Wechsel- und Scheckrecht. 141
goucki oder ondegui der Inder:, manche in der griechischen syngraphe, dem cehiro-
graphum, den symbola collybistica und epestalmena, im ägyptischen sanch oder daneion:
viele, selbst Goldschmidt, in der römischen permutatio; auch auf das receptum
argentarü hat man hingewiesen. Es ist jedoch die volle quellenmäßige, überzeugende Be-
gründung bisher noch nicht erbracht; auch die Stellen bei JIsokrates und Ciceroscheinen
nicht zwingend. Gewiß hatte das Altertum ein reichentwickeltes Bankwesen, vielleicht auch
etwas einem primitiven Wechselverkehr „Ahnliches"s; aber es fehlt doch insbesondere der Nach-
weis, daß die Erfüllung des Zahlungsversprechens von der Präsentation der Urkunde durch
die in ihr ermächtigte Person abhängig gewesen sei“. Schwerlich hätte auch ein Rechtsvolk
wie die Römer eine Urkunde geschaffen, welche, wie die Tratte, das Allerwichtigste, nämlich
das Versprechen des Ausstellers, durchaus verschweigt .
2. Der Wechsel hat sich im Zeitalter der Kreuzzüge in Italien und den Mittelmeerländern
entwickelt, angeblich unter arabischem Einfluß 5. Daß der Wechsel aus konkretem Anlaß
durch vertriebene Juden 7 oder Italiener plötzlich „erfunden“ worden sei, nennt Goldschmidt
ein Ammenmärchen.
Den Impuls zur Entwicklung des Wechsels gab das allgemeine Bedürfnis, gangbares Geld
auswärts zur Verfügung zu haben. Der reelle Münztransport war kostspielig, beschwerlich
und gefährlich, die Geldausfuhr sogar vielfach verboten, das Umlaufsgebiet der Münzen bei der
territorialen Zersplittenung 3 und Verderbnis des Münzwesens meist sehr beschränkt.
Abhilfe gewährten die italienischen Geldwechsler, bancherü., campsores (von cambium,
cambire). Zunächst betrieben sie wohl nur den realen Münzumtausch von Hand zu Hand,
bar gegen bar (den sog. Handwechsel). Dies ändert sich; sie empfangen zwar bar, geben aber
keine bare Gegenleistung, sondern versprechen nur, das Aquivalent am fremden Ort in
dort geltenden Münzsorten zu leisten; zumeist besitzen sie dort eine Zweigniederlassung oder
einen Geschäftsfreund. Dies Versprechen braucht zwar nicht, pflegt jedoch schriftlich
zu sein.
So tritt neben den realen Handwechsel (cambium manuale, minutum, purum, sine
litteris) das schriftliche Geldüberweisungsversprechen (cambium impurum, cum carta,
per litteras). Wohl die ältesten Beispiele finden sich in dem notularium des Genueser
Johannes Seriba aus den Jahren 1156—1164.
Streitig ist, ob die Anfänge im See= oder Binnenverkehr liegen, auch, ob ein Zusammen-
hang mit dem Seedarlehen stattgefunden hat.
Außer den Wechseln der Kampsoren begegnen im 13. Jahrhundert auch Wechsel der fran-
1 UÜber Bechsel (hundi, patri) im indischen Gewohnheitsrecht vgl. Kohler in ZVergl.
VIII S. 99 u. 139. Schon im 12. Jahrhundert n. Chr. findet sich hundika für Wechsel,
Anweisung. Vgl. Böthlingk und Roth, Wörterbuch VII, 1637. UÜber japanische Wechsel
v. 1297 vgl. Rehme in Z. " HR. 43 S. 395. — Bgl. Schiebe-Brentano, Lehre v. d.
Wechselbriefen, 3. Aufl., S. 2 n. 2.
„ Gradenwit in Festgabe für Koch, 1903, S. 262, vergleicht die 30app## der Papyri
zur Zeit Trajans einer akzeptierten Tratte.
*„ Mitteis in Z. d. Savigny-Stiftung XIX S. 250. Vgl. auch Adler a. a. O. S. 644
über das Vorkommen durch den Deleganten garantierter Zahlungsanweisungen auch auf aus-
wärtige Plätze: „Hier erscheint also die für die Tratte charakteristische Haftung des Ausstellers
präformiert".
*Hitzig in der Savigny-Z., 1897, XVIII S. 191. Vgl. auch Partsch in Z. f. HR. 70
S. 489: „Nach echten antiken Wertpapieren wird man dabei vergebens suchen, soweit die heutigen
Quellen ein Urteil gestatten.“
* Bgl. immerhin Mitteis und Adler a. a. O. (Fragm. 134, 2; 141, 4 (XILV, 1).
v. Canstein, Lehrb. des WR. S. 12 N. 22 au. Grashoff, BWechselrecht der Araber,
1899. Zustimmend Huvelin in Annales de dr. comm. XV S. 25; dagegen Pappenheim
i Kr B#. 43 S. 13 u. Z. f. HR. 38 S. 294, sowie im Grunde wohl auch Adler im HWB.
der Staatsw. VIII S. 644. R ehme in Z. f. HR. 50 S. 648.
Am *& —# wechselähnliche Urkunden im talmudischen Recht vgl. Rappaport in ZVerglf.
* Gegen 600 Münzstätten in Deutschland; vgl. Schwencke, Geld-- und Kreditwesen im
Handbuch der Wirtschaftskunde, IV 1904 S. 413.