Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

190 Georg Cohn. 
lösung unermächtigt gezogener Schecke) gefolgert werden. Meist aber wird er schriftlich und 
unter Ubergabe des Scheckbuchs geschlossen; er tritt oft als Nebenabrede einem Deposital- 
Krediteröffnungs= oder Kontokorrentvertrage hinzu. Der Scheckvertrag bestimmt die Art und die 
Grenzen der Scheckziehung; im Zweifel kann der Aussteller über sein ganzes Depot oder sonstiges 
Guthaben Schecks ziehen, und zwar in beliebigen Raten (Zerstücklungsbefugnis). Erhaltung 
einer unangreifbaren Resewe (a good balance) oder UÜberschreitung des Guthabens (Über- 
ziehung, Ziehung auf Kredit) muß vereinbart sein. 
II. Nutzen. Der Schecherkehr ist für die Privat= und Volkswirtschaft von hohem 
Nutzen. „Der Inhaber eines Scheckkontos braucht nur die für den Kleinverkehr täglich nötigen 
Münzen zu Hause zu halten. Die Sorge für die Aufbewahrung und Verwaltung der größeren 
Bestände nimmt ihm die sein Konto führende Bank ab. Er ist keiner der Gefahren ausgesetzt, 
die mit der ÜUbemahme, Ubergabe und Ausbewahrung von Geldsummen verknüpft sind (wie 
Irrtum, Betrug, Unterschlagung, Diebstahl, Feuersgefahr). Die noch höhere Bedeutung dieses 
Systems liegt aber darin, daß bei der Begleichung von Zahlungsverbindlichkeiten die baren 
Gelder aus den Privatkassen der Inhaber eines Scheckkontos herausgeholt und zur Verwertung 
für den Geldumlauf nutzbar gemacht werden. Das Geld bleibt somit dem Verkehr erhalten.“ 1 
Noch nützlicher wird der Scheckverkehr für die Allgemeinheit durch seine Verbindung mit dem 
Abrechnungs= und Giroverkehr. — DerScheck st Zahlungsmittel, weder Umlaufs= noch Kreditmittel?. 
III. Geschichtliches. Es fehlt nicht an Versuchen, wie dem Wechsel auch dem Scheck 
ein sehr hohes Alter zuzuschreiben 3; sichere Beweise ließen sich für Geldschecks wenigstens 
bisher nicht erbringen . Nur als Vorläufer kann man die im 13., 14. und 15. Jahr- 
hundert vielfach als Zahlung gegebenen AUnweisungen und Quittungen der öffent- 
lichen Machthaber (englischer, sizilianischer und deutscher Könige, Fürsten, Städte 5) auf ihre 
Schuldner und Schatzkammerbeamten betrachten. Die Verfügungen der englischen Normannen- 
könige über die Gelder ihrer Schatzkammer (scaccarium, erchequer!)) hießen „brevia 
de liberate“, später bills ce scaccario. Der Exchequer gab auch seinerseits Anweisungen auf 
seine Untereinnehmer in Zahlung, sog. tall ys of pro, eine Abart der Kerbhölzer7. Wirk- 
liche Anweisungen von Behörden resp. Privaten auf ihr Bankdepot begegnen zuerst in Genua 
1342, dann in Palermo 1416, Mcssina 1543, Neapel 1573, Mailand 1593. Sie führen ver- 
schiedene Namen, wie polizze dei Banchi, apoca banco directa, apodixa banci, cedole per 
cartulario; Girierung ist seit 1560 nachweisbar. Von Ztalien scheint das Institut zunächst nach 
den Niederlanden, Antwerpen 1608 (bewijsinge) und Amsterdam (kassiersbriefje), von da nach 
England gelangt zu sein. Dort deponierten die Kaufleute nach 1640 ihr Metallgeld bei den 
So Denkschrift über die Einführung des Postscheckverkehrs (Anl. XIV. A. des Entw, eines 
Ges. betr. die Festsetzung eines Reichshaushaltsetats für das Rechnungssahr 1900 (bei Breit), 
Kommentar in Handelsges. des Erdballs XIII Abt. 2 S. 1131. 
Über Nutzen u. Gefahren des Schecksystems, sowie über das Verhältnis zu Wechsel, Giro- 
anweisung u. Banknote vgl. HW. der Staatswiss. 2. Aufl. S. 21 ff., jetzt Lexis ebendas. 
3. Aufl. VII S. 237 ff., auch Heilfron, Geld-, Bank= u. Börsenrecht, 2. Aufl., 1912 S. 47 ff. 
* Vgl. ZVerglK. 1 S. 117 ff., Endemann, Handb. d. HR. III S. 1137 N. 5 u. 6, 
und die im HWB. d. Staatswiss., 3. Aufl., VII S. 235 ff. Z. 11 zitierten Schriftsteller, sowie 
Freundt, Wertpapiere im antiken usw. Recht, 1910, II S. 193 ff. Näheres in meinem dem- 
nächst erscheinenden Lehrbuch des Scheckrechts. 
* Das erkennt Preisigte, Girowesen im griechischen Agypten, Straßbg. 1910, S. 209 
bei N. 1 an; dagegen sind schriftliche Korn-Giroanweisungen und Korn-Schecks im Getreide- 
speicherverkehr des griech. u. römischen Agyptens in großer Anzahl auf uns gekommen:; eine sichere 
Auslegung des Worts #r#rizzos, in dem Schubart eine Art Bankscheck vermuntet, läßt 
sich nach Preisigte a. a. O. noch nicht feststellen. 
* Agl. Freundt, Wechselrecht der Protglossatoren, 28 u. 32, Z. f. v. RW. 11 S. 132. 
In den Züricher Stadtbüchern II S. 105 ist ein sog. QOuitbrief des römischen Königs Sigis- 
mund zugunsten seines Protonotars erwähnt. — Agl. Handwörterb. d. Staatswiss. VII S. 217. 
*Vgl. Liebermann, Einleitung in den Dialogus iie scaccario, Dissert., Göttg., 1875. 
Brunner, Gesch. der engl. Rechtsquellen, S. 26, 371, 64 ff. Lotz, Das Aufkommen der Geld- 
wirtschaft, 1908, S. 9 ff. Fehr, Die Sprache des Handels in Altengland, St. Gallen 1909, 
S. 34 ff. 
?*? v. Kostanecki, Der öffentliche Kredit im Mittelalter, 1889, S. 36 ff., 82 ff., 117. Fehr 
a. a. O. S. 39 ff., 53, 56 u. 81 ff.
	        
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