Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Zivilprozeß- und Konkursrecht. 331 
nachträglich verworfenen Rechtsmittels. Diese Kosten verlangen eine besondere Behandlung: 
die Pflicht, sie zu ersetzen, ist nicht die allgemein bedingte Erstattungspflicht: vielmehr entsteht 
die Ersatzpflicht erst mit der Tätigkeit, welche diese Kosten herbeiführt. 
Die zivilprozessuale Kostenersatzpflicht kann im Zivilprozeß nur durch eine Bestimmung 
des Urteils zur Geltung gebracht werden, das regelmäßig über Kostenpflicht im allgemeinen 
erkennt, vorbehaltlich ihrer Liquidation; diese aber erfolgt nicht im besonderen Prozeß, auch 
erfolgt sie nicht durch neues Urteil, sondern sie erfolgt durch den Kostenfestsetzungsbeschluß. 
Die Festsetzung kann aber auch schon auf das Urteil gesetzt werden, falls die nötigen Unterlagen 
vorliegen, § 105. 
Zur Sicherung der Kostenerstattung gegenüber einem ausländischen Kläger besteht der 
Grundsatz, daß der Beklagte Sicherheit für die Kosten verlangen kann, ansonst der Prozeß nicht 
weitergeht, sondern durch absolutio ab instantia abgewiesen wird. Dies hat aber keine große 
Bedeutung mehr, da durch das Haager Ubereinkommen die meisten Staaten für ihre An- 
gehörigen die Kostensicherheit gegenseitig aufgehoben haben (§§ 110 f., Haager Abkommen vom 
17. Juli 1905, a. 11 f.), in einigen Fällen auch die Berner Eisenbahnkonvention a. 56. 
Verschieden von der Pflicht des Kostenersatzes ist die publizistische Pflicht der Gebühren- 
zahlung an den Staat. Von dieser wird derjenige einstweilen befreit, der zum Armenrechte 
zugelassen wird. Das Armenrecht ist eine notwendige Gabe, kann aber zum Nachteil des 
Mittelstandes sehr mißbraucht werden und ist darum nur zu erteilen, wenn die Rechtsverfolgung 
nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint (§ 114 Z8PO.) 1. 
VII. Prozeßverträge. 
§ 65. Auch im Prozeßverhältnis haben Verträge eine bestimmte Bedeutung, zwar nicht 
in der Art, als ob der Vertrag die Regeln des Prozesses umstoßen könnte: das ginge schon 
deshalb nicht an, weil im Prozeß die Macht des Gerichts mitbeteiligt ist und den Gerichten 
nicht beliebige Verfahrensgrundsätze aufgedrungen werden können. Wohl aber ist es nach 
einigen Richtungen hin, wo die öffentliche Macht keinen Abbruch erleidet, gestattet, durch Ver- 
einbarung eine Anderung im Prozeßverfahren herbeizuführen, insbesondere auch prozessuale 
Rechte und Rechtslagen zu schaffen?. So insbesondere kann der Gerichtsstand durch Zuständig- 
keitsvertrag (Prorogation) geändert werden, und zwar in der Art, daß neben dem gesetzlichen 
Gerichtsstand ein anderer Gerichtsstand wahlweise gesetzt wird; oder auch so, daß an Stelle 
des gesetzlichen ein anderer Gerichtsstand als ausschließlicher tritt; auch das ist möglich, daß 
von zwei wahlweisen gesetzlichen Gerichtsständen der eine durch den Vertrag ausgeschlossen 
ist, so daß der andere zum ausschließlichen wird. Solche Zuständigkeitsverträge sind nur gestattet 
in Vermögensstreitsachen, und auch hier sind die Fälle ausgenommen, in denen die Prozeß- 
ordnung einen Gerichtsstand als einen ausschließlichen erklärt. Im übrigen kann sich ein solcher 
Vertrag auch auf die sachliche Zuständigkeit beziehen: eine amtsgerichtliche Sache kann an das 
Landgericht gebracht werden und umgekehrt; dagegen nicht auf die Instanzordnung (5 38 
ZPO.): es ist den Parteien nicht gestattet, Instanzen umzukehren oder zu überspringen; wohl 
aber dürfen sie auf höhere Instanzen verzichten 7. 
In bezug auf das Beweisverfahren gibt es keine wirksamen Verträge, denn das Beweis- 
verfahren ist auf die Überzeugung des Richters angelegt und von der richterlichen Tätigkeit 
abhängig; auch ein Vertrag, daß gewisse Beweismittel ausgeschlossen sein sollen, kann nicht als 
zulässig betrachtet werden: man würde ein Mittel richterlicher Erkenntnis meistern oder aus- 
  
1 4ber die zweischneidige Folge des Armenrechts vgl. meinen Aufsatz in Aus Kultur und 
Leben S. 188. 
* Davon habe ich zuerst im Zusammenhange gehandelt in Gruchot XXXI, ausgenommen 
in „Gesammelte Beiträge“ S. 127 f. » 
: Also ist ein vorgängiger Verzicht auf Berufung und Revision möglich: er muß vertrags- 
mäßig erfolgen. In Familien-, vor allem in Ehesachen ist er aber als unzulässig zu betrachten wegen 
des sozialen Interesses, das hier im Spiele sei, RG. 26. 11. 1908 Entsch. 70 S. 60. Unzulässig 
ist auch ein vorgängiger Verzicht auf den Einspruch, wodurch jemand, der in die Lage kommt, 
einen Termin zu versäumen, wehrlos würde.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.