Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

34 Otio v. Gierke. 
heit zur Personeneinheit, sei es nun nur alle insgesamt, oder sei es nach der Art der Bestellung 
je zwei oder drei unter ihnen oder ein Hauptprokurist zusammen mit einem von den anderen, 
das bevollmächtigte Subjekt. 
Die einzelne Vertretungshandlung des Prokuristen muß sich als solche kenntlich machen. 
Das Hauptmittel hierfür ist die Zeichnung der Firma. Nach einer Ordnungsvorschrift 
soll der Prokurist der Firma den eignen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz 
(p.p.) zufügen (§ 51). Wirksam ist auch die Zeichnung bloß mit der Firma oder bloß mit dem 
eigenen Namen. Ob aber im ersteren Falle die Schriftform gewahrt (daher z. B. ein Wechsel 
gültig) ist, hängt, wenn man nicht ein Handelsgewohnheitsrecht zugunsten der Firmenzeichnung 
durch fremde Hand annehmen will, von der Auslegung des BGB. F 126 ab. Das Reichsgericht 
hat sich mit kaum zureichenden Gründen, aber im Einklange mit der Verkehrsanschauung dahin 
entschieden, daß das Erfordernis eigenhändiger Unterschrift des Ausstellers auch erfüllt sei, wenn 
der Vertreter lediglich mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnet hat. 
2. Handlungsvollmacht. Eine ständige Ermächtigung zur Vertretung eines 
Kaufmanns in seinem Handelsgewerbe, die nicht Prokura ist, heißt Handlungsvollmacht. Sie 
kann auch von einem Minderkaufmann erteilt werden. Die Erteilung ist formfrei und kann 
stillschweigend erfolgen. Außer dem Kaufmann in Person kann auch ein Prokurist und inner- 
halb seines Machtbereiches auch ein Handlungsbevollmächtigter eine Handlungsvollmacht er- 
teilen. Doch ist die Handlungsvollmacht nur mit Zustimmung des Prinzipals übertragbar 
(* 58). Ihre Widerruflichkeit bestimmt sich nach BGB. F 168 (anders altes HGB. Art. 54). 
Eine Eintragung findet nicht statt. 
Der Umfang der Handlungsvollmacht richtet sich in erster Linie nach der zugrunde 
liegenden Ermächtigung. Er ist verschieden, je nachdem die Vollmacht zum Betriebe des Handels- 
gewerbes überhaupt erteilt ist (Generalhandlungsvollmacht) oder auf die Vornahme gewisser 
Arten von Geschäften oder einzelner zum Handelsgewerbe gehöriger Handelsgeschäfte geht 
(Spezialhandlungsvollmacht). Steht aber die Erteilung einer Handlungsvollmacht bestimmter 
Art fest, so ist ihr präsumtiver Umfang nach objektiven Merkmalen durch das Gesetz abgegrenzt. 
Denn nach der gesetzlichen Regel erstreckt sich die Handlungsvollmacht auf alle Geschäfte und 
Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme der- 
artiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt (§ 54 Abs. 1), ausgenommen die Veräußerung oder 
Belastung von Grundstücken, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, die Aufnahme von 
Darlehen und die Prozeßführung (§ 54 Abs. 2). Hiernach entscheidet über den gesetzlichen Um- 
fang der Generalhandlungsvollmacht die konkrete Beschaffenheit des Betriebes; der General= 
handlungsbevollmächtigte kann nicht gleich dem Prokuristen den Betrieb seines Prinzipals be- 
liebig erweitern. Der gesetzliche Umfang der Spezialhandlungsvollmacht wird außerdem durch 
die Verkehrssitte bestimmt; insbesondere ist mit einer besonderen Art der Anstellung im Ge- 
schäft (z. B. als Kassierer, Werkführer, Kellner, Ausläufer, im Eisenbahndienst) stets zugleich 
ein typischer Vollmachtsumfang gegeben. Somit kann im Verkehr mit einem Handlungs- 
bevollmächtigten der Dritte darauf vertrauen, daß die Vollmacht den nach den Umständen zu 
vermutenden regelrechten Umfang hat. Allein, unbedingt kann er sich nicht auf die Regel be- 
rufen. Denn er muß eine von ihr abweichende Einschränkung der Vollmacht gegen sich gelten 
lassen, wenn er sie kannte oder kennen mußte (§ 54 Abs. 3). Im Gegensatz zur Prokura ist also 
die Handlungsvollmacht beliebig beschränkbar, sofern nur für gehörige Kundmachung gesorgt 
wird. 
Besondere Bestimmungen gelten für Handlungsreisende, die zur Vornahme 
von Geschäften außerhalb des Ortes der Niederlassung verwendet werden. Ihre Vollmacht, 
deren gesetzlicher Umfang an sich nach der allgemeinen Regel zu beurteilen ist, erstreckt sich nach 
ausdrücklicher Vorschrift namentlich auf die Einziehung des Kaufpreises aus den von ihnen ab- 
geschlossenen Verkäufen, aufs die Bewilligung von Zahlungsfristen dafür und auf die persön- 
liche Empfangnahme von Mängelrügen, Zurdispositionsstellungen und ähnlichen Erklärungen 
(8 55). 
Speziell geregelt ist ferner die gesetzliche Vollmacht der Ladendiener. Wer in 
einem Laden oder offenen Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Emp- 
fangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen (§ 56).
	        
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