416 Emil Dorner.
3. Soll außerhalb des Deutschen Reichs Rechtzhilfe geleistet werden, so ist
das Ersuchen, soweit ein dazu berechtigter deutscher Konsul vorhanden ist, an diesen, für deutsche
Schutzgebiete an deren Gerichte (vgl. die Gesetze vom 7. April und 25. Juli 1900: Rl.
S. 213 und 809) zu richten. Ob und wie weit auch ausländische Behörden Rechtshilfe zu
leisten haben, bestimmt sich nach den bestehenden (auch den von einzelnen Bundesstaaten mit
dem Ausland geschlossenen, nach § 189 FGG. vgl. mit Art. 56 EG. z. BGB. in Kraft ver-
bliebenen) Staatsverträgen. Von Bedeutung ist insbesondere das Haager Abkommen über den
Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RöBl. 1909 S. 410), dessen Bestimmungen über Rechtshilfe
„in Zivil= und Handelssachen“ auf die freiwillige Gerichtsbarkeit mit zu beziehen sind (vgl. über
das vordem maßgebende Abkommen vom 14. November 1896 Dorner, Bad. Rechts-Pol.=
Ges. S. 547). Soweit Staatsverträge fehlen, gewähren doch nach internationalem Her-
kommen und auf Grund bestehender Gegenseitigkeit die Behörden fremder Kulturstaaten den
deutschen Gerichten, wie umgekehrt diese jenen, Rechtshilfe mit den aus internationalem Brauch
und aus den betreffenden Landesgesetzen sich ergebenden Einschränkungen.
§ 12. Offentlichkeit und Sitzungspolizei. 1. Entsprechend dem Wesen der Angelegen-
heiten der FG., die vielfach eine Darlegung intimer familiärer, vermögensrechtlicher und ge-
schäftlicher Verhältnisse erfordem, und deren öffentliche Verhandlung darum die Interessen
der Beteiligten verletzen würde, gilt für dieselben der im FGG. nicht ausdrücklich ausfgestellte,
jedoch regierungsseitig im Reichstag als selbstverständlich bezeichnete Satz, daß die Verhand-
lungen der Gerichte mit den Beteiligten, abweichend von der streitigen Gerichtsbarkeit (§§ 170
bis 176 GVG.), nicht öffentlich sind, unbeschadet der Befugnis des Gerichts, einzelnen
zur Verhandlung Zutritt zu gestatten (so ausdrücklich § 1 bad. Rechts-Pol.O.).
2. Die Vorschriften des GV. über Sitzungspolizei (§& 177—185) finden kraft
Reichsrechts auf Verhandlungen der Gerichte, nicht auch der landesrechtlich an ihre Stelle
tretenden anderen Behörden (oben § 5 Ziff. 2), in reichsgesetzlichen Angelegenheiten der F.
entsprechende Anwendung (§ 8 und § 194 Abs. 3 FGG.). Im übrigen (auch betreffs der
gerichtlichen Beurkundung von Rechtsgeschäften: unten § 34 Ziff. 2) ist die Regelung der
Sitzungspolizei dem Landesrecht verblieben.
§ 13. Gerichtssprache. 1. Die Vorschriften des GV. über die Gerichtssprache
(&§ 186—193) sind auf die Angelegenheiten der JSG., und zwar auf die reichs-
rechtlichen kraft Reichsrechts (§8 FG.), auf die landesgesetzlichen zumeist durch Landesgesetz
(z. B. Art. 1 preuß. FG.) für entsprechend an wendbarerklärt jedoch mit der
Maßgabe (§ 9 JFG.), daß die Zuziehung eines Dolmetschers unterbleiben darf, wenn auch
nur der Richter (nicht notwendig: alle Beteiligten; so § 187 Abs. 2 GVG.) der fremden Sprache
mächtig ist, daß ferner die Beteiligten auf die Beeidigung des Dolmetschers (§§ 191, 192 FG.)
verzichten können, daß endlich dessen Ausschließung und Ablehnung nach den für Richter
(oben § 9), nicht nach den für Sachverständige (so § 193 GVG.) geltenden Vorschriften
sich regelt.
2. Besondere Vorschriften bestehen für gerichtliche und notarielle
Urkunden über Rechtsgeschäfte. Danach ist ein Dolmetscher zuzuziehen:
a) wenn dei Geschäften unter Lebenden (Testament oder Erbvertrag sind in diesem Fall
überhaupt ausgeschlossen: §§& 2243, 2276 BGB.) ein Beteiligter stumm oder sonst am
Sprechen verhindert und eine schriftliche Verständigung mit ihm nicht möglich ist
(§F 178 GG.; ebenso, jedoch ausgedehnt auf Taube, im § 188 GVG.);
b) wenn bei Beurkundung von Geschäften jeder Art ein Beteiligter auch nur erklärt, daß
er der deutschen Sprache nicht mächtig sei (58 2244, 2276 BGB.; + 179 Abs. 1
FGG.). Hier entscheidet somit, abweichend vom § 187 GVG., nicht die Überzeugung des
Richters (Notars), sondern allein die eigene Erklärung des Beteiligten, gleichviel, ob sie richtig
ist oder nicht. Die Bestimmung des 8 179 Abs. 1 §#G., welche in diesem Sinne erst bei der
dritten Beratung im Plenum des Reichstags geändert worden ist, stieß auf entschiedenen Wider-
spruch der Regierungen, insbesondere wegen der in den polnisch redenden deutschen Gebiets-
teilen häufig bemerkten Verleugnung der Kenntnis der deutschen Sprache aus politischen Rück-