Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

372 J. Kohler. 
auch gegen das Vermögen nur mit Aufrechterhaltung der Person, ihrer Lebensnotdurft und 
ihres Berufs; daher das Recht der sogenannten Kompetenze: gewisse Vermögensgegen- 
stände sind der Pfändung entzogen, weil ihre Pfändung einen Eingriff in unveräußerliche Rechte 
der Person enthielte, indem sie der Person das zum Leben oder zum Gewerbebetrieb Nötigste 
entzöge (§§ 811, 850 ff. ZPO.) 1; dahin gehören natürlich auch die zur Bestattung gehörigen 
Gegenstände (§ 811 Z. 13 B8PO.)2. 
Die Art der Pfändung unterscheidet sich nach der Art des Vollstreckungsgegenstandes. 
Bei körperlichen Gegenständen (Sachen) erfolgt sie durch eine Tätigkeit des Gerichtsvollziehers: 
Wegnahme oder Bezeichnung (Signierung) der Sache. Früher war die Wegnahme und Ver- 
bringung in ein Pfandlokal das Normale; dies läßt sich heutzutage nicht mehr durchführen und 
hat Unbequemlichkeiten und überflüssige Transportkosten zur Folge: darum wird es als Norm 
nur noch bei Sachen leichter Transportfähigkeit angewendet: bei Geld, Kostbarkeiten und Wert- 
papieren (§ 808 8PO.). Wird sodann von einem zweiten Gläubiger dieselbe Sache gepfändet, 
so geschieht dies einfach durch Erklärung zu Protokoll, daß die bisherige Pfändung sich auch auf 
den neuen Gläubiger beziehen soll, sogenannte Anschlußpfändung (§F 826 ZPO.). Der Besitz 
der gepfändelen Sache bleibt im Falle der Signierung dem Schuldner, im Falle der Verbringung 
in das Pfandlokal gehört er dem Staat. 
Daß der Gerichtsvollzieher nötigenfalls Gewalt anwenden, daß nötigenfalls polizeiliche 
und (vom Amtsgericht) militärische Hilfe herbeigerufen werden kann, versteht sich von selbst 
E 768 8 PO.)7. 
Bei Forderungen geschieht die Pfändung durch eine gerichtliche Erklärung an den so- 
genannten Drittschuldner (Schuldner des Schuldners), daß er nicht mehr an den Schuldner 
bezahlen soll (sogenanntes Arrestatorium), wozu noch ein Verbot an den Schuldner ergeht, daß 
er nicht mehr über die Forderung verfügen darf (Inhibitorium) "; und wenn es sich um eine 
Hypothekenforderungs handelt, so muß noch die Übergabe des Hypothekenbriefs bzw. die Ein- 
tragung ins Grundbuch hinzukommen. Mit der Zustellung des Arrestatoriums entsteht das 
gerichtliche Pfandrecht (& 829 f. BPO.). Die Forderungspfändung wird, wenn sodann der 
Gcgenstand der Forderung geleistet oder vollstreckungsweise weggenommen wird, zu einer 
Pfändung des Forderungsgegenstandes. Ahnlich verhält es sich mit der Pfändung von 
Gesellschaftsanteilen und Miterbteilen: hier gelten die Mitgesellschafter und Miterben als 
Drittschuldner (S§s 857, 859 ZPO.). 
Handelt es sich um unkörperliche Gegenstände, so geschieht die Pfändung durch bloßes 
Inhibitorium, d. h. durch bloßen Ausspruch an den Schuldner, daß er nicht mehr darüber ver- 
sügen darf (§ 857 ZPO.): durch Zustellung des Verbots entsteht das richterliche Pfandrecht. 
Das ist besonders wichtig bei Urheber- und Patentrechten; bei Patentrechten allerdings muß 
die Eintragung in die Patentrolle hinzukommen 7. Das gleiche gilt von der Pfändung einer 
Vermögensgesamtheit, z. B. eines Geschäftsunternehmens, welches sich in der Hand des 
Schuldners befindet ist: die Pfändung geschieht ebenfalls durch Inhibitorium. 
1 So schon das alte Recht; vgl. Auth. Frid. Agricultores zu c. 8 (8, 16), ja selbst schon 
das Recht von Gortyn (Kohler und Ziebarth S. 87). Auch nach den Statuten von COomo 
(1219) a. 258 dürfen Pflug, Ackergerät und zwei Ochsen nicht gepfändet werden, nach 
Chianciani (1287) a. 40 sind arma, panni de lecto et de dorso der Pfändung entzogen u. a. 
Nach einem neuen französischen Gesetz 4. 4. 1889 a. 11 dürfen Seidenwürmer während ihrer 
Arbeit nicht beschlagnahmt werden, auch nicht die ihnen nötigen Maulbeerblätter. 
sa 9* eß schon vorgekommen, daß ein Gerichtsvollzieher die Urne mit der Asche eines Toten 
gepfändet hat 
* Schon italienische Statuten sprechen von zwangsweiser Erbrechung der Tür, z. B. 
Teramo (1440) IV 152. 
Handelt es sich um ein Sparkassenbuch, so erfolgt die Pfändung nach §829, zur Sicherung wird 
aber auch das Sparkassenbuch gepfändet. Vgl. LG. Dresden 22. 12. 1908 S8 P. XXXIX S. 526 
(wo weitere Literatur). Die Pfändung des Buches kann natürlich auch dem 966 829 vorhergehen. 
* Oder um künftige Lwothelenzimsen., RG. 29. 6. 1910 Entsch e 74 S 
* RG. 7. 2. 1911 Entsch. 75 S. 79 (auch schon Entsch. 49 S. 400). 
7 Shioche des Patentrechts S. 178. 188. Hierher gehört auch die Pfändung der Eigentümer- 
hypothek, R. Entsch. 43 S. 427, 17. 12. 1904 Entsch. 59 S. 314 (Pfändung und Wegnahme des 
Hypothekenbriefs), 24. 10. 1906 Entsch. 64 S. 212. Hier zeigt sich viel unbrauchbare Scholastik.
	        
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