Grundzüge des Handelsrechts. 119
(EG. Art. 19, Mecklenb.-Schwer. AV. v. 9. April 1899 88 10—20). Anderswo kann es durch
den Reedereivertrag begründet werden.
Als Vertreter und Geschäftsführer der Reederei kann ein Korrespondentreeder
Schiffsdirektor, Schiffsdisponent) bestellt werden; in Mecklenburg ist seine Bestellung obli-
gatorisch. Die Bestellung erfolgt durch Mehrheitsbeschluß; wenn jedoch eine Person, die
nicht Mitreeder ist, bestellt werden soll, nur durch einstimmigen Beschluß; sie kann jederzeit
durch Mehrheitsbeschluß widerrufen werden (F 492). Der Korrespondentreeder vertritt die Ree-
derei in gesetzlich bestimmtem Umfange bei solchen Geschäften und Rechtshandlungen, die der
Geschäftsbetrieb einer Reederei gewöhnlich mit sich bringt; eine Beschränkung seiner Befugnis
kann einem Dritten nur entgegengesetzt werden, wenn dieser sie beim Geschäftsabschlusse kannte
(§ 493—495). Der Reederei gegenüber ist er zur Einhaltung ihm gesetzter Beschränkungen,
zur Ausführung der gefaßten Beschlüsse und zur Einholung solcher Beschlüsse in gewissen
wichtigeren Fällen verpflichtet; er muß die Sorgfalt eines ordentlichen Reeders anwenden;
auch hat er Buch zu führen, jedem Mitreeder Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen
(§ 496—499).
Die Haftung der Mitreeder Dritten gegenüber richtet sich nach den allgemeinen Grund-
saten über Rcederhaftung; die Mitreeder haften also zu gesamter Hand mit dem Schiffs-
vermögen, insoweit aber, als persönliche Haftung des Reeders eintritt, zugleich als einzelne
persönlich. Allein die persönliche Haftung trifft die Mitreeder nur nach Anteilen (§ 507
Abs. 1). Für eine persönliche Verbindlichkeit, die zwischen der Veräußerung einer Schiffs-
part und ihrer Anzeige entstanden ist, haften zu dem betreffenden Anteil Veräußerer und
Erwerber als Gesamtschuldner (§ 507 Abs. 2). In Reedereiangelegenheiten kann jeder Mit-
reeder beim Gericht des Heimatshafens belangt werden (§ 508).
Beendigt wird die Rederei durch Reedereibeschluß, zu dem Stimmenmehrheit aus-
reicht. Als Auflösungsbeschluß gilt auch der Beschluß, das Schiff zu veräußern. Wird die
Auflösung beschlossen, so muß, wenn nicht alle Mitreeder über ein anderes Verfahren einig
sind, das Schiff öffentlich verkauft werden, darf jedoch der Verkauf, falls nicht das Schiff als
reparaturunfähig oder reparaturunwürdig kondemniert ist, nicht erfolgen, während das Schiff
zu einer Reise verfrachtet ist oder sich im Auslande befindet (§ 506). Der Erlös und sonstiges
Reedereivermögen wird nach Schiffsparten geteilt. Beendigungsgründe sind auch der Unter-
gang des Schiffes und die Vereinigung aller Schiffsparten in einer Hand.
Das Reedereirecht findet teilweise schon auf eine Schiffsbaugesellschaft An-
wendung, die für gemeinschaftliche Rechnung ein Schiff zum künftigen Reedereibetriebe er-
bauen läßt; auch ein Korrespondentreeder kann für sie schon bestellt werden (§ 509).
Literatur: Lewis b. Endemann IV 6863 ff. Wagner!:. Hanbl. I1 ## 23—29,
Pappenheim II 7 V. K. Lehmann 3 68. Cosack 2
§ 22. Der Schiffer.
1. Seerecht. Der Führer eines Seeschiffes hat als „Schiffer“ ( Echiffelapitãn) eine
verantwortungsreiche Stellung, mit der das öffentliche Seerecht eine Fülle besonderer Pflichten
und Rechte verknüpft. Aber auch in privatrechtlicher Hinsicht gelten für ihn seehandelsrecht-
liche Sondervorschriften. Dabei geht das HGB. von dem Falle aus, daß der Schiffer kraft
eines Dienstvertrages Angestellter des Reeders ist. Dies Verhältnis liegt auch vor, wenn der
Schiffer zugleich Mitreeder ist. Doch finden die Vorschriften des H#G., soweit sie nicht einen
Dienstvertrag voraussetzen, auf jeden Schiffer uud insbesondere auch auf den Schiffer, der ein
eigenes Schiff führt, Anwendung.
Der Schiffer hat alle ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Schiffers zu erfüllen und haftet für jeden von ihm verschuldeten Schaden (§ 511). Die eigen-
tümliche Selbständigkeit seiner Rechtsstellung zeigt sich darin, daß diese Haftung nicht nur gegen-
über dem Reeder, sondern gegenüber allen Beteiligten (dem Befrachter, Ablader und Ladungs-
empfänger, dem Reisenden, der Schiffsbesatzung und dem Gläubiger aus Kreditgeschäft) besteht,
und daß der Schiffer durch eine von ihm befolgte Anweisung des Reeders den übrigen Be-
teiligten gegenüber nicht befreit wird (§ 512). Im einzelnen hat der Schiffer für Seetüchtig-
keit, gehörige Ausrüstung, Bemannung, Verproviantierung und Legitimation des Schiffes,