Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

180 Georg Cohn. 
§ 18. Die Wechselverjährung. 
1. Die strengen und oft weitverzweigten Wechselverbindlichkeiten bedürfen einer kurzen 
Verjährung; insbesondere gilt dies für die Regreßschuldner, zumal dort, wo, wie in Deutsch- 
land, die Gesetzgebung das strenge (englische) Notifikationssystem abgelehnt hat. 
2. Die Wechselverjährung ist kein Prozeßinstitut, sondern gehört dem materiellen Rechte 
an; maßgebend ist daher das Gesetz des Erfüllungsorts: für die direkte Schuld (des Akzeptanten 
oder Eigenwechselausstellers) das Gesetz des Zahlungsorts, für die Regreßschuld das Domizil 
des einzelnen Regreßpflichtigen. Nach englisch-amerikanischem Recht gilt dagegen die lex fori #½. 
3. Die Wechselverjährung ist keine bloße Präklusivfrist (anders in Rußland, Art. 73), sonderm 
eine Unterart der Verjährung. Sie ist, was streitig, nicht von Amts wegen zu berücksichtigen. 
Ein im voraus geleisteter Verzicht oder eine Verlängerung ist unzulässig, eine Verkürzung 
dagegen statthaft. Soweit nicht die Wechselordnung Besonderheiten enthält, gelangen §§ 202 ff. 
BG#. zur Geltung. 
4. Die Verjährungsfrist ist in der englischen und französischen Gruppe, sowie in Belgien, 
Serbien und auch mehreren Ländem der deutschen Gruppe : eine einheitliche von sechs resp. 
fünf, vier oder drei Jahren gegen alle Wechselverpflichteten; jedoch tritt in Frankreich, Belgien, 
Italien sowie in vielen anderen Staaten zu den Bedingungen des Regreßrechts neben den Protest 
noch die Anstellung der Regreßklage binnen einer kurzen geographisch abgestuften Präklusiv- 
frist? von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren. 
Die deutsche Wechselordnung unterscheidet zwischen dem direkten Anspruch und dem 
Regreßanspruch (A. 77—80); ihr folgen auch hierin Osterreich, Ungarn, die Schweiz, 
Skandinavien, Japan, Bosnien, Bulgarien und Finnland, sowie der Haager Entwurf Art. 82. 
Der direkte Anspruch auf Zahlung (gegen Akzeptanten und Eigenwechselaussteller) 
verjährt in drei Jahren vom wechselmäßigen Verfalltage an (und zwar auch zugunsten der 
Regreßpflichtigen), in Rußland in fünf Jahren. 
Der Regreßanspruch verjährt — je nach der geographischen Zone, in welcher (bei dem 
Regreß des letzten Inhabers) der Zahlungsort resp. (bei dem Remboursregreß des Indossanten) 
der Wohnort des Regreßnehmers liegt — in 3, 6 oder 18 Monaten (nach Schweizer Recht in 
1, 3 oder 12 Monaten, nach skandinavischer WO. in 6 und 12 Monaten, in Rußland in einem 
ganzen resp. halben Jahre). Die erste Zone umfaßt Europa mit Ausnahme Islands und der 
Faröer, die zweite Zone Asiens und Afrikas Küstenländer und Inseln des Mittelländischen und 
Schwarzen Meeres, die dritte Zone alle übrigen Gebiete; nach Schweizer Recht umfaßt die 
erste Zone nur die Schweiz, die zweite Zone die sonstigen Länder der ersten und zweiten Zone 
des deutschen Rechts. In Japan und nach dem Haager Entwurf verjährt der Regreßanspruch, 
ohne Abstufung nach der Entfernung, in 6 Monaten. 
Die Regreßverjährung beginnt gegen den letzten Inhaber mit dem Protesttage, gegen 
einen bereits in Anspruch genommenen Indossanten mit dem Tage seiner Zahlung oder der 
Behändigung der Regreßklage resp. Ladung. 
Der Anspruch gegen den Ehrenakzeptanten verjährt, was freilich sehr bestritten, nicht, 
wie der des gewöhnlichen Akzeptanten, in drei Jahren, sondern, da es sich um eine Regreß- 
schuld handelt, in drei Monaten 5. 
5. Unterbrochen wird die Wechselverjährung im Deutschen Reich (nach Aufhebung 
des Art. 80 der WO.) in Gemäßbheit der 88 208 und 209 BG#., mithin nicht nur durch 
Klageerhebung (früher durch Klagebehändigung) und deren fünf Surrogate (Zahlungsbefehl- 
zustellung, Anmeldung im Konkurse, Kompensation im Prozesse, Streitverkündigung und 
1 Meili II S. 356; Späing S. 224 N. 11. Vgl. auch Meyer I S. 658. 
9 u45 Italien, Rumãnien Portugal, Peru, Venezuela, San Salvador. Vgl. Trumpler 
* Grünhut II S. 539 N. 1 a u. 546 N. 13. Trumpler S. 120. 
* Wieland Z. 68 S. 377. Meyer I S. 521. 
So J. u. M. Stranz Art. 77 A. 6G Staub-Stranz Art. 60 A. 6, Lehmann 
S. 702. Weine, in der vorigen Auflage ausgesprochene Ansicht g ich icht mehr aufrecht er- 
balten. — A. M. freilich Grünhut, Gareis, Cosack, Staub
	        
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