Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

104 Otto v. Gierke. 
stundeten Kaufpreis sofort als Schuldner zahlen, jedoch mit Abzug dessen, was bei Barverkauf 
innerhalb der Preisgrenze weniger zu erzielen gewesen wäre (§ 393). Endlich muß er, wenn 
er als Einkaufskommissionär einen Wechsel indossiert, ihn regelmäßig und ohne Vorbehalt in- 
dossieren, also die Wechselschuld mitübermehmen (§ 395). 
5. Rechte des Kommissionärs. Der Kommissionär hat Anspruch auf die be- 
dungene oder übliche Provision. Die Provision ist erst verdient, wenn das Geschäft zur Aus- 
führung gekommen ist; kommt es nicht zur Ausführung, so kann der Kommissionär, wenn dies 
dem Ortsgebrauch entspricht, eine Auslieferungsprovision (meist die Hälfte) fordern; unter- 
bleibt die Ausführung lediglich aus einem in der Person des Kommittenten liegenden Grumde, 
so hat der Kommissionär einen gesetzlichen Anspruch auf die volle Provision (§ 396 Abst. 1). 
Außer der Provision kann der Kommissionär Ersatz für seine Aufwendungen einschließlich der 
Vergütung für die Benutzung eigener Lagerräume und Beförderungsmittel verlangen (§ 396 
Abs. 2). 
Der Kommissionär hat am Kommissionsgute, sofern er es im Besitz hat, ein gesetzliches 
Pfandrecht wegen der Provision und der Kosten, der auf das Gut geleisteten Vorschüsse 
und Darlehen, der mit Rücksicht auf das Gut eingegangenen Verbindlichkeiten und aller Forde- 
rungen aus laufender Rechnung in Kommissionsgeschäften (5 397). Im Besitz hat er das Gut 
namentlich auch, wenn er mittels eines Warenpapiers (oben § 70 a. E.) über dasselbe ver- 
fügen kann. Steht das Gut in seinem Eigentum, so hat er zwar kein Pfandrecht, kann sich aber 
aus dem Gut nach Pfandrechtsregeln befriedigen (s 398). Ebenso kann er aus den für Rechnung 
des Kommittenten erworbenen Forderungen sich vor dem Kommittenten und dessen Gläubigern 
befriedigen (5 399). 
6. Selbsteintritt. In der Kommission zum Einkauf oder Verkauf von Waren oder 
Wertpapieren mit Markt= oder Börsenpreis — bei Wertpapieren jedoch nur, wenn eine amt- 
liche Preisfeststellung stattfindet — liegt die Ermächtigung des Kommissionärs zum Selbst- 
eintritt. Der Kommissionär kann daher, wenn der Kommittent nicht ein anderes bestimmt hat, 
die Kommission dadurch ausführen, daß er selbst als Verkäufer liefert oder als Käufer über- 
nimmt (5 400 Abs. 1). Da die Regelung dieses Selbsteintrittsrechtes, das tatsächlich fast immer 
ausgeübt war, durch Art. 376 des alten H#G#sich als unzureichend erwies, ersetzte ihn das Börsen- 
gesetz durch neue Bestimmungen (§8 70—74), die ziemlich unverändert in das neue HG. über- 
gegangen und daher im Börsengesetz gestrichen sind. · 
Die Ausübung des Selhbsteintrittsrechts muß durch eine ausdrückliche Erklärung des 
Kommissionärs erfolgen, die spätestens mit der Ausführungsanzeige abzugeben ist; eine Aus- 
führungsanzeige ohne solche Erklärung gilt als Mitteilung, daß der Abschluß mit einem Dritten 
erfolgt sei; jede Vereinbarung, die eine spätere Entscheidung des Kommissionärs zuläßt, ist nichtig 
(§5 405 Abs. 1—2). Geht dem Kommissionär ein Widerruf des Kommittenten zu, bevor er die 
Ausführungsanzeige zur Absendung abgegeben hat, so kann er zwar noch den bereits erfolgten 
Abschluß mit einem Dritten geltend machen, das Selbsteintrittsrecht aber nicht mehr ausüben 
(6 406 Abs. 30. 
Die Wirkung des Selbsteintritts ist, daß der Kommissionär dem Kommittenten als 
Verkäufer oder Käufer gegenübertritt, gerade dies aber als Ausführung der Kommission gilt. 
Abweichende Konstruktionsversuche, die entweder reine Kommission annahmen, indem sie einen 
Kaufvertrag des Kommissionärs mit sich selbst erdichteten, oder ein reines Kaufgeschäft auf Grund 
einer Eventualofferte oder einer Alternativobligation oder eines bedingten Vertrages zustande 
kommen ließen, das an Stelle der Kommission träte, sind jetzt schon durch den Wortlaut des Ge- 
setzes ausgeschlossen. Demgemäß kann der Kommissionär den zur Zeit der Ausführung bestehen- 
den Markt= oder Börsenpreis in Rechnung stellen, gleichwohl aber Provision und die bei Kom- 
missionsgeschäften gewöhnlichen Unkosten (z. B. Courtage, Porto) berechnen und die pfandrecht- 
liche Sicherung geltend machen (Is 403—404). Für die Preisberechnung gelten vertragsmäßig 
unabänderliche Regeln zum Schutze des Kommittenten gegen Übeworteilung (ss 400—402). 
Als Zeit der Ausführung gilt der Zeitpunkt, in dem die Ausführungsanzeige zur Absendung 
abgegeben ist. Geschieht dies bei einer während der Börsen= oder Marktzeit auszuführenden 
Kommission erst nach Schluß der Börse oder des Marktes, so darf kein ungünstigerer Preis als 
der Schlußpreis berechnet werden. Ist Ausführung zu einem bestimmten Kurse aufgegeben,
	        
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