Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Wechsel- und Scheckrecht. 183 
Ausgeschlossen ist hiernach die Bin dikation gegenüber dem formell Legiti- 
mierten, der im guten Glauben und ohne grobe Fahrlässigkeit den Wechsel erworben hat 
(A. 74 1); das gilt auch, was man zu Unrecht bestritten hat, gegenüber dem Remittenten. 
Für den Ausschluß der Vindikation ist es auch gleichgültig, ob der gutgläubige Inhaber 
den Wechsel ohne Valuta erworben hat; anders im englischen Recht, dem zufolge nur 
der gutgläubige, legitimierte und zugleich entgeltliche Erwerber (holder in due coume) 
zum Eigentümer des Wechsels, auch des gestohlenen, wird. Für die Ausschließung des guten 
Glaubens stellt übrigens England, wie Rußland, die grobe Fahrlässigkeit dem dolus nicht gleich . 
Der Vindikationsanspruch ist zedierbar. 
§ 21. Klagen und Einreden. 
I. 1. Wechselklagen sind nur die Klagen des legitimierten Inhabers eines form- 
richtigen Wechsels gegen Unterzeichner eines Wechselversprechens (Aussteller, Akzeptanten, 
Indossanten, Avalisten). Sie gehen auf Zahlung oder Sicherstellung und haben die Skriptur- 
obligation zur Grundlage; eine Aufdeckung des der Skriptur zugrunde liegenden Rechtsverhält- 
nisses seitens des Klägers ist nicht erforderlich. 
2. Die Wechselklage kann in Deutschland nach Wahl des Klägers entweder im ordentlichen 
Prozesse oder im Wechselprozesses (3PrO. I#s 602 ff.) angestellt werden. Letzterer ist 
eine Art des Urkundenprozesses, von dem er sich wesentlich nur durch die kurze Einlassungsfrist, 
den Gerichtsstand und die Bezeichnung der Klage unterscheidet #. Sämtliche zur Begründung 
des Anspruchs erheblichen Tatsachen sind durch liquide Urkunden zu begründen; zur Be- 
gründung der Einreden sind nur Urkunden und Eid geeignet. Auch im ordentlichen Prozeß 
unterliegen die Wechselklagen dem ganzen materiellen Wechselrecht. Der Wechselprozeß ist 
mit der Wechselklage nicht identisch; er ist für die Ansprüche auf Zahlung und (trotz § 592 
3ZPPO.) auch auf Sicherstellung zulässig, aber nur für diese. 
Die Vorlegung des Wechsels oder des Amortisationserkenntnisses kann vom Verklagten 
gefordert werden. Die äußere Formrichtigkeit des Wechsels ist von Amts wegen zu prüfen. 
3. Die Wechselklage ist entweder die direkte gegen die Hauptverpflichteten (Akzeptanten, 
Aussteller des Eigenwechsels und deren Avalisten) oder die Regreßklage gegen die Wechsel- 
garanten (Indossanten, Trassanten, Ehrenakzeptanten und deren Avalisten). Die Regreß- 
klage hat den von Amts wegen auf seine Formrichtigkeit und Rechtsgültigkeit zu prüfenden 
Protest in der Regel zur Voraussetzung; hierin stand bis zur Protestnovelle der Regreßklage 
die direkte Hüage aus dem domizilierten Wechsel gleich; jetzt bedarf es für letztere des Protestes 
nicht mehr. (A. 44 u. 99.) 
4. Alle Wechselschuldner sind solidarisch verpflichtet; ihre Verpflichtung erstreckt sich auf 
alles, was der Inhaber wegen Nichterfüllung der Wechselverbindlichkeit zu fordern hat. Die 
Wechselklage kann wegen der ganzen Forderung gegen alle oder auch nur einen oder einige 
Der Schutz des Art. 74 WO. reicht viel weiter, als der Schutz des gutgläubigen Erwerbers 
von beweglichen Sachen und Inhaberpavieren nach J 932 BGB. und § 366 HGB.; denn der 
gutgläubige Erwerb des Wechsels heilt alle Mängel des materiellen Erwerbvertrags, insbesondere 
auch die Mängel der Geschäftsfähigkeit und, was streitig, der Vertretungsmacht des Veräußerers. 
Vgl. Langen, Kreationstheorie S. 92, Lehmann S. 551 u. 665, Staub-Stranz 
A. 74 Anm. 3, Adler S. 60 ff., Meyer I S. 605, Cosack S. 229, Rehbein - Mans- 
feld A. 74 A. 1za. M. Düringer-Hachenburg 2. Aufl. II S. 590 zu § 365 IVHGB. 
Jacobi, Wertpapiere S. 72 ff. Vgl. auch Leist, Privatrecht und Kapitalismus S. 133 ff. 
*„ Trumpler S. 37, 98 u. 142. Meyer I S. 607, wo auch die Streitfragen des 
französ. Rechts erörtert sind. 
* Stein, Der Urkunden= u. Wechselprozeß, 1887. Rehbein -Mansfeld S. 177 ff. 
und dort Zitierte. Historisch Goldschmidt S. 460, Thöl S. 805 ff., Biener, Bechsel- 
F#ctl Albbb S. 27, 74 ff., 352, (Liebe), Die DWO., Einleitung S. 33 ff.; vgl. auch oben #2 
J. 5 .. 
««lbetdasschottifcheVerfahrenWiesummakyenkokcomentokabilloknote,summaky 
einigem-»vgl.Chalmers,ExplanationS.65undBorchatdt(beieinsheiner, 
Engl.W-O.,sect.98,S.105N.5),fowieBakclayetDainvillo,Efetsde-commekco 
dans le droit anglais, 1884, S. 190 ff. — Über spanisches Recht (Wechsel samt Protest als 
erxekutorische Urkunden) vgl. Kohler, Prozeßrechtliche Forschungen S. 126. — Über die 
englische Keating's Act v. 1855 vgl. Loyd S. 15.
	        
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