Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Dritter Band. (3)

94 Otto v. Gierke. 
auch wenn sie Handelsgeschäft sind, kein Handelskauf. Die Erstreckung des Kaufrechts auf 
den Lieferungsvertrag (BG#B. F 651) gilt beim Handelskauf vorbehaltlos auch dann, wenn die 
Sache, die der Untermehmer aus dem von ihm zu beschaffenden Stoff herstellen soll, eine nicht 
vertretbare bewegliche Sache ist (§ 381 Abs. 2). 
2. Inhalt. Für Ware und Preis gilt bürgerliches Recht. Doch kommt, wenn der Kauf- 
preis nach dem Gewicht der Ware zu berechnen ist, mangels besonderer Vereinbarung der 
Handelsgebrauch des Ortes, an dem der Verkäufer zu erfüllen hat, in Betracht; nach der gesetz- 
lichen Regel ist das Taragewicht (Gewicht der Verpackung) vom Bruttogewicht abzuziehen; 
der Handelsgebrauch aber kann den Abzug ausschließen oder nach einem bestimmten Ansatz 
oder Verhältnis normieren; er kann auch dem Käufer ein Gutgewicht oder eine Refaktie (Ver- 
gütung für schadhafte und unbrauchbare Teile) zubilligen (S§ 380). Die Bestimmung des 
Preises erfolgt oft durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Zahlung des Markt- 
oder Börsenpreises (statt Art. 353 jetzt BGB. § 453). Nach Vereinbarung oder Handelsgebrauch 
findet vielfach eine Preisermäßigung durch Rabatt statt, der entweder als eigentlicher Rabatt 
einen Diskont für verfrühte Zahlung oder als uneigentlicher Rabatt eine einfache Preisminderung 
für Wiederverkäufer, Engrosabnehmer, regelmäßige Kunden, Vereinsmitglieder usw. bedeutet. 
Ein Fall des uneigentlichen Rabatts ist der Buchhändlerrabatt (33 ½ oder 25 v. H.), den die 
Verleger den Sortimentern, die dafür die Kosten der Versendung und der Räücksendung nicht 
fest bestellter Bücher übermehmen, gewähren. 
3. Erfüllung. Der Handelskauf ist durch Ubergabe der Ware und Zahlung des Preises 
zu erfüllen. Hinsichtlich des Erfüllungsortes und der Erfüllungszeit gelten die allgemeinen 
Regeln (früher Art. 342). Je nachdem die Ware vom Verkäufer an dem Ort, an dem sie sich 
befindet, zu übergeben oder an einen anderen Ort zu versenden ist, unterscheidet man Platz- 
kauf und Versandkauf (oder Distanzkauf); bei letzterem ist der Bestimmungsort, wenn nichts 
anderes bedungen wird, keineswegs der Erfüllungsort, mag auch der Verkäufer die Kosten der 
Versendung übernommen haben (B #B. F 269, früher Art. 342, 345 Abs. 2). Hinsichtlich der 
Erfüllungszeit unterscheidet man, je nachdem die Ware sofort oder später zu liefern ist, Tages- 
kauf und Zeitkauf (oder Lieferungskauf); je nachdem der Preis Zug um Zug gegen Lieferung 
der Ware oder später oder früher zu zahlen ist, Barkauf, Kreditkauf (auf Borg, Rechnung oder 
Ziel) und Pränumerationskauf (wird durch Übersendung mit Nachnahme angesonnen, RO. 
XIII Nr. 65, Seuff. XLVII Nr. 140). Ist die Lieferungszeit oder die Zahlungszeit genau 
(„fest“, „prompt") durch Termin oder Frist bestimmt und diese Zeitbestimmung wesentlich, so 
liegt Fixkauf vor (§ 376, nach dem früheren Art. 357 nur bei fester Lieferungszeit). 
Der Verkäufer ist verpflichtet, die Ware gehörig zu übergeben, und trägt die Kosten 
der Übergabe, nicht aber beim Distanzkauf die Kosten der Versendung (BGB. F 448, früher 
Art. 351). Bis zur Übergabe, jedoch beim Distanzkauf, soweit er nicht grundlos von einer Ver- 
sendungsanweisung abgewichen ist, nur bis zur Auslieferung an den Spediteur, Frachtführer 
oder sonstigen Transportbesorger, trägt er die Gefahr (BGB. §# 446—447; das alte HGB. 
ließ es bei der Rechtsverschiedenheit in den römisch-rechtlichen und deutschrechtlichen Gebieten 
und bestimmte nur beim Distanzkauf gleiches für den spätesten Zeitpunkt des Uberganges der 
Gefahr, Art. 345, 343 Abs. 1). Ist der Käufer im Annahmeverzug, so hat der Verkäufer beim 
Handelskauf weitergehende Rechte als nach bürgerlichem Recht (§ 373, früher Art. 343). Denn 
er kann stets (abweichend von BGB. 5§ 372 ff. u. 8§ 383 ff.) sowohl die Ware auf Gefahr und Kosten 
des Käufers in einem öffentlichen Lagerhause oder sonst sicher hinterlegen als auch zum Selbst- 
hilfeverkauf für Rechnung des säumigen Käufers schreiten. Der Selbsthilfeverkauf fordert vor- 
gängige Androhung, es sei denn, daß die Ware dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Ver- 
zuge oder die Androhung sonst untunlich ist. Er muß regelmäßig im Wege der öffentlichen Ver- 
steigerung, bei der Verkäufer und Käufer mitbieten können, erfolgen, kann aber bei Waren mit 
Markt= oder Börsenpreis auch freihändig durch eine dazu ermächtigte Person zum laufenden 
Preise bewirkt werden. Der Verkäufer soll, soweit es nicht untunlich ist, Zeit und Ort der be- 
vorstehenden Versteigerung und immer den vollzogenen Verkauf dem Käufer anzeigen, widrigen- 
falls er Schadensersatz zu leisten hat. Daneben behält der Verkäufer die ihm nach bürgerlichem 
Recht infolge des Annahmeverzuges zustehenden Rechte (§ 374), kann also namentlich auf Ab- 
nahme der Ware klagen und Schadensersatz wegen Verzuges fordern.
	        
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