Zivilprozeß- und Konkursrecht. 373
Der Pfändung durch Arrestatorium oder Inhibitorium kann übrigens eine Vorpfändung
vorausgehen, indem die darin enthaltenen Erklärungen durch den Gerichtsvollzieher gemacht
werden können. Dies ist selbst vor Erlangung der Vollstreckungsklausel möglich auf Grund
des vollstreckbaren Titels; nur muß die offizielle richterliche Pfändung innerhalb dreier
Wochen nachfolgen (§§ 845, 857 Z PO.). Die Vorpfändung ist ein provisorisch wirkender
Vollstreckungsakt 1.
Auf die Pfändung folgt das Verwertungs- und das Zuweisungsverfahren. Ersteres ist
die Ausübung des Pfandrechts in der Art, daß aus dem gepfändeten Gegenstand Geld erzielt
wird. Es geschieht bei körperlichen Gegenständen (Sachen) regelmäßig durch öffentliche Ver-
äußerung in der Art der Versteigerung (§§ 814, 816 f. ZPO.)#; nicht so bei Forderungen, da
Forderungen nicht in gleicher Weise Gegenstand des Verkehrs sind wie Sachen, und da eine
Werterzielung hier durch Verwertung des aus der Forderung erzielten Erfüllungsergebnisses
geschehen kann; um zu diesem zu gelangen, wird dem Gläubiger ein Deckungsrecht eingeräumt,
indem ihm das Wertrecht einen Anspruch gegen den Schuldner auf Erfüllung gewährt; jedoch
bedarf er dazu noch einer Uberweisung durch das Vollstreckungsgericht. Dasselbe gilt, wenn der
Anspruch auf eine Vermögensgesamtheit gepfändet wird, so die im Besitze der Vorerben befind-
liche Nacherbenschaft. Erlangt der Gläubiger auf Grund dieses Deckungsrechts gerichtlich oder
nichtgerichtlich die Geldsumme, so ist es, wie wenn Geld gepfändet worden wäre: die Zahlung
führt zur direkten Befriedigung. Ist aber die gepfändete Forderung auf etwas anderes gerichtet
als Geld — z. B. auf Getreide, während der Vollstreckungsgläubiger Geld fordert —, so kann
der pfändende Gläubiger im Gefolge der Überweisung nur verlangen, daß dieser Erfüllungs-
gegenstand in gleicher Art der Zwangsvollstreckung dargeboten wird, wie wenn die Zwangs-
vollstreckung sich von Anfang an auf diesen Gegenstand bezogen hätte: der Gegenstand ist
einem Gerichtsvollzieher zu übermitteln und von diesem durch Versteigerung zu verwerten;
der Gerichtsvollzieher ist vom Gläubiger zu bezeichnen (§ 847 3PO.; vgl. § 1287 BGB.) 3.
Ist die gepfändete Forderung eine Forderung auf Geld, so gilt noch etwas Besonderes: der
Gläubiger kann hier auch eine andere Verwertung der Forderung erzielen, nämlich die Ver-
wertung dadurch, daß diese Forderung ihm an Zahlungs Statt überwiesen wird; dies geschieht
ebenfalls durch Überweisungsbeschluß (§ 835 mit § 829 AbsK. 3), der aber hier die zivilistische
Bedeutung hat, daß er die Forderung an den Pfändungsgläubiger „zu Eigentum“ überträgt:
der Gläubiger erlangt hier die gepfändete Forderung kraft datio in solutum, infolge welcher
seine Forderung getilgt wird. Handelt es sich um eine Buchhypothek, so muß diese Über-
weisung in das Grundbuch eingetragen werden (§ 837 B3PO.), da ja bisher nur ein Wertrecht
an der Hypothek eingetragen war und jetzt die Hypothek selbst übergegangen ist.
Das Geld, das durch Vollstreckungsmaßnahmen erzielt wird, nimmt der Gläubiger ins
Wertrecht; das Wertrecht wandelt er aber sofort selbst zum Eigentum um und macht sich damit
bezahlt, jedoch nur unter der Bedingung, daß es nicht zur Hinterlegung des Geldes kommt, was
im Falle der Differenzen geschehen muß: haben nämlich mehrere Gläubiger ein Wertrecht an
der Geldsumme, so kann die Verwandlung in das Eigentum der einzelnen nur kraft ihrer Ein-
willigung geschehen oder kraft vollstreckungsgerichtlicher Festsetzung: diese erfolgt in einem Unter-
suchungsverfahren (S. 305): die verschiedenen Gläubiger werden geladen, und es wird ihnen
Gelegenheit gegeben, gegen die vom Gericht versuchsweise gemachte Verteilungsaufstellung Wider-
spruch einzulegen. Die Nichteinlegung des Widerspruchs bewirkt, daß der richterliche Entwurf dem
1 Bestritten, Z. f. Zivilprozeß XXXVIII S. 462.
„ Wird Geld gepfändet, so bedarf es keiner Versteigerung, sondern nur der Ansichnahme
durch den Gerichtsvollzieher; hier wird das Pfandrecht dadurch ausgeübt, daß es in das Eigentum
des Gläubigers verwandelt wird (§ 815 8PO.). Frühere Rechte gaben auch andere Sachen als
Geld dem Gläubiger an Sohung Statt, behielten dann wohl auch dem Schuldner einige Zeit lang
das Einlösungsrecht vor, so Como (1218) a. 316 (Mon. hist. patr. XVI p. 207) und viele andere.
* Handelt es sich um einen Anspruch auf Eigentumsübertragung einer unbeweglichen Sache,
so ist sie einem Seauester zu übergeben und dann auf dem Wege der Zwangsversteigerung zu ver-
werten. Ein solcher Anspruch auf Eigentumsübertragung liegt aber nicht vor, wenn der Eigentümer
das Grundstück aufgelassen hat, sollte auch die Eintragung ins Grundbuch noch nicht erfolgt sein,
OLG. Jena 29. 7. 1911 Mugdan XXIII S. 214: mit der Auflassung ist der wesentliche
Akt schon vollzogen.