Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 45 
wobei dann aber die vertretungsbefugte Gesamtheit zur Ermächtigung einzelner Mitvertreter 
für einen Geschäftskreis und ohne weiteres jeder Mitvertreter zur Empfangnahme von Willens- 
erklärungen befugt bleibt (§ 125). Aus cinem wichtigen Grunde kann einem Gesellschafter die 
Vertretungsmacht auch wider seinen Willen auf Antrag der übrigen Gesellschafter durch gericht- 
liche Entscheidung entzogen werden (5 127). 
Ihrem Umfange nach ist die gesellschaftliche Vertretungsmacht unbeschränkt und un- 
beschränkbar (§ 126). Sie erstreckt sich im Gegensatz zur Prokura auch auf die Veräußerung 
und Belastung von Grundstücken und auf die Erteilung oder den Widerruf einer Prokura. Doch 
enthält auch sie nur die Ermächtigung zu solchen Handlungen, die in den Rahmen eines Handels- 
gewerbes fallen, daher z. B. nicht zur Veräußerung des Geschäfts im ganzen oder zu einer reinen 
Schenkung. Auch zur Eidesleistung müßten alle Gesellschafter berufen werden; die Praxis 
begnügt sich aber mit dem Eide sämtlicher vertretungsbefugter Gesellschafter. Jede Beschränkung 
ist Dritten gegenüber unwirksam; die Vertretungsmacht kann nur ganz entzogen oder ganz 
belassen werden. Doch ist hier wie bei der Prokura die Beschränkung auf eine von mehreren 
b) Rechtsfähigkeit. Die o. HG. kann unter ihrer Firma Rechte mit Einschluß 
des Grundeigentums erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sowie vor Gericht klagen und 
verklagt werden (§ 124 Abs. 1). Sie ist also nicht nur rechts= und parteifähig, sondern besitzt auch 
in ihrem einheitlichen kaufmännischen Namen ein formelles Ausdrucksmittel für ihre kollektive 
Rechtssubiektivität. Steht ihr Eigentum oder sonstiges dingliches Recht an einem Grundstück 
zu, so genügt die Eintragung der Firma in das Grundbuch; das Grundbuch bleibt dann richtig, 
wenn auch die Teilhaber wechseln. Ebenso ist zur Bezeichnung der Partei im Prozeß die Firma 
ausreichend; ein Wechsel der Teilhaber ist dann für die Parteiidentität bedeutungslos (Scuff, 
XIVII Nr. 59). Die Rechtsfähigkeit der o. H. beschränkt sich nicht auf Vermögensverhältnisse 
Doch ist sie unfähig zu einer Rechtsstellung, die selbständige Persönlichkeit fordert. So kann 
sie nach richtiger Ansicht nicht persönlich haftende Gesellschafterin sein (RGer. XXXVI Nr. 36, 
Seuff. XIVI Nr. 205). 
Die der o. HG. unter ihrer Firma zustehenden Vermögensrechte und Vermögenspflichten 
bilden das Gesellschaftsvermögen, dessen Subdjekt die jeweiligen Gesellschafter 
in ihrer Personeneinheit sind. Das Gesellschaftsvermögen ist Dritten gegenüber bis zur etwaigen 
Beschlagnahme freies, nicht gebundenes Vermögen, über das die Gesamthänder beliebig ver- 
fügen, das sie daher auch mindern oder völlig aufteilen können. Allein es ist, solange es besteht, 
Dritten gegenüber ein vom übrigen Vermögen der Teilhaber abgesondertes und in sich ge- 
schlossenes Sondewermögen, das in erster Linie zur Deckung der ihm zugehörigen Schulden 
bestimmt ist. 
Die Geschlossenheit des Gesellschaftsvermögens ist im BöB. allgemem an- 
erkannt und bildet daher nicht mehr, wie nach dem alten HGB., eine Eigentümlichkeit des 
Handelsgesellschaftsvermögens. Der Satz, daß die Aufrechnung zwischen Gesellschaftsforde- 
rungen und Forderungen gegen einen Gesellschafter ausgeschlossen ist (HGB. Art. 121), gilt 
jetzt für jede Gesellschaft (BG#B. & 719 Abs. 2). Ebenso sind die Bestimmungen, die das Ge- 
sellschaftsvermögen dem Zugriff des Gläubigers eines Gesellschafters entzogen (HGB. Art. 119 
bis 120), zu gemeinem Recht erhoben; der Gläubiger eines Gesellschafters kann, solange die 
Gesellschaft besteht, nur dessen sonderrechtlichen Anspruch auf einen Gewinnanteil pfänden 
(B#B. F. 725 Abs. 2). Allein die Geschlossenheit des Handelsgesellschaftsvermögens ist stärker 
als die des gewöhnlichen Gesellschaftsvermögens gebliecben. Sie besteht nicht nur gegenüber 
dem Einzelvermögen, sondern auch gegenüber sonstigem Gemeinschaftsvermögen der Teil- 
haber. Somit kann z. B. gegen die Forderung einer o. H#. auch eine Forderung nicht auf- 
gerechnet werden, die gegen sämtliche Gesellschafter als Miterben oder gegen eine aus den- 
selben Personen bestehende andere o. H#G. (ein Fall, der scharf von dem Betriebe mehrerer Ge- 
schäfte durch dieselbe o. HWG. unterschieden werden muß) begründet ist. Ferner ist zur Zwangs- 
vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen, zu der nach bürgerlichem Recht ein gegen alle Ge- 
sellschafter ergangenes Urteil genügt (ZP. § 736), hier ein gegen die Gesellschaft gerichteter 
vollstreckbarer Schuldtitel erforderlich (OG. 8 124 Abs. 2). Sodann kann der Gläubiger eines 
Gesellschafters hier nicht, wie nach bürgerlichem Recht, den Anteil des Schuldners am Gesell-
	        
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