Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

38 Otto v. Gierke. 
sehr bestritten war, ob er Dienstvertrag, Werkvertrag oder kemes von beidem (so RGer. b. 
Seuff. XIVIII Nr. 48) sei, ist seinem rechtlichen Wesen nach ein Dienstvertrag. Daher gelten 
für ihn, soweit nichts Besonderes bestimmt ist, die Vorschriften des BGB. über den Dienst- 
vertrag. 
3. Verhältnis zu Dritten. Im Verkehr mit Dritten tritt der Agent entweder 
bloß als Vermittler oder als Stellvertreter auf. Im letzteren Falle gelten die Regeln über die 
Handlungsvollmacht mit einzelnen Abweichungen. War der Agent nur zur Vermittlung er- 
mächtigt, so wird, wenn er ein Geschäft im Namen des Geschäftsherrn abschließt, der Mangel 
der Vertretungsmacht nur durch dessen Genehmigung geheilt; allein die Genehmigung liegt 
schon im Schweigen, indem sie als erteilt gilt, wenn der Geschäftsherr nicht unverzüglich nach 
erlangter Kenntnis dem Dritten mitteilt, daß er das Geschäft ablehne (§ 85). Die vermutete 
gesetzliche Vollmacht des Agenten erstreckt sich auf die Entgegennahme von Mängelrügen und 
ähnlichen Erklärungen, dagegen nicht auf Annahme von Zahlungen und nachträgliche Be- 
willigung von Zahlungsfristen (§ 86). Ist aber der Handlungsagent als Handlungsreisender 
tätig, so hat er, da dem Publikum die Unterscheidung zwischen einem commis voyageur und 
einem Reiseagenten nicht zugemutet werden kann, die gleiche gesetzliche Vollmacht wie der 
reisende Handlungsgehilfe (§ 87). 
4. Verhältnis zum Geschäftsherrn. Der Agent ist verpflichtet, die Inter- 
essen des Geschäftsherrn mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen und 
ihm die erforderlichen Nachrichten zu geben (5§ 84). Als Vergütung kann er im Zweifel für 
jedes einzelne durch seine Tätigkeit zustande gebrachte Geschäft eine Provision in der vereinbarten 
oder üblichen (meist nach Prozenten bestimmten) Höhe beanspruchen. Die Provision ist jedoch 
nur verdient, wenn und soweit das Geschäft zur Ausführung gelangt (bei einem Verkauf die 
Zahlung eingegangen) ist; für ein nicht oder nur teilweise ausgeführtes Geschäft kann der Agent 
nur dann die volle Provision fordern, wenn der Geschäftsherr selbst ohne wichtige Gründe in 
der Person des Gegenkontrahenten die Ausführung vereitelt hat (§ 88). Die Abrechnung findet 
im Zweifel halbjährlich statt (§ 88 Abs. 4). Ist ein Agent für einen bestimmten Bezirk bestellt, 
so gebührt ihm die Provision im Zweifel auch von den hier ohne seine Mitwirkung geschlossenen 
Geschäften (§ 89). Neben der Provision kann er Ersatz der gewöhnlichen Auslagen und Kosten 
der Regel nach nicht fordern (§ 90). Bei der Abrechnung kann er vom Geschäftsherrn Mit- 
teilung eines Buchauszuges über die Geschäfte, von denen ihm Provision gebührt, verlangen 
(8 91). 
5. Beend gung. Den auf unbestimmte Zeit eingegangenen Agenturvertrag kann 
jeder Teil mit sechswöchiger Frist zum Vierteljahrsschluß kündigen; vorzeitige einseitige Lösung 
des Verhältnisses ist stets aus einem wichtigen Grunde zulässig (§ 92). Abweichende Vertrags- 
bestimmungen sind hier nicht beschränkt. 
Literatur: Immerwahr, Das Recht der Handlungsagenten, 1900. K. Leh- 
mann & 43. Gareis #(54. Cosack f 51. 
§ 32. Die Handelsmäller. 
1. Im Mittelalter wurden von Städten oder Gilden besondere Personen zur Vermitt- 
lung von Handelsgeschäften angestellt und in eidliche Pflicht genommen. Sie hießen in Italien 
„Sensale"“ (wohl aus dem Arabischen), in Süd= und Mitteldeutschland „Unterkäufer“, im Hansa- 
gebiet und in den Niederlanden „Makeler“, in Frankreich „courtiers“ (von cursores). Mehr 
und mehr wurde ihnen das ausschließliche Recht der Geschäftsvermittlung (unter Bestrafung 
der Winkel= oder Pfuschmäkler oder Bönhasen) beigelegt. Zugleich empfingen ihre Beurkundungen 
öffentlichen Glauben. Auch mit öffentlichen Versteigerungen und mit Kursfeststellungen wurden 
sie betraut. Allmählich wurden sie zu Staatsbeamten, wennschon die Organe des Handels- 
standes bei ihrer Bestellung beteiligt blieben. 
Das alte HG#B., Art. 66—84, regelte die Rechtsverhältnisse dieser von ihm allein als 
„Handelsmäkler“ oder „Sensale“ bezeichneten vereidigten Mäkler, denen es die Stellung von 
Beamten wahrte und daher die Eigenschaft von Kaufleuten absprach. Es legte ihnen eine Fülle 
von Amtspflichten auf, insbesondere die völlige Enthaltung von eigenem Handelsbetrieb, die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.