Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Wechsel- und Scheckrecht. 155 
sichtige Papiere getrennt. — Der Ausnutzung gleichzeitiger Kursunterschiede derselben Devisen- 
gattungen an verschiedenen Plätzen dient schon seit dem Mittelalter die Wechselarbitrage (cambio 
arbitrario) 1. 
An den Börsen werden Inland wechsel (sog. Prima-Diskonten) nur in sehr 
großen Appoints (in Berlin muß die Wechselsumme mindestens 5000 Mk. betragen) und nur 
bei bestimmter Laufzeit (56—90 Tage) gehandelt; die Bezogenen sind erste Firmen; der Diskont 
ist fast immer niedriger, als die offizielle Banknote (der Reichsbank-Diskont). 
Ein und derselbe Wechsel kann mehreren der vorgenannten Zwecke dienen. 
C. Es kursieren durchschnittlich etwa ebenso viel Wechsel als Papiergeld oder Bargeld 
(H. O. Lehmann). Von den 5 Milliarden der französischen Kriegsschuld wurden 4248 Mil- 
lionen in Wechseln verschiedener Währung gezahlt. Im Jahr 1909 hat die deutsche Reichsbank 
allein über 5 Million Stück Wechsel im Gesamtbetrage von über 10 Milliarden Mark angekauft 
bzw. zur Einziehung übernommen 2. Der gesamte Wechselverkehr Deutschlands, wie er im 
Laufe je eines Jahres in Umlauf gesetzt wird, betrug 1907 rund 31,5 Milliarden Mark, der 
durchschnittliche Wechselumlauf rund 6 Milliarden Mark, die Bankakzepte betragen 31 Prozent 
hiewon. Das Erträgnis der Wechselstempelsteuer belief sich auf über 19 Millionen 8. 
Der Durchschnittsbetrag der Wechsel betrug bei der Reichsbank i. J. 1900 1936 Mark, die 
durchschnittliche Laufzeit 75 Tage; die Warenwechsel sind meist auf 3 oder 6 Monate, die Bank- 
akzepte auf 2 oder 3 Monate gestellt#. Uberlange Wechsel (die über 3 Monate nach dem 
Ausstellungstage fällig sind) unterliegen höherem Wechselstempel und werden von der Reichs- 
bank nicht diskontiert. 
D. Unter den ungemein zahlreichen Einteilungen der Wechsel nach dem wirt- 
schaftlichen Zweck und Wert" sind heworzuheben: 
a) Bankwechsel, d. h. solche, die von den großen Banken ohne Anstände diskonnert 
werden; es soll ihnen eine geschäftliche Transaktion zugrunde liegen. 
b) Kautionswechsel (Deckungs-, Depot= oder Sicherheits wechsel 
vgl. oben A 1 und B 8) sie sind nicht für den Verkehr bestimmt und bleiben bis zur Erfüllungs- 
zeit der Schuld, zu deren Sicherung sie gegeben worden, im Besitz des Gläubigers. 
c) Prolongations- oder Renovationswechsel, d. h. Wechsel, deren Verfall- 
tag hinausgeschoben worden ist, oder die an Stelle eines fälligen Wechsels neu ausgestellt sind; 
die Reichsbank schließt nach Verfügung von 1908 sie vom Diskont fast ganz aus. 
((0p) Legitime Wechsel, auch wohl Kommerzwechsel genannt, umfassen die 
Warenwechsel (d. h. Wechsel, die der Eintreibung einer auf Grund eines Warenverkaufs 
entstehenden Forderung dienen, vgl. oben B 4), sowie, obwohl das streitig, die Kredit- 
wechsel der Banken (vgl. oben B 5)0). 
e) Den Gegensatz zu den legitimen Wechseln bilden die Leerwechsel (gewöhnlich, 
aber unzutreffend Finanzwechsel oder gar Pensionswechsel genannt), d. h. die- 
jenigen, „deren Grundlage keine gegenwärtige oder zukünftige Produktion oder kein eben- 
solcher Absatz in Industrie, Landwirtschaft oder Handel bildet, und die auch nicht behufs Mobi- 
lisienung eines hieraus oder aus einem sonstigen Grunde bereits bestehenden Guthabens ge- 
zogen sind.“ Sie sind vom Reichsbankdiskont ausgeschlossen. 
fo Kommanditwechsel, die von einer Firma auf sich selbst vom Orte emer ihrer 
Niederlassungen auf eine ihrer Niederlassungen an einem andern Ort gezogen werden. 
: Näheres bei R. Ehrenberg im HW. d. Staatswiss., 2. Aufl., I S. 1039 ff. — Über 
die Devisen- und Geldarbitrage (Sansionen) oßl. Buchwald S. 253 ff., 261; Leitner 
S. 296, 478; Rießer S. 169; Suntych S. 81 ff. 
„| Breit S. 127. 
* Bal. Rießer S. 229. 
* Rießer S. 216 N. 2, 224, 226. 
* Lehmann S. 591. Rießer S. 218f. Leitner S. 49, 280, 283, 304, 307. Schau- 
wecker S. 9 f. Jubiläumsbericht der Reichsbank S. 78. Über Fakturenwechsel ogl. unten S. 163 . 1. 
* Rießer S. 219; vgl. auch S. 170 u. Schauwecker S. 10. 
 
	        
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