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mehrere Personen, die ein ihnen gemeinschaftlich zustehendes Schiff zum Erwerbe durch die
Seefahrt für gemeinschaftliche Rechnung verwenden, eine Reederei (HGB. F 489).
Die Reederei ist eine besonders geartete Gesellschaft zu gesamter
Hand. Ihre Grundlage ist eine sachenrechtliche Gemeinschaft, vermöge deren ein Schiff zu
ideellen Anteilen (Schiffsparten) einer Personenmehrheit zusteht. Die Schiffspart macht
zum Mitreeder (Schiffsfreund) und gewährt einen entsprechenden Anteil am Reedereivermögen.
Die Mitreeder aber bilden eine Gesellschaft. Das Rechtsverhältnis unter den Mitreedern
richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage (§ 490), ist aber subsidär gesetzlich geregelt.
Gegenüber der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ist die gesamte Hand verstärkt. Die
Reederei ist eine im Wechsel der Teilhaber beständige, vom Tode oder Konkurse eines Mit-
reeders nicht berührte Personeneinheit; eine Kündigung oder eine Ausschließung findet bei
ihr nicht statt (§ 505). Auch kommt ihre Personeneinheit in der Geltung von Mehrheits-
beschlüssen und in der Einrichtung einer ständigen Repräsentation zum Ausdruck. Allein sie ist
nicht nur keine juristische Person, sondern bleibt auch hinter der offenen Handelsgesellschaft an
einheitlicher Rechts- und Handlungsfähigkeit zurück. Denn sie entbehrt der kaufmännischen
Firma; die jeweiligen einzelnen Mitreeder erscheinen auch nach außen als Gemeinschafts-
träger und werden im Schiffsregister als Eigentümer nach Anteilen eingetragen. Darum ist
ihr Recht nicht aus dem Handelsgesellschaftsrecht, sondern aus dem bürgerlichen Gesellschafts-
recht zu ergänzen.
Begründet wird die Reederei durch formfreien Vertrag. Ein Gesellschaftsvertrag
ist unerläßlich; erst durch ihn entsteht z. B. eine Reederei unter Miterben, denen ein Schiff
gehört. Entstehung und Veränderung sind in das Schiffsregister einzutragen.
Die Schiffsparten lauten auf feste (oft sehr ungleiche) Bruchteile; sie sind frei ver-
äußerlich, vererblich und teilbar; das vom älteren Recht ausgebildete gesetzliche Vorkaufsrecht
ist aufgehoben, jede Veräußerung aber, durch die das Schiff sein Flaggenrecht verlöre, ist nur
mit Zustimmung aller Mitreeder zulässig (§ 503). Wenn eine Schiffspart auf andere Weise
(z. B. durch Erbgang) auf einen Ausländer übergeht oder der Eigentümer einer Schiffspart
die Reichsangehörigkeit verliert und die übrigen Schiffsparten noch wenigstens zwei Drittel
betragen, so behält das Schiff noch ein Jahr lang das Flaggenrecht; die übrigen Mitreeder können
nach sechs Monaten auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses sich vom Registergericht ermächtigen
lassen, die Schiffspart für Rechnung des Eigentümers öffentlich an einen Inländer zu ver-
steigern (Flaggenges. § 3).
Mit dem Eigentum an einer Schiffspart wird von Rechts wegen die Mitreeder-
schaft verloren und erworben; im Verhältnis zu den Mitreedem aber gilt bis zur
Anzeige durch Veräußerer und Erwerber noch der Veräußerer als Mitreeder; doch ist
neben ihm der Erwerber schon vom Zeitpunkt des Erwerbes an als Mitreeder verpflichtet
(BGB. F 504).
Im inneren Verhältnis ist die Reederei eine Erwerbsgesellschaft. Jeder Mit-
reeder hat nach Verhältnis seiner Schiffspart zu den Ausgaben der Reederei beizutragen (5 500)
und nimmt in demselben Verhältnis an Gewinn und Verlust teil (§ 502). Die Angelegenheiten
der Reederei werden durch Beschlußfassung der Mitreeder geregelt; dabei entscheidet Stimmen-
mehrheit nach Anteilen, so daß ein Rcedereibeschluß vorhanden ist, wenn dem oder den Zu-
stimmenden mehr als die Hälfte des Schiffes gehört; nur zu Beschlüssen, die eine Abänderung
des Reedereivertrages bezwecken oder dessen Bestimmungen entgegen oder dem Zwecke der
Reederei fremd sind, ist Einstimmigkeit erforderlich (§ 491). Wird aber eine neue Reise oder nach
beendeter Reise die Reparatur des Schiffes oder die Befriedigung eines Gläubigers, dem nur
das Schiffsvermögen haftet, beschlossen, so kann der überstimmte Mitreeder sich durch unent-
geltlichen Verzicht auf seine Schiffspart von den zur Ausführung des Beschlusses erforderlichen
Einzahlungen befreien; er muß dies binnen drei Tagen gerichtlich oder notariell der Reederei
erklären; seine Schiffspart fällt dann den übrigen Mitreedern verhältnismäßig an (§ 501). Weiter
geht die im älteren Recht anerkannte Befugnis der überstimmten Minderheit, das Schiff auf ein
Geld zu setzen, d. h. es zu einem Geldpreise zu veranschlagen, zu dem die Mehrheit es entweder
unter Auszahlung der Anteile der Minderheit übernehmen oder gegen Auszahlung der eigenen
Anteile an die Minderheit überlassen muß. Dieses Setzungsrecht gilt in Mecklenburg fort