Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

80 Otto, v. Gierke. 
register ihres Sitzes erlangt die Genossenschaft die Rechte einer e. G.; vorher hat sie diese Rechte 
nicht (§ 13), kann jedoch bereits zu Recht bestehen und erfährt dann nur eine Veränderung (ROH#. 
XXII 103 ff.). 
8 62. Mitgliedschaft. Mitglieder sind die „Genossen“ (im Ges. v. 1868 „Genossen- 
schafter"“); Genossen können Einzelpersonen und Verbandspersonen sein; eine e. G. kann sogar 
ausschließlich aus e. G.en bestehen. 
1. Erwerb. Die Mitgliedschaft wird durch Teilnahme an der Errichtung oder späteren 
Eintritt erworben. Der Eintritt fordert schriftliche unbedingte Beitrittserklärung, Zulassung 
durch den Verein, Einreichung bei Gericht und Eintragung in die dort aufbewahrte Genossen- 
liste; erst mit der Eintragung entsteht die Mitgliedschaft (S 15), mit ihr aber unabhängig von 
den vorangegangenen Vertragsabreden (RGer. XLV. Nr. 24, LVII Nr. 67, LXVIII Nr. 81). 
Das Statut kann die Zulassung von beliebigen Erfordernissen (z. B. Zugehörigkeit zu einer 
bestimmten Gattung von Gewerbtreibenden oder auch Zahlung eines Beitrittsgeldes (RWGer. 
LXII Nr. 73), abhängig machen und beliebigen Organen übertragen. Sollen Erwerb und 
Fortdauer der Mitgliedschaft an den Wohnsitz in einem bestimmten Bezirk geknüpft sein, 
so muß dies im Statut ausdrücklich festgesetzt werden (§ 8 Abs. 1 Z. 1). Ein Recht auf Zulassung 
hat auch der nicht, der die satzungsmäßigen Erfordernisse erfüllt (vgl. indes RGer. XLVII Nr. 18). 
2. Inhalt. Die Mitgliedschaft gewährt als personenrechtliches Verhältnis Anteil 
am Vereinsleben, äußert sich aber notwendig zugleich in einer vermögensrechtlichen Beteiligung 
durch Haftung einerseits (5 23) und durch einen Geschäftsanteil anderseits (§ 7 Z. 2). „Ge- 
schäftsanteil“ heißt der satzungsmäßige Höchstbetrag, bis zu dem der Genosse sich durch Einlagen 
beteiligen kann. Aus der wirklichen Beteiligung entsteht das durch Zuschreibungen wachsende 
und durch Abschreibungen schwindende „Geschäftsguthaben“, das jeder Genosse bilden muß. 
Das Geschäftsguthaben ist ein mit der Mitgliedschaft verwobenes und genossenschaftlich ge- 
bundenes Forderungsrecht auf einen bestimmten Geldbetrag, das eine sonderrechtliche Anwart- 
schaft auf Auszahlung aus dem Reinvermögen im Falle des Ausscheidens oder der Auflösung 
gibt und im Zweifel überdies den Gewinnanteil bestimmt. 
3. Umfang. Die Mitgliedschaften sind in personenrechtlicher Hinsicht einander gleich, 
können aber in vermögensrechtlicher Hinsicht vermöge ungleicher Höhe der Geschäftsguthaben 
eine ungleiche Beteiligung gewähren. Mehrfache Mitgliedschaft ist ausgeschlossen. Während 
aber bei der e. G. m. b. H. und m. u. N. auch der Erwerb mehrerer Geschäftsanteile durch einen 
Genossen unzulässig ist (58 119, 126), kann bei der e. G. m. b. H., bei der der Geschäftsanteil 
zugleich das Mindestmaß der Haftsumme bestimmt, das Statut die Beteiligung mit mehreren 
Geschäftsanteilen bis zu einer Höchstzahl gestatten; doch ist der Erwerb neuer Geschäftsanteile 
erst nach Vollerreichung der alten zulässig und kommt nur in den Formen des Eintritts durch 
Eintragung in die Genossenliste zustande (z5 134—137). 
4. Übertragung. Die Mitgliedschaft ist unübertragbar. Doch kann mangels 
anderer Bestimmung durch schriftliche Ubereinkunft das Geschäftsguthaben von einem Ge- 
nossen, der damit austritt, auf einen anderen Genossen, sofern dadurch nicht dessen Geschäfts- 
anteil oder bei einer e. G. m. b. H. die Höchstzahl der Geschäftsanteile überschritten wird, oder 
auf einen neu eintretenden Genossen übertragen werden; der Wechsel kommt durch Eintragung 
in die Genossenliste zustande (§§ 76, 138). Durch den Tod erlischt die Mitgliedschaft, wird jedoch 
von den Erben (von mehreren zu gesamter Hand) bis zum Schlusse des Geschäftsjahres fort- 
gesetzt (§ 77). 
5. Beendigung. Der Genosse hat das Recht, seinen Austritt durch schriftliche 
Kündigung zum Schlusse des Geschäftsjahres drei Monate vorher zu erklären; das Statut kann 
die Kündigungsfrist bis zu zwei Jahren verlängern, im übrigen den Austritt nicht (auch nicht 
z. B. durch ein Austrittsgeld, RGer. XXXIII Nr. 16) erschweren ( 65). An Stelle des Ge- 
nossen kann dessen Gläubiger das Kündigungsrecht ausüben, wenn er in den letzten sechs 
Monaten nach fruchtloser Vollstreckung in das Vermögen des Genossen die Pfändung und über- 
weisung seines Guthabens erwirkt hat (§66). Die Genossenschaft kann den Genossen aus satzungs- 
mäßigen Gründen und auch ohne besondere statutarische Ermächtigung wegen Verlustes der
	        
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