Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

214 Trumpler. 
4. Zeit- und Kassegeschäfte. 
a) Kassegeschaͤfte. 
Je nachdem die Erfüllung des Geschäftes sogleich nach Vertragsabschluß oder zu einer 
späteren Zeit zu erfolgen hat, unterscheidet man Kasse- und Zeitgeschäfte 1. Solche Geschäfte 
sind begrifflich in allen oben angegebenen Geschäftszweigen der Fondsbörse mäöglich, in der 
Hauptsache handelt es sich dabei aber um Geschäfte in Effekten. Die Erfüllung der Kasse- 
geschäfte erfolgt ebensowenig wie die der Zeitgeschäfte an der Börse selbst, vielmehr sind in 
allen Fällen die verkauften Wertpapiere usw. dem Käufer gegen Zahlung des Kaufpreises in 
dessen Geschäftslokal abzuliefern (Berliner Bedingungen §§ 2, 3, Frankfurt § 9 Abs. 1). An 
den größeren Plätzen bestehen besondere Institute, welche sich speziell mit dem Inkassoverkehr 
befassen, wie in Berlin die Bank des Berliner Kassenvereins, in Frankfurt die Frankfurter Bank. 
Hier werden die betreffenden Werte bei der Bank eingeliefert, die bei dem Käufer den Rechnungs- 
betrag einzieht. Soweit die Beteiligten bei der Bank des Berliner Kassenvereins ein Giro- 
effektenkonto besitzen, kann die Lieferung durch Ubertragung mittels (roten) Effektenschecks 
erfolgen. Die Erfüllungszeit bei Kassegeschäften ist verschieden, ie nachdem es sich bei dem 
Geschäft um Geldsorten, Wechsel, Papiergeld oder um Wertpapiere, Zins- und Gewinnanteil- 
scheine handelt. Bei ersteren drei Haftungen hat die Erfüllung noch am Nachmittage des 
Abschlußtages, bei letzteren erst am Vormittage des folgenden Werktages zu erfolgen 
(Berliner Bedingungen § 13, Frankfurter § 4). Ein wichtiger Unterschied zwischen Kasse- 
und Zeitgeschäften besteht in der Normierung der Verzugsfolgen. Für Kassegeschäfte sind 
diese nämlich im Anschluß an § 326 BGB. dahin geregelt, daß der nicht säumige Teil, 
wenn er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten 
will, dem anderen Teil eine angemessene Nachfrist setzen muß 2. 
b) Zeit (Termin)-geschäfte 1. 
a)Die Abwickelung (Liquidation, Regulierung) der Zeitgeschäfte. 
Das Wesen des Zeitgeschäfts besteht darin, daß die Kontrahenten sich gegenseitig die von 
ihnen zu bewirkenden Leistungen bis zu einem späteren Termin kreditieren. Beiden Kontra- 
henten wird dadurch die Möglichkeit gegeben, zwischenzeitliche Preisschwankungen zu benützen: 
Der Käufer kann bis zu dem Termin die gekaufte Ware weiter verkaufen, der Verkäufer kann 
die „in blanco“ verkaufte Ware bis dahin „eindecken“. Die besonderen Einrichtungen, welche 
für das börsenmäßige Zeitgeschäft, „das Börsentermingeschäft“, an den verschiedenen Börsen 
bestehen, ermöglichen nun, daß die Erfüllung des Geschäfts unmittelbar zwischen denjenigen, 
die lediglich gekauft bzw. verkauft haben (erste Verkäufer bzw. letzte Käufer) erfolgt, so daß für 
die Zwischenglieder der Kette lediglich die Differenz von Einkaufs- und Verkaufspreis in Be- 
tracht kommt. Es muß also bei dem Börsentermingeschäft der Käufer nicht unbedingt die 
Mittel zur Bezahlung des gesamten Kaufpreises, der Verkäufer nicht unbedingt die Mittel zur 
Beschaffung der vorverkauften Waren aufbringen. Darin liegt andererseits aber die Gefahr des 
Börsentermingeschäfts, denn es wird dadurch auch weniger kapitalkräftigen Kreisen ermöglicht, 
am Handel bzw. an der Spekulation teilzunehmen. Dazu kommt ein weiterer Umstand, der 
die Zeitgeschäfte für die Zwecke der Spekulation besonders geeignet macht: die Geschäfte werden 
in gewissen Mindestbeträgen und einem Vielfachen hiervon abgeschlossen: im Warenverkehr wird 
1 Zeitgeschäft im Rechtssinne ist jeder gegenseitige Vertrag, bei welchem die Leistung des 
einen Teils nicht unmittelbar nach dem Abschluß, sondern zu einer späteren Zeit zu erfolgen 
hat (uvgl. BGB. § 361). Nach dieser Begriffsbestimmung würden auch die oben erwähnten Loko-, 
Import-= und Exportgeschäfte unter den Begriff des Zeitgeschäfts fallen. Im Börsenverkehr 
versteht man aber unter Zeitgeschäften nur die Termingeschäfte. 
: Die Erfüllung des Schadensersatzanspruches erfolgt auf dem Wege der Zwangsregulierung, 
auch Exekution genannt, d. i. (Deckungs-) Kauf bzw. (Selbsthilfe-) Verkauf durch Vermittlung eines 
Kursmaklers oder durch Selbsteintritt unter Liquidierung der Differenz vom Vertragskurs und 
dem offiziellen Kassekurs am Tage der Zwangsregulierung. Die Differenz ist demjenigen Teil, 
z dessen gunsten sie sich herausstellt, sofort zu zahlen (Berliner Bedingungen §§ 14, 19, Frank- 
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