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verursacht ist; sie haftet also für gemeinen Zufall und muß insoweit auch für schuldlose Hand-
lungen ihrer Leute einstehen (§5 456 u. 458, VO. ös§ 5, 84, BV. Art. 30). Jedoch haftet
sie, wenn ihr nicht ein Verschulden nachgewiesen wird, nicht für den Schaden aus gewissen be-
sonderen Gefahren, die der Absender nach gesetzlicher oder tarifmäßiger Bestimmung oder einer
in den Frachtbrief ausgenommenen Vereinbarung zu tragen hat oder tragen will (Beförderung
in offenen Wagen oder ohne gehörige Verpackung, eigenes Auf= und Abladen des Absenders
oder Empfängers, Beförderung von Natur verderblicher Güter und lebender Tiere, Gefahren,
zu deren Abwendung ein Begleiter beigegeben wird); dabei spricht die Vermutung dafür, daß
ein entstandener Schade, der den Umständen nach aus der betreffenden Gefahr entstehen konnte,
aus ihr entstanden ist (8 459, VO. §§ 62, 82—86, BV. Art. 31). Die Haftung der Eisenbahn
ist überhaupt ausgeschlossen, wenn nicht oder nur bedingungsweise zur Beförderung zugelassene
Güter unter unrichtiger oder ungenauer Bezeichnung aufgegeben sind (§ 467, VO. § 96). —
Hinsichtlich der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes gelten gleiche Regeln wie bei anderen
Frachtgeschäften mit der Abweichung, daß bei der Berechnung der gemeine Wert zur Zeit und
am Orte der Absendung, nicht der Ablieferung zugrunde gelegt wird (F 457, VO. 5 88). Doch
wird einerseits, soweit nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, die Ersatzpflicht bei ge-
wissen Gütern durch Normalsätze für nicht zu ersetzenden Gewichtsverlust und bei der Beförderung
zu Ausnahmetarifen und von besonders kostbaren Gegenständen durch Höchstbeträge beschränkt
(§5 460—462, VO. §§ 87, 89, 95, BV. Art. 3, 32, 35, 41). Anderseits kann durch gehörige An-
gabe des Interesses der Lieferung im Frachtbrief der Ersatz eines höheren Schadens bis zu
dem angegebenen Betrage (jedoch innerhalb der Grenzen des etwa wirksam festgesetzten Höchst-
betrages) gesichert werden (§ 463, VO. ös 92—93). — Die Geltendmachung der Ansprüche wegen
verborgener Mängel ist der Eisenbahn gegenüber dadurch bedingt, daß binnen einer Woche nach
der Annahme entweder bei Gericht oder schriftlich bei der Eisenbahn Untersuchung beantragt
wird (§ 464, VO. 88 82—83, 97, BV. Art. 44).
Für Verspätung haftet auch die Eisenbahn nur, wenn sie nicht ihre Schuldlosigkeit
beweist; der Schadensersatz wird, sofern nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt, durch
den gehörig im Frachtbriefe angegebenen Betrag des Interesses an der Lieferung und in Er-
mangelung einer solchen Angabe durch den Betrag der Fracht begrenzt (§ 466, VO. ö§s 75, 92
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*5 Eisenbahn kann, wenn der im Frachtbrief angegebene Ablieferungsort nicht an der
Eisenbahn liegt, für die Beförderung von der letzten Eisenbahnstation an ihre Haftung auf die
eines Spediteurs herabsetzen (§ 468, VO. §5 85, VB. Art. 30).
Im Falle der Beförderung durch mehrere aufeinanderfolgende Eisen-
bahnen auf Grund desselben Frachtbriefs können die Ansprüche aus dem Frachtvertrage
nur gegen die erste oder die letzte Bahn oder diejenige Zwischenbahn, auf deren Strecke sich
der Schade ereignet hat, eingeklagt werden; das Wahlrecht erlischt mit der Klage (§ 469,
VO. §& 100, BV. Art. 27—28).
5. Reisegepäck. Der Frachtvertrag über Reisegepäck wird ohne Frachtbrief durch
Annahme des. Gepäcks und Aushändigung eines Gepäckscheins geschlossen. Der Gepäckschein
ist Legitimationspapier. Die Haftung der Eisenbahn richtet sich nach den gewöhnlichen Regeln;
doch haftet die Eisenbahn für Verlust nur, wenn das Gepäck binnen 8 Tagen nach Ankunft des
Zuges auf der Bestimmungsstation abgefordert wird; auch gelten besondere Bestimmungen
hinsichtlich der Festsetzung von Höchstbeträgen. Für nicht aufgegebenes Reisegepäck haftet die Eisen-
bahn nur, wenn ihr ein Verschulden nachgewiesen wird. (HG#. F 465, 466 Abs. 2 S. 2; VO.
88 30—39) — Ahnliche Regeln gelten für su, das auf Gepäckschein oder besonderen Be-
förderungsschein befördert wird (VO. 88 40 43
6. Verjährung. Die einjährige S ist hier auf Ansprüche der Eisenbahn
auf Nachzahlung von Fracht oder Gebühren und auf Ansprüche gegen die Eisenbahn auf Rück-
erstattung von Fracht oder Gebühren erstreckt, insofern der Anspruch auf unrichtige Anwendung
der Tarife oder auf Rechenfehler gestützt wird; die Verjährung aller Ansprüche gegen die Eisen-
bahn wird durch schriftliche Anmeldung bei der Eisenbahn gehemmt. (HGB. 8 470, VO. 88 71, 98;
etwas anderes BV. Art. 45 46).