Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

108 Otto v. Gierke. 
d) Haftung beieiner Kette von Frachtführern. Im Falle der Weiter- 
gabe des Gutes an einen anderen Frachtführer bleibt der ursprüngliche Frachtführer für die 
Erfüllung des Frachtvertrages bis zur Ablieferung verhaftet; zugleich aber tritt mit Annahme 
des Gutes mit dem ursprünglichen Frachtbriefe der nachfolgende Frachtführer in den Fracht- 
vertrag ein und wird selbständig nach Maßgabe des Frachtbriefes verpflichtet; muß ein be- 
teiligter Frachtführer Schadensersatz leisten, so hat er den Rückgriff gegen den schuldigen Fracht- 
führer; ist dieser nicht zu ermitteln, so wird der Schade nach Verhältnis der Fracht verteilt, so- 
weit nicht festgestellt wird, daß er auf der Beförderungsstrecke eines Frachtführers nicht ein- 
getreten ist (§ 432). 
e) Verjährung. Die Ansprüche gegen den Frachtführer aus Verlust, Beschädigung 
oder Verspätung (abgesehen von den Regreßansprüchen der Frachtführer untereinander) ver- 
jüähren in gleicher Frist wie die Ansprüche gegen den Spediteur (§ 439). 
4. Rechte des Frachtführers. 
a) Fracht und Spesen. Der Frachtführer hat Anspruch auf Zahlung der Fracht, 
Erstattung von Auslagen (Zöllen, Verwendungen, Vorschüssen usw.) und Ersatz der vom Ab- 
sender verschuldeten Schäden (z. B. aus mangelhafter Verpackung oder unrichtigen Begleit- 
papieren); Fracht und Spesen pflegen auf dem Frachtbriefe vermerkt zu werden. — Nach 
Binnenschiffahrtsrecht gelten besondere Regeln für die Berechnung der Fracht (§ 63), die für 
gverlorene Güter zu zahlende Fracht (Distanzfracht bei Verlust durch Unfall auf der Reise, volle 
Fracht bei Verlust oder Minderung von Gütem infolge ihrer natürlichen Beschaffenheit und 
beim Tode von Tieren, 5§# 64—65) und die Abgrenzung zwischen den vom Frachtführer zu 
tragenden Unkosten der Schiffahrt und den die Ladungsbeteiligten treffenden Kosten (s§ 66). 
b) Recht auf Abnahmee. Der Frachtführer hat ein Recht auf Abnahme des Gutes 
durch den Empfänger gegen Zahlung von Fracht und Spesen. Nach Binnenschiffahrtsrecht 
gelten dabei dem Seerecht nachgebildete Regeln über Löschbereitschaft und Wartezeit (§§ 46—57). 
Erfolgt die Abnahmenicht, weil der Empfänger nicht zu ermitteln ist oder 
die Abnahme verweigert oder sonst ein Ablieferungshindermis besteht, so hat der Frachtführer 
unverzüglich den Absender zu benachrichtigen und dessen Weisung einzuholen; ist dies nicht 
tunlich oder der Absender säumig oder seine Weisung nicht ausführbar, so kann der Fracht- 
führer das Gut hinterlegen oder, wenn es dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge 
ist, nach den Regeln über Selbsthilfeverkauf verkaufen lassen (§ 437; ähnlich BSch G. F 52). 
Erfolgt die Abnahme unter Bezahlung von Fracht und Spesen, so sind alle 
Ansprüche aus dem Frachtvertrage gegen den Frachtführer erloschen (§ 438 Abs. 1; ebenso 
nach BSch G. § 62 Abs. 2—3 die Ansprüche wegen Verspätung und sonstige Ansprüche außer 
denen wegen Minderung und Beschädigung, die hier nach § 61 durch bloße Abnahme erlöschen). 
Doch können die Ansprüche wegen Minderung oder Beschädigung durch amtliche Sachver- 
ständigenfeststellung vor der Annahme des Gutes gewahrt werden (5 438 Abs. 2, BSch G. F5 61 
Abs. 1). Ferner werden die Ansprüche wegen äußerlich nicht erkennbarer Mängel, falls sie 
binnen einer Woche nach der Annahme entdeckt sind, durch unverzügliche Feststellung inner- 
halb dieser Frist (oder Anzeige in der Frist und unverzügliche Feststellung nach Ablauf der Ant- 
wortfrist) erhalten; doch muß dann die Entstehung des Mangels zwischen Empfangnahme durch 
den Frachtführer und Ablieferung bewiesen werden (s 438 Abs. 3, BSch G. 5 61 Abs. 2). 
Endlich tritt die Befreiung des Frachtführers nicht ein, wenn er den Schaden vorsätzlich oder 
grob fahrlässig herbeigeführt hat (S 438 Abs. 5, BSch G. F§ 61 Abs. 4, § 62 Abs. 2—3). 
c) Pfandrecht. Der Frachtführer hat wegen aller Forderungen aus dem Fracht- 
geschäft ein gesetzliches Pfandrecht am Frachtgut; das Pfandrecht besteht, solange der Fracht- 
führer besitzt, dauert aber noch nach der Ablieferung fort, sofern der Frachtführer es binnen drei 
Tagen gerichtlich geltend macht und der Empfänger das Gut noch besitzt (§ 440). 
d) Bei einer Kette von Frachtführern, der sich auch Spediteure eingliedern, 
hat mangels anderer Bestimmung im Frachtbriefe der letzte Frachtführer bei der Ablieferung 
zugleich Forderungen und Pfandrechte aller Vormänner geltend zu machen; soweit ein Vor- 
mann von dem Nachmann befriedigt ist (Spesennachnahme), geht Forderung und Pfandrecht 
über (§ 441). Der Frachtführer, der das Gut ohne Bezahlung abliefert und das Pfandrecht
	        
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