Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

86 Otto v. Gierke. 
angehören; allein das Rechtsinstitut der Wertpapiere überhaupt hat seine Heimat im bürger- 
lichen Recht und wird dadurch, daß der Effektenhandel die Wertpapiere zu Waren mit einem 
Handelspreis (Kurs) prägt, keineswegs dem Handelsrecht einverleibt. 
Literatur: Umfassendes System des Mobiliarsachenrechts b. Goldschmidt I 2 
88 60 -99 (2. Aufl. II 88 60—64 b). — Über die Objekte des Handelsverkehrs überhaupt in Ende- 
manns Handb. II 1 ff. Endemann (Sachen oder Waren), Koch (Geld und Geldwertzeichen 
S. 113 ff.), Brunner (Wertpapiere S. 140 ff.), Klostermann (urheberrecht S. 236 ff., 
Patentrecht S. 307 ff.), G. Cohn (Kredit S. 354 ff.) u. Endemann (Arbeit S. 373 ff.). — 
K. Lehmann 117° ff. 
§ 68. Der Schutz des redlichen Erwerbes. Das alte H#.stellte gegenüber dem ge- 
meinen Recht den deutschrechtlichen Satz „Hand wahre Hand“ wieder her. Es bestimmte, daß 
an einer von einem Kaufmann im Betriebe seines Handelsgewerbes veräußerten und über- 
gebenen Sache, falls sie nicht gestohlen oder verloren ist, der redliche Erwerber das Eigentum 
er angt, während das bisherige Eigentum und die sonst an der Sache begründeten Rechte er- 
lölchen, und daß unter entsprechenden Voraussetzungen der redliche Pfandnehmer das Pfand- 
rescht erlangt (Art. 306); daß bei Inhaberpapieren der Rechtserwerb auch eintritt, wenn der 
Veräußerer oder Verpfänder nicht Kaufmann und das Papier gestohlen oder verloren ist (Art. 307); 
daß dem Erwerber noch günstigeres Landesrecht (z. B. das preuß. Einlösungsrecht bei gestohlenen 
und verlorenen Sachen) fortgilt (Art. 308). Das BGB . hat die Sätze des HGB. in genauerer 
Fassung (insbesondere unter ausdrücklicher Feststellung, daß die Übergabe durch constitutum 
possessorium nicht ersetzt wird und daß den gestohlenen und verlorenen Sachen alle sonst ab- 
handen gekommenen gleichstehen, und unter Regelung des für die Frage der Redlichkeit maß- 
gebenden Zeitpunktes und der Beweislast) verallgemeinert, die für Inhaberpapiere geltende 
Ausnahme auf Geld und alle in öffentlicher Versteigerung erworbenen Sachen ausgedehnt, 
dagegen abweichendes Landesrecht (bis auf den Vorbehalt für öffentliche Pfandleihanstalten 
in EG. Art. 94 Abs. 2) beseitigt (SK 932—936, 1207—1208). Das neue H#B. enthält dem- 
gegenüber nur noch zwei handelsrechtliche Sondeworschriften. 
Einerseits ist, wenn die Veräußerung oder Verpfändung von einem Kaufmann im Be- 
triebe seines Handelsgewerbes vorgenommen ist oder der Erwerb eines gesetzlichen Pfandrechtes 
nach Handelsrecht in Frage steht, der Erwerb vom Nichtberechtigten erleichtert. Denn 
während nach BE#. der gute Glaube ausgeschlossen ist, sobald der Erwerber den Mangel im 
Recht des Vorgängers kennt oder kennen muß, genügt hier auch der gute Glaube an die Ver- 
fügungsbefugnis über fremdes Recht (§ 360). 
Anderseits ist, wenn ein Bankier oder Geldwechsler ein abhandengekommenes Inhaber- 
papier erwirbt oder zu Pfand nimmt, der Erwerb vom Nichtberechtigten erschwert. Denn 
hier wird der gute Glaube durch gehörige Veröffentlichung des Verlustes ausgeschlossen, falls 
nicht mehr als ein Jahr seit Ablauf des Publikationsjahres verstrichen ist oder besondere Um- 
stände die Unkenntnis von der Veröffentlichung entschuldigen. Für unverzinsliche Inhaber= 
papiere, die auf Sicht zahlbar sind, und für fällige oder nächstfällige Zins-, Renten= und Gewinn- 
anteilscheine gilt dies nicht (§ 367). 
Literatur: Goldschmidt, Z. f. HR. VIII 225 ff., IX 1 ff. Fitting, ebenda 
XVIII 333 ff. Viezens, ebenda XXXIII I77 ff. Gierke, D. PKR. II §8 139. K. Leh- 
mann 7X 120 Z. 3. Gareis 144 3. 7. Cosack K 28. 
8 609. Pfandrecht. Das alte HGB. kannte ein besonderes kaufmännisches 
Pfandrecht, das unter Kaufleuten für Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften 
an beweglichen Sachen und Wertpapieren als Faustpfand ohne die Förmlichkeiten des bürger- 
lichen Rechts bestellt werden konnte und im Falle schriftlicher Verpfändung ein Befriedigungs- 
recht ohne Klage auf Grund gerichtlicher Verkaufsbewilligung, im Falle schriftlicher Wegbedingung 
der gerichtlichen Mitwirkung ein Selbstverkaufsrecht gewährte (Art. 309—312). Das neue 
HGB. hat diese Sätze gestrichen, da das BGB. an Fahrnis nur ein Faustpfandrecht kennt, weitere 
Förmlichkeiten nicht fordert und jedem Pfandgläubiger ein Selbstverkaufsrecht einräumt. Die 
einzige handelsrechtliche Besonderheit besteht jetzt darin, daß, wenn die Verpfändung auf beiden 
Seiten Handelsgeschäft ist, die Wartefrist nach der Androhung des Verkaufs nicht, wie nach 
BGB. F.1234, einen Monat, sondern nur eine Woche beträgt (§ 368).
	        
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