Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 35 
Gerade dieser Vorschrift gegenüber ist die Möglichkeit der Einschränkung des präsumtiven Um- 
fanges der Vollmacht durch gehörige Kundmachung (z. B. einen Anschlag „Feste Preise“ oder 
„Zahlung an der Kasse“) besonders wichtig. 
Für die Zeichnung der Firma durch den Handlungsbevollmächtigten gilt eine 
ähnliche Ordnungsvorschrift wie bei der Prokura; der das Vollmachtsverhältnis ausdrückende 
Zusatz (üblich per, p. oder i. V.) darf nicht auf eine Prokura hindeuten (8 57). 
3. Schlichte Vollmacht zu Handelsgeschäften. Während das alte 
HGB. besondere Vorschriften für jede Vollmacht zu Handelsgeschäften enthielt (Art. 297 bis 
298), gelten jetzt für eine derartige Vollmacht, falls sie nicht Handlungsvollmacht ist, die Vor- 
schriften des bürgerlichen Rechts. (Art. 296 des alten HGB. ist durch BGB. g 370 ersetzt). 
Literatur: Laband, Z. f. HR. X 183ff. Ladenburg, ebenda XI 72ff. 
Goldschmidt, ebenda XVI 287 ff. Römer, ebenda XIX 67 ff. Baron, ebenda 
XXVII 119 ff. Ruhstrat, ebenda XXXVII 43 ff. Wendt b. Endemann I1 287 ff. 
H. Tolle, Die Prokura, 1896. F. Schneider, Beitrag zur Lehre von der Prokura, 1895. 
K. Lehmann 5 39—41. Cosack FP 21. 
§ 29. Handlungsgehilfen. 
1. Begriff. Handlungsgehilfe ist, wer in einem Handelsgewerbe zur Leistung kauf- 
männischer Dienste gegen Entgelt angestellt ist (§ 59). Wesentlich ist Anstellung im Handels- 
gewerbe; keine Handlungsgehilfen sind selbständige Hilfspersonen, die einen Handelsgewerbe 
ständige Dienste leisten. Wesentlich ist entgeltliche Anstellung; kein Handlungsgehilfe ist der 
Volontär oder das auf Grund eines familienrechtlichen Verhältnisses im Handelsgewerbe mit- 
helfende Familienmitglied (Ehefrau, Kind). Wesentlich endlich ist die Anstellung zur Leistung 
kaufmännischer Dienste (z. B. Verkauf in Laden oder Kontor, Kassenführung, Buchführung, 
Geschäftskorrespondenz, Geschäftsreisen); nicht zu den Handlungsgehilfen gehören sonstige 
Gewerbegehilfen, technische Beamte und Werkmeister, Handwerksgesellen, Fabrikarbeiter, 
Köche und Kellner, Zuschneider, Zeichner und Former, Zeitungsberichterstatter, Personen, 
die im Handelsgewerbe Gesindedienste leisten, us. Dies wurde schon unter der Herrschaft 
des alten HGB., obschon ausdrücklich nur das Gesinde ausgenommen war (Art. 65), in Theorie 
und Praxis überwiegend (gegen Thöl und Wendt) angenommen. Somit deckt sich, anders 
wie beim Kaufmannsbegriff, der Begriff des Handlungsgehilfen im Rechtssinne mit dem Begriff 
desselben im Sinne des Lebens. 
2. Sonderrecht. Die Handlungsgehilfen sind zwar keine „Kaufleute“, aber An- 
gehörige des „Handelsstandes“. Darum gilt für sie ein handelsrechtliches Sonderrecht, das 
den Bestimmungen der Gewerbeordnung vorgeht (GewO. § 154). Es setzt aber das bürger- 
liche Recht voraus und wird durch besonderes Gewerberecht (z. B. GewO. § 105b, §§ 139e 
bis 139 m, Reichsversicherungsordnung und Gesetz über die Angestelltenversicherung) ergänzt. 
Dagegen gilt für nicht-kaufmännische Hilfspersonen des Kaufmanns je nach der Beschaffen- 
heit ihres Arbeitsverhältnisses lediglich das bürgerliche Recht oder daneben nur besonderes Ge- 
werberecht oder Gesinderecht usw. (5 83). . 
3. Begründung. Das Verhältnis entsteht durch einen Vertrag (Anstellungs- 
vertrag, Engagementsvertrag). Derselbe ist Dienstvertrag und richtet sich, soweit nichts anderes 
bestimmt ist, nach BGB. §§ 611 ff. Die Abweichungen beruhen auf der Berücksichtigung des 
personenrechtlichen Elements, das die berufungsmäßige Eingliederung in den Organismus 
eines Handlungshauses bedingt. 
4. Verpflichtungen des Handlungsgehilfen. Der Handlungsgehilfe 
hat die versprochenen Dienste, deren Art und Umfang sich mangels besonderer Vereinbarung 
nach dem Ortsgebrauch und mangels eines Ortsgebrauchs nach dem den Umständen Angemessenen 
richten, zu leisten (§59). Er hat überdies sich des Konkurrenzbetriebes zu enthalten. Nach dem 
alten HGB. (Art. 56 u. 59) schuldete er dem Prinzipal seine gesamte geschäftliche Tätigkeit, 
durfte daher überhaupt keine Handelsgeschäfte für eigene oder fremde Rechnung machen. Nach 
dem neuen H. (§ 60) darf er nur kein Handelsgewerbe betreiben und im Handelszweige 
des Prinzipals keine Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung machen (der Kommis 
eines Bankiers darf also nicht, der Kommis eines Kolonialwarenhändlers darf an 
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