Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

Grundzüge des Handelsrechts. 93 
gebrachte vertretbare Waren oder Wertpapiere (Produktenbörse, Fonds- oder Effektenbörse). 
Sie bestehen nur an bedeutenderen Handelsplätzen und dienen überwiegend dem Geschäfts- 
verkehr einheimischer Großkaufleute untereinander. Ursprünglich Einrichtungen der Kaufmanns- 
gilden und in den Gildehallen abgehalten, wurden sie in Deutschland, obschon ohne völlige Ver- 
wischung des korporativen Ursprungs, in neuerer Zeit staatlich geregelt. Die für die einzelnen 
Börsen erlassenen Börsenordnungen (z. B. Berliner v. 1825 u. 1866, Breslauer v. 1867), auf 
die das alte HG. verwies (Art. 331), gingen mannigfach auseinander. Durch das Reichs- 
börsengesetz vom 22. Juni 1896, das nach Abänderung durch die Novelle v. 8. Mai 1908 in 
neuer Fassung v. 27. Mai 1908 verkündet ist, wurden die Grundzüge einheitlich geregelt. Das 
Börsenrecht ist, da die Börsen als öffentliche Anstalten organisiert und mit öffentlichrechtlichen 
Funktionen ausgestattet sind, in der Hauptsache öffentliches Recht. Doch greift die Ordnung 
des Börsenwesens vielfach, wie z. B. durch die Fürsorge für amtliche Feststellung der Börsen- 
preise mit Hilfe der vereidigten Kursmakler, die Regelung der Zulassung von Wertpapieren 
zum Börsenhandel und die Ermächtigung der Börsenorgane zur autonomischen Festsetzung 
von Börsenusanzen, tief in das Privatrecht ein. Überdies aber enthält das Börsengesetz wichtige 
privatrechtliche Vorschriften über Börsentermingeschäfte. — In diesem Werke ist jetzt das gesamte 
Börsenrecht besonderer Darstellung vorbehalten. 
Literatur: Rathgen, Märkte und Messen, Handwörterb. der Staatswiss. 2 VI 587 ff. 
Pfleger, Börsenrecht, ebenda III 138 ff. M. Weber, Z. f. HR. XIIII 83 ff., 457 ff., 
XIIV 29 ff. Wiedenfeld, Die Börse in ihren wirtschaftlichen Funktionen und ihrer recht- 
lichen Gestalt, 1983. K. Lehmann & 35. Gareis 49. Cosack 5 93 ff. 
Zweites Kapitel. 
Einzelne Handelsgeschäfte. 
§ 77. Arten der Handelsgeschäfte. Die Handelsgeschäfte sind entweder solche, die dem 
Handel eigentümlich sind, oder solche, die auch dem bürgerlichen Recht angehören; für die letzteren 
gelten entweder besondere handelsrechtliche Vorschriften oder nur die allgemeinen Abweichungen 
vom bürgerlichen Recht. Hier ist nur von den dem Handel eigentümlichen und von den im Handel 
sonderrechtlich ausgestalteten Geschäftsarten noch zu reden. 
Die Handelsgeschäfte zerfallen dem Gegenstande nach in fünf Gruppen. 
1. Warengeschäfte. Ein Sonderrecht gilt für den Handelskauf (unten § 78). 
An ihn lehnen sich die Börsengeschäfte an (unten 5 79). Für Tausch, Miete, Leihe gelten keine 
besonderen Regeln. 
2. Geldgeschäfte. Sie sind vom Handel zum Teil eigentümlich ausgestaltet 
(unten 8 80). 
3. Kreditgeschäfte. Auch sie sind zum Teil vom Handel typisch ausgebildet 
(unten 8 84). 
4. Arbeitsgeschäfte. Die Dienstverträge des Handelsrechts und der Handels- 
mällewertrag sind schon besprochen. Der regelmäßige Werkvertrag unterliegt als Handelsgeschäft 
keinem Spezialrecht. Der Verlagsvertrag ist außerhalb des Handelsrechts geregelt. Dagegen 
gilt ein Handelssonderrecht für das Kommissionsgeschäft (unten § 82), das Speditionsgeschäft 
(unten § 83), das Lagergeschäft (unten § 84) und das Frachtgeschäft (unten Ss 85—86). 
5. Versicherungsgeschäfte. Der Versicherungsvertrag ist, von der Seeversiche- 
rung abgesehen, keinem Handelssonderrecht unterworfen. 
§ 78. Handelskauf, Für den Handelskauf galt nach dem alten HGB. (Art. 337—359) 
ein sehr umfassendes Sonderrecht, das im neuen HGB. gegenüber den Vorschriften des BGB. 
über den Kauf sehr zusammengeschrumpft und überdies in den wichtigsten Punkten auf den 
zweiseitigen Handelskauf beschränkt ist. 
1. Begriff. Ein Kauf ist Handelskauf, wenn er Handelsgeschäft ist und seinen Gegen- 
stand Waren oder Wertpapiere bilden (§ 381 Abs. 1). Grundstückskauf und Rechtskauf sind,
	        
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