Grundzüge des Handelsrechts. 125
beim Pfandverkaufe erlittenen Ausfalles (§ 626); werden ihm die Güter überhaupt nicht ab-
genommen, so kann er unmittelbar vom Befrachter, der dann in Ansehung der Abnahme der
Güter an Stelle des Empfängers tritt, Befriedigung fordern (§ 627). Wegen aller seiner For-
derungen aus dem Frachtvertrage hat der Verfrachter ein gesetzliches Pfandrecht an den
Gütern, das nicht nur so lange besteht, als die Güter zurückbehalten oder hinterlegt sind, sonderm
noch 30 Tage nach vollendeter Ablieferung dauert, insofern es während dieser Frist gerichtlich
geltend gemacht wird und das Gut noch im Besitz des Empfängers ist (§ 623, § 627 Abs. 2 S. 2).
Besonderheiten gelten hinsichtlich der Aufhebung des Seefrachtvertrages. Zunächst
hat der Befrachter ein Rücktrittsrecht gegen Zahlung der „Fautfracht“ als Abstands-
summe; die Fautfracht beträgt, wenn der Rücktritt vor Antritt der Reise erklärt wird, die
halbe Fracht, nach Antritt der Reise die volle Fracht, jedoch bei einer zusammengesetzten Reise,
wenn Rückreise oder Reise aus einem Abladungshafen bedungen ist, vor dieser Reise nur zwei
Drittel der Fracht, sonst vor Antritt des letzten Reiseabschnittes die Fracht abzüglich eines an-
gemessenen Bruchteils; die Reise gilt schon als angetreten, wenn der Schiffer abgefertigt oder
ein Teil der Ladung geliefert und die Wartezeit verstrichen ist; außer der Fautfracht muß der
Befrachter die entstandenen Kosten und die Kosten der Wiederausladung tragen, etwa ver-
dientes Liegegeld zahlen und bei Überschreitung der Wartezeit oder Rücktritt nach Antritt der
Reise sonstigen Schaden ersetzen; bei bloßer Teilcharterung, falls nicht alle Befrachter zurück-
treten, und beim Stückgütervertrage ist der Rücktritt nur gegen Zahlung der vollen Fracht zu-
lässig und insoweit, als Wiederausladung verlangt wird, dann ausgeschlossen, wenn dadurch
eine Verzögerung der Reise bewirkt oder eine Umladung nötig würde (§§T§ 580—584, 586—587.
589). Der Verfrachter kann nur zurücktreten, wenn ihm bis zum Ablaufe der Wartezeit über-
haupt keine Ladung geliefert ist, muß sich dann aber mit der Fautfracht begnügen (§5 585). —
Der Frachtvertrag tritt femer vonselbstaußer Kraft, wenn durch einen Zufall Schiff
oder Güter verloren gehen, und kann von jedem Teil durch einseitige Rücktritts-
erklärungaufgelöst werden, wenn die Reise durch (staats-oder völkerrechtliche) „Verfügungen
von hoher Hand“ gehindert oder durch Kriegsausbruch gefährlich wird (doch ist der Rücktritt
wegen einer Verfügung von hoher Hand vor Antritt der Reise nur, wenn das Hindernis nicht
voraussichtlich von unerheblicher Dauer ist, nach Antritt der Reise erst nach Ablauf einer Warte-
frist von drei Monaten in europäischen und fünf Monaten in außereuropäischen Häfen zulässig)
in allen diesen Fällen besteht kein Anspruch auf Entschädigung; endet aber der Vertrag nach
Antritt der Reise durch Untergang des Schiffes, so ist für gerettete oder geborgene Güter, soweit
ihr Wert reicht, „Distanzfracht“, d. h. Fracht im Verhältnis der zurückgelegten zur bedungenen
Reise, zu entrichten; ebenso ist bei der Auflösung durch Rücktritt nach Antritt der Reise Distanz-
fracht zu zahlen, wobei der dem Bestimmungshafen nächste Punkt, den das Schiff erreicht hat,
entscheidet; besondere Bestimmungen gelten bei Teilzufällen, Verzögerungen, Reparaturen,
zusammengesetzten Reisen; Abweichungen treten bei der Teilcharterung und dem Stückgüter-
vertrage ein (Is# 628—641).
Die Rechtsverhältnisse aus dem Seefrachtvertrage empfangen eine besondere Ausgestaltung
durch das Konnossement, das sich im Seerecht allgemein ausgebildet hat, seitdem die
Begleitung der Ladung durch einen Vertreter des Befrachters aufhörte. Das Konnossement
ist eine vom Schiffer oder einem anderen Vertreter des Reeders ausgestellte Urkunde, in
welcher der Empfang der Güter behufs Beförderung mit dem Schiff und Ablieferung an einen
Empfänger bekannt wird (genaue Vorschriften über den Inhalt in § 643). Der Schiffer hat
unverzüglich nach jeder Abladung dem Ablader ein Konnossement in so vielen gleichinhaltlichen
Exemplaren, als dieser verlangt, auszustellen; er selbst erhält dafür den etwaigen vorläufigen
Empfangsschein zurück und kann die Erteilung einer vom Ablader unterschriebenen Abschrift
des Konnossements fordern (§ 642). Das Konnossement kann Rektapapier, Orderpapier oder
Inhaberpapier sein; die Regel bildet das Orderkonnossement. Mangels anderer Vereinbarung
ist es auf Verlangen des Abladers an die Order des Empfängers oder schlechthin an Order,
worunter die Order des Abladers gemeint ist, zu stellen; es kann auch auf den Namen des Schiffers
als Empfängers lauten (§ 644). — Jedes Konnossement ist ein Wertpapier, das als Waren-
papier den Herausgabeanspruch in Ansehung der Güter verkörpert. Der Schiffer ist ver-
pflichtet, im Löschungshafen die Güter dem legitimierten Inhaber auch nur eines Konnossements-