370 J. Kohler.
Rechtslagen entstehen aber insbesondere bei der Liegenschaftszwangsvollstreckung: so
durch den Beginn des Verfahrens im Versteigerungstermin; damit werden alle Rechte aus-
geschlossen, die nicht aus dem Grundbuch ersichtlich und bis jetzt nicht angemeldet worden sind
(585S 37 Z. 4, 66, 110 BVG., 325 Abs. 3 3 PO.); Rechtslagen entstehen durch ein Steigerungs
gebot, ein Übergebot und die Zulassung eines Übergebots (§§ 67 f., 71, 72 BVG.), durch den
Schluß der Verhandlung, sofem jetzt kein neuer Versteigerungstermin anberaumt werden kann
85 8PO..
Auch hier kann der Fall eines einheitlichen Rechtsverhältnisses mit einer Verfahrens-
mehrheit vorkommen; so insbesondere der Fall, daß ein Konkurs aufgehoben und später wieder
ermeuert wird (§§8 197 ff. KO.): in diesem Falle ist ein Konkursverhältmis vorhanden, aber
eine Zweiheit des Verfahrens. Vgl. S. 386.
Auch hier ist eine Rechtsnachfolge möglich; eine Unterbrechung des Verfahrens findet
hierbei nicht statt (vgl. 8 779 38PO., semer § 325 8PO. und §5 26 B3VG.)j; die Aussetzung aber
hat eine andere Bedeutung und geschieht aus besonderen, der Vollstreckung eigenen Gründen:
man spricht hier von Einstellung (und Aufhebung) §#§ 766, 769, 707, 719, 732, 775 u. a.
Wie eine Mehrheit von Prozessen, so kann auch eine Mehrheit von Vollstreckungsverhält-
nissen äußerlich vereinigt werden; handelt es sich um denselben Vollstreckungsgegenstand, so tritt
die Rechtsähnlichkeit der materiellen Streitgenossenschaft ein 1: die rechtliche Behandlung des
Vollstreckungsgegenstandes kann nur eine einheitliche sein, und im Widerstreitensfalle muß
dasjenige gelten, was den Vollstreckungszweck am meisten fördert.
Eine besondere Organisation der mehreren vollstreckenden Gläubiger findet im Konkurse
statt (Konkursgemeinschaft). Auch sonst gibt es Zwangsgemeinschaften in der Vollstreckung
(S. 402).
III. Geldvollstreckung.
1. Allgemeines.
8 94. Die Vollstreckung teilt sich in zwei wesentlich verschiedene Gruppen: Vollstreckung
zur Erlangung von Geld (Geldvollstreckung) und sonstige Vollstreckung. Die Geldvollstreckung
wirkt mit den Mitteln des Pfand= und Wertrechts; die sonstige Vollstreckung wirkt mit anderen
Mitteln.
Die Zwangsversteigerung bei Grundstücken wie bei beweglichen Sachen ist ein prozessua-
lisches Verfahren, das dem Zivilrecht nachgebildet ist und zu gleicher Zeit auch zivilrechtliche
Rechtslagen und Rechtsfolgen nach sich zieht, und doch zeigt sich hier in jeder Weise der prozessuale
Charakter. Die Tätigkeit des Gerichts, welches das geringste Gebot bestimmt und auch sonstige
Verkündungen macht, die Anmeldung von Rechten, die bei der Versteigerung zu berücksichtigen
sind, der Ausschluß im Falle der Nichtanmeldung, alles dieses hal prozessualen Charakter, ebenso
die Art und Weise des Bietens, das Verlangen nach Kaution, die Prüfung, die Erklärung, daß
eine Sicherheit erforderlich ist, die etwaige Zurückweisung eines Gebotes, die Zulassung eines
üÜbergebotes, — alles dieses geschieht in prozessualischen Formen und mit den Mitteln prozessua-
lischen Zwanges; ebenso der Zuschlag und alles, was damit zusammenhängt, endlich die nähere
Regelung über das Schicksal des Bargebotes.
Daraus ergibt sich auch von selbst: die Erklärung des Gerichts, wie die Erklärung der
Parteien sind als Prozeßerklärungen zu betrachten und etwaige Irrtümer oder Unstimmig-
keiten sind nicht nach den Grundsätzen der zivilrechtlichen Anfechtung, sondern nach den Grund-
sätzen des prozessualen Beschwerderechts zu behandeln.
Der Ersteher erwirbt daher die Sache auf Grund eines prozessualischen Verfahrens, das
allerdings ähnliche Wirkungen hat wie ein zivilrechtlicher Verkauf und eine zivilrechtliche Über-
tragung; darum bestimmt auch für die beweglichen Sachen der §8 806, daß wegen Mangels der
Sache oder wegen Mangels des Rechtes keine Gewährleistung vorkommt, und in 3 37 Z. 5 BVG.
: Vgl. Menestrina, accessione nell’ esecuzione (Wien 1900), und dazu meine Be-
sprechung in Z. f. Ziv.-Prozeß XXX S. 233.