12 Otto v. Gierke.
daß unter den einzelnen aufgezählten Geschäften, deren gewerbemäßiger Betrieb ohne weiteres
zum Kaufmann macht, sich keine Verträge über unbewegliche Sachen befinden, und daß Grund-
stücke niemals als Waren gelten. Ist aber jemand Kaufmann — und er kann es auch sein,
wenn Verträge über unbewegliche Sachen den Hauptinhalt seines Geschäftsbetriebes bilden —,
so macht die Zugehörigkeit zu seinem Betriebe auch Grundstücksgeschäfte zu Handelsgeschäften.
Auch die Ausnahme in Ansehung der Veräußerungen von Handwerkern ist gestrichen. Nur
dadurch wird das subjektive Prinzip abgewandelt, daß die Regel des alten HGB. beibehalten,
wenn auch durch zahlreichere Ausnahmen durchbrochen ist, nach der im handelsgeschäftlichen
Verkehr zwischen Kaufleuten und Nichtkaufleuten auch auf den Nichtkaufmann das Handels-
recht Anwendung findet.
2. Umfang des Handelsbegriffs. Das Handelsrecht, das ursprünglich nur
für den Handel im wirtschaftlichen Sinne galt, ist mehr und mehr auf andere Gewerbebetriebe
ausgedehnt. Damit sind zahlreiche Gewerbetreibende, die im Sinne des Lebens Kaufleute
nicht sind, im Sinne des Rechts zu Kaufleuten geworden. So schon nach dem alten HG.
die meisten Fabrikanten, viele Handwerker (diese freilich nur halb) und zahlreiche Unternehmer
von Hilfsgewerben. Ferner nach späteren Gesetzen bestimmte Genossenschaften, die ihrer
Form wegen auch dann Kaufleute sind, wenn sie Handel im wirtschaftlichen Sinn nicht treiben.
Endlich hat das neue H#G. nicht nur an diesen Kategorien mit einigen ÄAnderungen und unter
Beseitigung der Einschränkung für Handwerker festgehalten, sondern den Kaufmannsbegriff
auf eine unbestimmte weitere Klasse von Gewerbetreibenden erstreckt, die im wesentlichen den
gesamten kaufmännisch eingerichteten Großbetrieb umfassen soll.
Literatur: Thölls25 ff. Goldschmidt, Handb. 158 40 ff. Behrend l##22ff. —
G. Wendt, Die Tragweite des Art. 275 des HGB., 1882. Marcuse, Begriff und Arten
der Verträge über unbewegliche Sachen im Sinne des HGGB. Art. 275, 1884. Pollitzer, Das
Verhalten des AdHG. zum Immobiliarverkehr, 1885. — K. Lehmann 313—14, 21. Gareis
§ 6—10. Cosack K 6.
Zweites Buch.
Handelspersonenrecht.
Erstes Kapitel.
Die Kaufmannseigenschaft.
§ 12. Die Kaufmannseigenschaft überhaupt. „Kaufmann"“ im Sinne des HGB.
ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1). Der Kaufmannsbegriff des HG#. ist für
das öffentliche Recht (z. B. Steuergesetze, Bildung von Handelskammern) nicht maßgebend.
Die Kaufmannseigenschaft entsteht durch die Tatsache des Betriebes eines Handels-
gewerbes. Während nach dem früheren Handelsrecht Kaufmann nur war, wer befugterweise
Handel trieb, ist nach altem und neuem H#B. (Art. 11, §+ 7) auch Kaufmann, wer verbots-
widrig ein Handelsgewerbe betreibt. Manche Gewerbebetriebe aber werden nach dem neuen
HGB. erst durch Eintragung zum Handelsgewerbe.
Erforderlich ist der Betrieb durch ein rechtsfähiges Wesen (Einzelperson, juristische
Person oder Personeneinheit). Geschäftsfähigkeit ist nicht erforderlich.
Erforderlich ist fermer, obschon das Gesetzbuch dies nicht ausdrücklich sagt, Betrieb in
eignem Namen. Kaufmann ist nur der Gewerbeprinzipal; nicht der Gehilfe, nicht das
bloße Organ (z. B. der Vorsteher einer Aktiengesellschaft), nicht der bloß mit einer Vermögens-
einlage an fremdem Geschäft Beteiligte (z. B. der stille Gesellschafter), nicht das Mitglied einer
kaufmännischen Verbandsperson. Kaufmann ist aber jeder Prinzipal; auch der bloße Mit-
prinzipal (daher nicht bloß der offene Gesellschafter, sondern auch, obschon dies stark bestritten