene Deckung besorgen und die entnommenen Werte zurückerstatten (revalieren).
8. Kontokorrentvertrag. Kontokorrent (laufende Rechnung) ist eine zwischen
zwei in Geschäftsverbindung stehenden Personen geführte Rechnung, bei der die aus der Ver-
bindung entstehenden gegenseitigen Forderungen nebst Zinsen einander gegenübergestellt und
in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des sich für einen Teil
ergebenden Uberschusses (Saldo) ausgeglichen werden. Durch den Kontokorrentvertrag wird
die laufende Rechnung zu einem eigenartigen Rechtsverhältnis erhoben (RGer. XXII Nr. 28).
Es fällt unter das Handelsrecht, wenn auch nur ein Teil Kaufmann ist, wie dies namentlich
bei den Kontokorrentverhältnissen zwischen den Bankiers und ihren Kunden vorkommt. Die
Rechnungsperiode beträgt im Zweifel ein Jahr (§ 355 Abs. 2), bei den Bankiers meist ein halbes