Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

382 J. Kohler. 
Vollstreckungszwang unterliegt (5 1 KO.); auf dieses bezieht es sich aber vollständig: daher 
gehört in den Konkurs des Ehemannes auch das Gesamtvermögen der Gütergemeinschaft, denn 
dieses ist für die Schulden des Ehemannes der Vollstreckung unterworfen (§ 2 KO.). 
Die Ausübung des Beschlagsrechts erfolgt durch die Verwertungstätigkeit des Konkurs- 
verwalters. Dieser ist in der Art der Verwertung so viel wie unbeschränkt. Er kann, er 
braucht nicht die Vollstreckungsgewalt des Gerichts oder des Gerichtsvollziehers anzurufen. 
Er ist jedoch gehalten, die Geld- und Wertsachen nach Beschluß der Gläubiger anzulegen; 
auch beschließen diese, ob das Geschäft des Gantschuldners fortgesetzt oder eingestellt werden 
soll. Auch sonst soll er in wichtigen Fragen die Zustimmung der Gläubiger einholen, und 
er haftet, wenn er dies nicht getan hat und das Geschäft fehlschlägt, 5 126—137 KO. 
Bei unerledigten gegenseitigen Verträgen des Gantschuldners hat die Verwaltung einige 
Schwierigkeiten: der Konkursverwalter ist nicht befugt, solche Vertragsverhältnisse aus- 
einanderzureißen: er kann den Vertragsgenossen nur in der Art in Anspruch nehmen, daß er 
sich erbietet, von seiner Seite aus die Vertragspflichten des Gantschuldners völlig zu erfüllen; 
paßt ihm dies nicht, so fällt der Anspruch gegen den Dritten aus dem Beschlagsrecht, der 
Dritte hat aber die Befugnis, wegen Nichterfüllung Schadensersatz zu verlangen 1, indem er 
hierfür als Konkursgläubiger auftritt. Der Konkursverwalter ist prozessualisch gehalten, auf An- 
forderung sich zu erklären, ansonst die letztere Alternative eintritt. 
Weitere Schwierigkeiten ergeben sich aus gegenseitigen Rechtsverhältnissen, namentlich 
aus Miete und Pacht. 
Wenn der Gantschuldner gemietet oder gepachtet hat, so hat er sich dadurch in ein Rechts- 
verhältnis hineinversetzt, welches ihm gewisse Benutzungsrechte gibt und dafür Geldzahlungs- 
pflichten auferlegt. Hier muß die Beschlagsgemeinschaft berechtigt sein, in das Verhältnis ein- 
zutreten, und zwar in das Benutzungsrecht gegen Übernahme der Geldzahlungspflicht; doch 
ist zu unterscheiden: ist das Mietverhältnis schon begonnen, so tritt die Beschlagsgemeinschaft 
von selbst ein, aber jeder Teil kann in gesetzlicher Frist kündigen; ist es noch nicht begonnen, so 
kann der Vermieter vom Vertrag zurücktreten, auch der Konkursverwalter nach den oben von 
gegenseitigen Verträgen erörterten Grundsätzen. Hat umgekehrt der Gantschuldner vermietet 
oder verpachtet, so gewährt er einem Dritten ein Benutzungsrecht an der Miet= oder Pachtsache 
gegen Geldzahlungspflicht. Die Beschlagsgemeinschaft nun muß sich dieses Benutzungsrecht 
Dritter gefallen lassen; denn dafür spricht der Grundgedanke, der bei uns zu dem Satze „Kauf 
bricht nicht Miete“ geführt hat; mindestens innerhalb gewisser Schranken: einmal solange ihr 
Beschlagsrecht dauert; aber auch im Falle der Verwertung der Sache durch Veräußerung kann 
dieses Benutzungsrecht nicht plötzlich abgebrochen werden: auch dies würde mit den obigen 
Prinzipien im Widerspruch stehen; daher der Grundsatz: auch gegenüber dem Erwerber des 
Grundstücks bleibt das Recht des Mieters bestehen; jedoch hat der Erwerber hier wie sonst das 
Recht der Kündigung in gesetzlicher Frist (I§s 19 ff. KO., 3 57 Z3VG.). 
5) Bereinigung des Beschlagsvermögens. 
aa) Allgemeines. 
§ 102. Wie bei der gewöhnlichen Vollstreckung, so gilt im Konkurs der Aussonderungs- 
anspruch (§§s 43 ff. K O.); ihn hat jeder, welcher einen Anspruch dinglicher oder persönlicher Art 
auf eine Sache hat, die im Besitz der Gläubigerschaft sich befindet, aber dem Gantschuldner nicht 
gehört und daher nicht vom Beschlagsrecht der Gläubiger ergriffen wird. Dem Konkurse eigen 
aber ist es, daß eine Reihe von Gegenständen, obgleich dem Gantschuldner angehörig und daher 
vom Beschlagsrecht umfaßt, herausverlangt werden kann, so daß das Beschlagsrecht zurück- 
treten muß. Ein Hauptfall ist der des Verkäufers einer Ware, der diese zu Eigentum übergeben 
hate ist sie noch nicht bezahlt, so kann er sie aus dem Konkurs herausverlangen, wenn sie nicht vor 
der Konkurseröffnung in den Besitz des Gantschuldners gelangt ist (§ 44 KO.).: bies ist das dem 
englischen Recht entnommene rigbt ok stoppage in transitu. Sodann kommt in Betracht der 
  
Solche Schadensforderungen bestehen weiter, auch wenn der Konkurs erledigt ist, R. 
12. 4. 1912 JW. 41 S. 696.
	        
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