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ist dann ein sogenannter informatorischer, d. h. er hat nur die Bedeutung der Aufklärung, so
daß, wenn ihn eine Partei versäumt, nur eben das wegfällt, was sie an Aufklärung bringen
könnte; mit anderen Worten, es ist ein Termin ohne Parteikampf und ohne die Folgen des
Parteikampfes.
Solche schriftlichen Erklärungen können an Fristen gebunden werden; ja, sie müssen es
vielfach, damit der Prozeß nicht in die Ferne schweift. Von besonderer Bedeutung sind ins-
besondere die Fristen der Rechtsmittel und die Frist der sogenannten sofortigen Beschwerde.
Aber auch sonst kann eine Frist nötig sein, z. B. um eine bestimmte Urkunde beizubringen, um
eine bestimmte Erklärung schriftlich zu geben (z. B. §+ 59, 89, 113, 554). Von diesen
Fristen gilt nun folgendes: Sind sie gesetzlich bestimmt, so können sie regelmäßig nicht richter-
lich verlängert werden 1. Sind sie sogenannte Notfristen, so kommt dazu, daß sie auch in den
Gerichtsferien (zwischen 15. Juli und 15. September) laufen, daß sie auch nicht durch Ver-
einbarung der Parteien verlängert werden können, und daß, wenn sie infolge unabwend-
barer Zufälle (höherer Gewalt) versäumt sind, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
möglich ist. Verschuldung des Anwalts ist kein unabwendbarer Zufall; in diesem Fall ist
leider keine Abhilfe gegeben: die Partei ist auf den Rückgriff gegen ihn verwiesen, was für
beide Teile bedränglich ist. Mit Recht hat übrigens das Reichsgericht den Begriff der un-
abwendbaren Zufälle bis an die Grenzen des Möglichen ausgedehnt (Bd. 48 S. 409). Vgl.
5223 f. Z8PO.
Handelt es sich um Fristen ohne gesetzliche Dauer, so werden sie gerichtlich festgesetzt;
dann können sie auch verlängert werden, durch Richterspruch wie durch Vereinbarung der
Parteien.
Mit Ablauf der Fristen entstehen Rechtslagen oder auch Rechte, so z. B. wenn das
materielle Endurteil durch Ablauf der Frist rechtskräftig wird.
3. Offentlichkeit.
& 28. Die Prozeßbetätigungen in der mündlichen Verhandlung sollen öffentlich ge-
schehen, sofem nicht ein besonderer Grund für den Ausschluß der Offentlichkeit spricht, was
insbesondere im Ehe- und Entmündigungsverfahren vorkommen kann, aber auch sonst wegen
Gefährdung der öffentlichen Ordnung, der Staatssicherheit oder der Sittlichkeit, — letztere
Gründe kommen aber fast nur im Strafprozeß in Betracht und können hier übergangen werden
(55 171 ff. GVG.). Offentlich will heißen: so, daß das Publikum zu solchen Verhandlungen
Zutritt hat.
Die Offentlichkeit muß beurkundet werden (5§8 159, 164 3 PO.).
Sie ist nicht Voraussetzung für die Gültigkeit des Verfahrens, aber ihr Mangel ist ein
Prozeßmangel, der durch Rechtsmittel geltend gemacht werden kann (5 551 Z. 6 3PO.).
Sie ist nur für Verhandlungen vorgeschrieben, nicht für Beweisaufnahmen, nicht für
Erörterungen im Vollstrecköngs- und Konkursverfahren; sie gilt, wenn es sich um Mehrheits-
gerichte handelt, nur vom Verfahren vor den erkennenden Kammern und Senaten, nicht von
dem Verfahren vor dem beauftragten Richter (§ 170 GVG.).
Die Beratungen und Abstimmungen sind bei uns nicht öffentlich (& 195 GV.); das gilt
in den meisten Staaten. Eine Ausnahme besteht in einigen Schweizcrkantonen und bei dem
Schweizer Bundesgericht.
Die Offentlichkeit kann auch nachträglich dadurch hergestellt werden, daß die Akten, d. h.
die bei dem Gerichte in der Prozeßsache erwachsenen Schriftstücke, zugänglich gemacht werden.
Eine Einsicht in dieselbe ist natürlich mit Einwilligung beider Parteien unbedenklich; sonst kann
sie der Vorstand des Gerichts (der Gerichtsbehörde) den Interessenten gestatten (§ 299 3P.).
Man spricht auch von Parteiöffentlichkeit und will damit sagen, daß die Parteikämpfe
und die Beweiserhebungen in Gegenwart der Parteien oder doch wenigstens nach erfolgter
Benachrichtigung geschehen sollen. Wichtig ist dies namentlich für die Beweiserhebung, vor
1 Doch gibt es Ausnahmen; so die Revisionsbegründungsfrist, die durch den Vorsitzenden
(nicht aber durch Parteivereinbarung) verlängert werden kann, 8 664 8PO.