Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Erstes Buch. 
Allgemeines. 
Erstes Kapitel. 
Das Handelsrecht überhaupt. 
§ 1. Begriff. Handelsrecht ist der Inbegriff der besonderen Rechtssätze, die für 
den Bereich des Handels gelten. Der Begriff des Handels ist zunächst ein vom Leben ge- 
prägter wirtschaftlicher Begriff, unter den die auf den Umsatz von Gütern gerichtete gewerb- 
liche Tätigkeit fällt. Für den Herrschaftsbereich des Handelsrechtes aber ist der rechtliche 
Begriff des Handels maßgebend, den die Rechtsordnung beliebig prägen kann und mehr und 
mehr abweichend vom wirtschaftlichen Begriff geprägt hat. Hiervon ist später zu reden 
(Kap. 3). 
Das Handelsrecht im weiteren Sinne umffaßt öffentlichrechtliche und privatrechtliche 
Sätze. Es gibt im Völkerrecht, im Staats- und Verwaltungsrecht, auch im Prozeßrecht und 
im Strafrecht besondere Normen, die sich auf den Handel beziehen. Unter Handelsrecht im 
engeren Sinne versteht man das Handelsprivatrecht. Nur von diesem ist hier 
zu reden. 
Die folgende Darstellung befaßt sich mit dem deutschen Handelsrecht, für die das 
fremde Handelsrecht nur als Hilfsmittel in Betracht kommt. Das deutsche Handelsrecht ist 
überwiegend einheitliches Reichsrecht. In einzelnen Punkten gilt auch heute partikulares 
Handelsrecht. 
§ 2. Stellung im Rechtssystem. Das Handelsrecht ist ein als Sonderrecht ausge- 
stalteter Teil des deutschen Privatrechts. Im Gegensatz zum Handelsrecht wird das gemeine 
Privatrecht schlechthin als „bürgerliches“ Recht bezeichnet. 
Die Neigung zur Ausscheidung von Sonderrechten hat die moderne Welt von 
der germanisch-romanischen Welt des Mittelalters ererbt. Allein die Stellung der Sonder- 
rechte zum gemeinen Recht hat sich verändert, seitdem die grundsätzliche Rechtsungleichheit 
der grundsätzlichen Rechtsgleichheit gewichen ist. Während im Mittelalter das gemeine Recht 
sich in die Sonderrechte der einzelnen Stände und Güterkreise aufzulösen drohte und jedes 
Sonderrecht sich möglichst abzuschließen strebte, behauptet heute das gemeine Recht die Zentral- 
stellung und gestattet den Sonderrechten nur eine ergänzende Wirksamkeit. Die heutigen 
Sonderrechte gleichen nicht mehr selbständigen Gebäuden, sondern lehnen sich als An- und 
Ausbauten an das große Gebäude des gemeinen Rechtes an. 
Das heutige Handelsrecht ist trotz seines erheblichen Umfanges noch weniger 
als manches andere Sonderrecht ein in sich geschlossenes Rechtssystem. Es ruht auf 
dem Fundament des bürgerlichen Rechts und müßte haltlos zusammenbrechen, wenn ihm 
diese Grundlage entzogen würde. Zum Teil besteht es überhaupt nur aus einzelnen Rechts- 
sätzen, die in diesem oder jenem Punkt abwandelnd eingreifen, wenn ein Rechtsinstitut des 
bürgerlichen Rechts in den Bereich des Handels tritt. So verhält es sich z. B. mit den dem 
Sachenrecht und den meisten dem allgemeinen Teil des Obligationenrechts angehörigen Handels- 
rechtssätzen. Aber auch die dem Handelsrecht eigentümlichen Rechtsinstitute erscheinen heute 
1 *ᷣ 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.