Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

126 Otto v. Gierke. 
exemplars gegen Rückgabe des mit Empfangsbescheinigung versehenen Papiers auszuliefern; 
melden sich jedoch mehrere legitimierte Konnossementsinhaber, so muß er sie alle zurückweisen 
und die Güter hinterlegen (§T 645, 646, 650). Anweisungen des Abladers wegen Rückgabe 
oder Auslieferung der Güter und Anforderungen eines Konnossementsinhabers aus Auslieferung 
vor Erreichung des Bestimmungshafens darf der Schiffer, falls das Konnossement an Order 
lautet, nur Folge leisten, wenn ihm sämtliche Konnossementsexemplarc zurückgegeben werden; 
bei einem Rektakonnossement ist er zwar, wenn der Ablader und der benannte Empfänger ein- 
willigen, zur Rückgabe oder Auslieferung auch ohne Konnossementsbeibringung verpflichtet, 
kann aber Sicherheitsleistung wegen zu besorgender Nachteile fordern (§# 659—660). Hin- 
sichtlich des sachenrechtlichen Erwerbs wirkt die Ubergabe des Konnossements gleich der Uber- 
gabe der Güter (§647, vgl. oben & 70 a. E.); im Verhältnis mehrerer legitimierter Konnossements- 
inhaber zueinander geht in Ansehung der Wirkungen der Ubergabe derjenige vor, an den der 
Schiffer vor der Anmeldung anderer Ansprüche die Güter ausgeliefert hat, bis zur Auslieferung 
aber derjenige, an den der gemeinschaftliche Vormann zuerst ein Exemplar unter Herstellung 
gehöriger Legitimation übergeben hat (§s 648—649). — Das Konnossement ist gleichzeitig ein 
stripturrechtliches Verpflichtungspapier. Es verkörpert freilich nicht gleich dem 
Wechsel eine abstrakte, sonderm eine kausale, von der versprochenen Gegenleistung abhängige 
Verpflichtung. Allein es verpflichtet seinem Wortlaut gemäß. Darum ist sein Inhalt für das 
Rechtsverhältnis zwischen Verfrachter und Empfänger maßgebend, so daß die nicht in das Konnosse- 
ment aufgenommenen oder von ihm in bezug genommenen Bestimmungen des Frachtvertrages 
dem Empfänger gegenüber unwirksam sind, während sie für das Rechtsverhältnis zwischen Ver- 
frachter und Befrachter maßgebend bleiben (§ 651). Der Verfrachter hat daher dem Inhalte 
des Konnossements gemäß zu lieferm; er haftet dem Empfänger für die Richtigkeit der Bezeich- 
nung der übernommenen Güter, selbst wenn er die UÜbereinstimmung der gelieferten Güter 
mit den empfangenen nachweist, und wird auch, wenn aus dem Konnossement die UÜbergabe 
in Verpackung oder geschlossenen Gefäßen ersichtlich ist, nur durch den Nachweis befreit, daß 
ungeachtet der Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers die Unrichtigkeit nicht wahrgenommen 
werden konnte (§§ 652—653). Die Verantwortlichkeit des Verfrachters kann jedoch durch be- 
sondere Konnossementsklauseln eingeschränkt werden; die Bedeutung der Klauseln „Inhalt unbe- 
kannt“, „Zahl, Maß, Gewicht unbekannt“, „frei von Bruch“ oder „Leckage“ oder „Beschädigung“ 
ist gesetzlich festgestellt; sichtbare Mängel der äußeren Beschaffenheit muß der Schiffer im 
Konnossement bemerken, widrigenfalls er für sie trotz befreiender Klausel einstehen muß 
(&& 654—658). 
Schließt der Befrachter einen Unterfrachtvertrag (z. B. der Charterer einen 
Stückgütervertrag), so haftet für dessen Erfüllung, soweit sie zu den Dienstobliegenheiten des 
Schiffers gehört und von diesem (insbesondere durch Güterannahme und Konnossementsaus- 
stellung) übermommen ist, nicht der Untewerfrachter, sondern der Reeder mit dem Schiffs- 
vermögen (§ 662). 
Das Gesetz schränkt die Vertragsfreiheit nur in wenigen Punkten ein. Infolge 
hiervon pflegen die großen Reeder durch „Freizeichnungen“ in Frachtverträgen und Konnosse- 
menten ihre Verpflichtungen weit unter das gesetzliche Maß herabzumindem und namentlich 
die Haftung für Verlust und Beschädigung fast völlig wegzubedingen. 
2. Binnenschiffahrtsrecht. Auf das Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütem 
auf Binnengewässem sind die Regeln des Seefrachtvertrages niemals unmittelbar anwendbar. 
Doch gelten für dasselbe dem Seerecht nachgebildete Sondervorschriften hinsichtlich der Unter- 
scheidung von Charterung und Stückgütewertrag (letzterer wird aber bei einer Ladung von 
mehr als 10 000 kg Gewicht als Teilcharterung behandelt); hinsichtlich der Ausführung des 
Transports und insbesondere der Wartezeit (mit gesetzlicher, nach der Schwere der Ladung 
abgestufter Dauer der Lade= und Löschzeit und der Uberliegezeit und mit gesetzlicher Regelung 
der Höhe des Liegegeldes); hinsichtlich des Rücktrittsrechts des Frachtführers nach Ablauf der 
Wartezeit und des willkürlichen Rücktrittsrechts des Absenders (wobei die Fautfracht im Falle 
der Charterung eines ganzen Schiffes nur ein Drittel, sonst die Hälfte beträgt); hinsichtlich der 
Auflösung des Frachtvertrages durch zufälligen Verlust des Schiffs oder des Guts oder durch 
dauernde Behinderung der Reise und der nach Beginn der Reise zu zahlenden Distanzfracht
	        
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