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der Wechselverpflichteten angestellt werden; bis zur Bewirkung der ganzen Leistung bleiben
alle verpflichtet; es steht in der Wahl des Inhabers, welche Verpflichteten er zuerst in Anspruch
uehmen will (Art. 49, 81).
5. Gegen mehrere Wechselverpflichtete kann die Wechselllage nach Wahl des Klägers am
Gericht des Zahlungsorts oder auch an jedem Gericht angestellt werden, bei welchem einer der
Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (5 603 3PO.).
II. Der Verklagte kann die Verteidigung durch bloße Negation, besonders durch Be-
streitung der Echtheit der Unterschrift, führen; die nicht bestrittene Unterschrift gilt als echt an-
erkannt; der Kläger kann im Wechselprozeß den Beweis der bestrittenen Echtheit nur durch
Urkunde oder Eideszuschiebung führen.
Die Verteidigung durch Einreden ist äußerst beschränkt. Jedem gegenüber wirken
nur solche Einreden, welche „aus dem Wechselrecht selbst hervorgehen“; dazu gehören jeden-
falls solche, die sich unmittelbar auf die Normen der Wechselordnung oder der sonstigen Wechsel-
rechtsquellen (vgl. oben §& 2 III) gründen, z. B. Wechselunfähigkeit, mangelnde Form, Fälschung,
Verjährung, Protestunterlassung, wechselmäßige Quittung, Deposition, Kraftloserklärung, Giro
ohne Obligo, unterbrochene Girokette (sog. objektive oder absolute Einreden).
Dagegen wirken die meisten anderen nur persönlich (Einreden, die dem Schuldner „gegen
den jedesmaligen Kläger unmittelbar zustehen“, Art. 82), d. h. sie wirken nur gegen denjenigen,
im Verhältnis zu welchem sie entstanden sind. Zu diesen nur persönlichen oder rela-
tiven (subjektiven) Einreden gehören u. a. Zahlung resp. Zahlungssurrogat ohne wechsel-
mäßige Quittung, Kompensation, Kontokorrent, Stundung, Erlaß, Gefälligkeitszeichnung,
mangelnde Valuta, Willensmängel (Simulation, Irrtum, Betrug, Furcht), Einreden aus dem
zugrunde liegenden Geschäfte:, wie Wucher, Spiel, Differenzgeschäft. Auch hier ist vieles streitig.
Diese persönlichen Einreden versagen gegenüber dem gutgläubigen Indossatar,
dem der gutgläubige Erwerber durch Blankotradition gleichsteht; denn diese erwerben nicht
abgeleitete, sondern selbständige Rechte gegen den Wechselschuldner, der durch seine Unterschrift
die skripturmäßige Leistung kraft der ausdrücklichen oder gesetzlich subintelligierten Orderklausel
auch ihnen direkt versprochen hat. Dagegen wirken sie gegenüber einem etwaigen zivilrecht-
lichen Nachfolger (Zessionar und Erben), auch gegen wechselrechtliche anomale Rechtsnach-
folger, insbesondere gegen fiduziarische, nachprotestliche und bösgläubige Erwerber. Bös-
gläubigkeit liegt, was freilich umstritten, nicht schon dann vor, wenn der Inhaber den
Wechsel in Kenntnis des Bestehens der Einrede aus der Person seines Vormanns erwarb,
sondern nur dann, wenn er sich auch dessen bewußt war, daß der Wechselschuldner durch
die Abschneidung der Einrede geschädigt werden sollte (Kollusion, exceptio doli).
Diese Abschneidung der Einreden aus der Person des Vormanns gegen gut-
gläubige Inhaber findet sich auch im französischen und englischen Wechselrecht 2. Sie bildet
die materielle Wechselstrenge (doch wird oft auch die Solidarität der Wechsel-
schuldner unter diesem Namen mitverstanden ). Jene Abschneidung ist „die Seele des Wechsel-
rechts“ (Wieland), „a regie la plus dure et la plus importante de toutes“ (Thaller).
Sie befähigt den Wechsel zum Zahlmittel, gefährdet freilich in hohem Maße den Wechselschuldner,
der auf die Wechselklage sofort zahlen muß und sich nur durch zivilrechtliche Klagen (condictio.
actio doli) vom Indossanten Ersatz verschaffen kann. Es bedarf aber „dieser Härte, wenn der
Wechsel selbst so hart werden soll, wie Gold und Silber“ (Munzinger)).
Zur materiellen Wechselstrenge tritt im eigentlichen Wechselprozeß noch die
formelle oder prozessuale. Sie besteht jetzt in der kurzen Einlassungsfrist, in der Aus-
schließung von Widerklage, Editionsgesuch, Handschriftenvergleichung und Zeugenbeweis (unter
Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten in einem nachfolgenden ordentlichen Ver-
Vgl. besonders Langen, Kreationstheorie S. 141 ff.
?* Vgl. die Kommentare zu A. 82, sowie Cosack S. 227 u. 252 ff. K. Lehmann . 697 ff.
* Trumpler S. 152 ff. Thaller, Traité 61. d. dr. comm. Nr. 1287 Z. 5
* K. Lehmann S. 591 versteht unter materieller Wechselstrenge die Garantiefunktion
des Indossaments vgl. jedoch Grünhut I S. 2 N. 2; oben 3 1.
Bgl. auch schon die ntscheid. d. Leipz. Fakultät v. 1764 (bei Alex. Leist S. 102). Bgl.
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