Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Vierter Band. (4)

150 G. Anschütz. 
auf Fortführung des letzten Amtstitels und auf Bezug einer Quote des Diensteinkommens als 
Ruhegehalt (Pension); 7. Tod (bewirkt die Entstehung von Versorgungsansprüchen der Hinter- 
bliebenen — Witwe und Waisen — des Verstorbenen gegen die Staatskasse). 
8 38. Pflichten und Rechte der Beamten. 
I. Die Plichten. Der Beamte hat zunächst 1. die Pflicht, das ihm übertragene Amt der 
Verfassung und den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen“ (RBG. § 10). Aus 
dieser Pflicht entspringen im einzelnen: die Pflicht zu ununterbrochener Amteführung 
(Unterbrechung nur mit „Urlaub“"), die Verschwiegenheit in bezug auf dienstliche Angelegen- 
heiten („Amtsgeheimnis“, vgl. RG. F 11) und drittens der Gehorsam gegenüber 
Befehlen des Vorgesetzten. Denn, den letzten Punkt anlangend, zu den Gesetzen, 
welche die Amtsführung des Beamten binden, gehört auch die hierarchische Gliederung der Staats- 
ämter und das ihr immanente Prinzip, daß der Wille des Vorgesetzten rechtlich stärker ist als der 
des Untergebenen. Die hier einschlagende, vielerörterte Frage nach den Grenzen der dienstlichen 
Gehorsamspflicht darf nicht mit der einfachen Behauptung des Parierenmüssens ut cadaver, 
noch weniger aber im Sinne eines unbedingten Prüfungsrechts des Untergebenen gegenüber 
Befehlen des Vorgesetzten beantwortet werden. Als Grundsat ist festzustellen, daß über die Gesetz- 
mäßigkeit einer amtlichen Handlung derjenige, welcher sie zu befehlen hatte und befohlen hat, 
nicht aber die Meinung die zur Ausführung kommandierten Untergebenen entscheidet, daß mithin 
nicht letzteren, sondern allein den Vorgesetzten die volle Verantwortung für die Gesetzmäßigkeit 
trifft 1. Der Untergebene hat hicmach, wenn er von Pflichtverletzung und Verantwortlichkeit 
frei bleiben will, in der Regel allerdings einfach und pünktlich zu gehorchen. Prüfen darf und 
muß er jedoch: 1. ob ihm ein Dienstbefehl in casu überhaupt mit verbindlicher Kraft erteilt werden 
durfte. Soweit das Gesetz den Beamten in bezug auf gewisse Entschließungen selbständig 
und unabhäng ig stellt, hat er seiner Meinung und nicht der des Vorgesetzten zu folgen: 
dem Richter kann niemand befehlen, wie er zu urteilen hat; die Prüfungskommission entscheidet 
unter voller eigener Verantwortlichkeit über das Ergebnis des Examens; der Vollstreckungs- 
beamte hat selbst zu untersuchen und sich nicht vom Vorgesetzten sagen zu lassen, ob die formellen 
Merkmale eines vollstreckbaren Schuldtitels vorliegen oder nicht; 2. ob ein Dienstbefehl erteilt 
wurde. Was der Vorgesetzte als Privatmann sagt oder verlangt, ist kein Dienstbefehl, Erfüllung 
von Privatwünschen des Vorgesetzten nicht Dienstsache; 3. ob der Befehl von dem dazu Legiti- 
mierten, von dem Dienstvorgesetzten ausgeht. Der Beamte ist verantwortlich dafür, zu wissen, 
wer sein Vorgesetzter ist; 4. ob der Befehl die gesetzlich vorgeschriebene Form (z. B. Schriftform) 
aufweist; 5. ob die durch den Befehl angesonnene Handlung nicht einem Strafgesetz toder auch 
nur einem einfachen Verbotsgesetz ohne Strafsanktion) zuwiderläuft; denn — „eine Handlung, 
durch welche der Dienstpflichtige sich strafbar machte, kann nie in seiner Dienstpflicht liegen“ 
(O. Mayer, Verwaltungsr. 2 237). — 
2. Eine zweite Hauptpflicht des Beamten ist die, „durch sein Verhalten in und außer dem 
Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen“ (R. J 10, ähnlich die Landes- 
gesetze). 
Die möglichen Rechtsfolgen der Pflichtverletzung sind diese: a) Anhaltung 
des säumigen Beamten zur Pflichterfüllung im Wege des Verwaltungszwangs (der 
administrativen Exekution); b) zivilrechtliche Haftbarkeit. Die Ersatzpflicht des 
Beamten ist durch das BGB. 5. 839, die Frage der Haftung des Staates für Pflichtwidrigkeiten 
seiner Beamten bei Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt für die Reichsbeamten 
durch RGes. vom 22. Mai 1910 (RGBl. 798), für die Landesbeamten auf Grund des Art. 77 
Einf Ges. z. BGB. durch die Landesgesetze (Preußen: Ges. vom 1. August 1909, GS. 691) ge- 
regeltze) kriminelle Bestrafung tritt ein, insbesondere wenn die Pflichtverletzung den Tat- 
bestand eines „Verbrechens oder Vergehens im Amte“ (§§ 331—359 StrE.) in sich schließt. — 
UÜber den Eintritt der Rechtsfolgen zu b und e entscheiden die ordentlichen Zivil- und Straf- 
gerichte im gewöhnlichen Streitverfahren, jedoch unter dem reichsgesetzlichen (Einf G. zum G. 
Die besondere Gestaltung der Minister verantwortlichkeit scheidet hier aus; vgl. darüber 
oben #§ 27 (einzelstaatliche Minister), 23 (Reichskanzler).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.