Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Börsenwesen. 229 
gelegt, Börsentermingeschäfte in bestimmten Waren oder Wertpapieren zu verbieten. Durch 
das Gesetz verboten sind Börsentermingeschäfte in Anteilen von Bergwerks= und Fabrikunter- 
nehmungen, soweit sie vom Bundesrat nicht genehmigt sind. Der Bundesrat hat für eine 
Reihe der wichtigsten Bergwerks= und Fabrikunternehmungen die Genehmigung erteilt. 
Ferner sind durch das Gesetz Börsentermingeschäfte in Getreide und Erzeugnissen der Getreide- 
müllerei verboten. 
Die verbotenen Börsentermingeschäfte sind unwirksam. Der Umfang der Unwirksamkeit 
ist aber verschieden: Bei Börsentermingeschäften in Getreide und Erzeugnissen der Getreide- 
müllerei ist die Rücksorderung des Geleisteten während eines Zeitraumes von zwei Jahren seit 
Bewirkung der Leistung zulässig. Ist die Rückforderung vor dem Ablauf der Frist dem anderen 
Teil gegenüber schriftlich erklärt worden, so verjährt das Recht auf Rückforderung erst in 30 Jahren 
seit Bewirkung der Leistung. Bei den übrigen verbotenen Börsentermingeschäften findet da- 
gegen eine Rückforderung des Geleisteten nicht statt. 
Der Abschluß von verbotenen Börsentermingeschäften in Getreide und Erzeugnissen der 
Getreidemüllerei ist aber außerdem unter Androhung von Disziplinar= und sogar kriminellen 
Strafen verboten. Wer nämlich vorsätzlich ein solches verbotenes Börsentermingeschäft ab- 
schließt, hat eine Ordnungsstrase bis zu 10 000 Mk. verwirkt. Tiesem Ordnungsstrafverfahren 
widmet das Gesetz einen besonderen Abschnitt (§§ 71—87). Wer bercits zweimal zur Zahlung 
einer Ordnungsstrafe rechtskräftig verurteilt ist, wird, wenn er aus dem Abschluß von ver- 
botenen Börsentermingeschäften ein Gewerbe macht, mit Gefängnis und mit Geldstrafen bis 
zu 10 000 Mk. bestraft (§ 91). Die gleiche Strafe trifft denjenigen, der in gewinnsüchtiger Ab- 
sicht, um den Preis von Getreide oder Erzeugnissen der Getreidemüllerei im Widerspruche mit 
der durch die allgemeine Marktlage gegebenen Entwicklung zu beeinflussen, verbotene Termin- 
geschäfte oder Differenzgeschäfte abschlicßt (§ 92). 
Diese Bestimmungen haben bisher praktische Bedeutung nicht erlangt und werden sie auch 
kaum erlangen. Iusbesondere erscheint zweifelhaft, ob es überhaupt möglich ist, ein einzelnes 
verbotenes Börsentermingeschäft abzuschließen. Der Begriff des Börsentermingeschäfts setzt 
gerade voraus, daß ein Markt für solche Geschäfte vorhanden ist, also fortdauernd eine große 
Anzahl von derartigen Geschäften mit usancenmäßig bestimmtem Vertragsinhalt abgeschlossen 
werden, was jedoch in Anbetracht der gesetzlichen Bestimmungen kaum möglich erscheint. 
3. Handelsrechtliche Lieferungsgeschäfte in Getreide und 
Erzeugnissen der Getreidemüllerei. An Stelle des verbotenen Börsen- 
terminbandels hat das Gesetz eine andere Geschäftsform zugelassen, die dem Termingeschäft 
insofern ährlich ist, als es sich dabei gleichfalls um einen börsenmäßigen Zeithandel mit 
typischen Geschäftsbedingungen handelt. Es sind dies die sogenannten handelsrechtlichen 
Lieferungsgeschäfte, deren Abschluß unter folgenden Voraussetzungen gestottet ist: Es dürfen 
als Vertragschließende nur beteiligt sein Erzeuger oder Verarbeiter der betreffenden Waren 
sowie solche Kaufleute oder eingetragene Genossenschaften, zu deren Geschäftsbetriebe der 
Ankauf der Verkauf oder die Beleihung dieser Waren gehört. Ferner müssen die Geschäfte 
nach vom Bundesrat genehmigten Bedingungen abgeschlossen sein. Der wesentliche Inhalt 
dieser Bedingungen ist im Gesetz festgelegt (§ 67). Die diesbezügliche Bekanntmachung des 
Bundesrats ist unter dem 29. Mai 1908 (Reichsgesetzblatt S. 240 ff.) ergangen. 
Auf solche Geschäfte kommen die Bestimmungen des Börsengesetzes über den Börsen- 
terminhandel nicht zur Anwendung, es gelten vielmehr für sie lediglich die allgemeinen Be- 
stimmungen des BGB. bzw. des HGB. Um jedoch zu verhindern, daß die Geschäfte nach Art 
der Börsentermingeschäfte zum Börsenspiel benutzt werden, ist ausdrücklich bestimmt, daß das 
Geschäft wie ein verbotenes Börsentermingeschäft gemäß § 66 unwirksam sein solle, wenn es 
in der Absicht geschlossen wurde, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und 
dem Börsen= oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Teile an den gewinnenden 
gezahlt werden soll (§ 68)1. 
1 Über die Anwendbarkeit dieser den Differenzeinwand betreffenden Bestimmung (. S. 216.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.