Deutsches Verwaltungsrecht. 225
direktorium genannt. Dieses sollte eine einheitliche Behörde für die gesamte innere und
Finanzverwaltung sein, und mit ihm ist denn auch in Preußen, früher als anderswo auf dem
Festlande, die Zentralisation der Verwaltung begründet worden. Das Präsidium der neuen Be-
hörde wollte der König selbst führen, um ihr „desto mehr Lustre Autorität und Nachdruck bei-
zulegen". Für die Geschäftsbesorgung wurde sie in vier, je aus einem Minister und einer An-
zahl Geheimer Räte bestehende Departements eingeteilt. Die Departements hatten jedoch
nur die Entscheidung der ihnen zugehörigen Angelegenheiten vorzubereiten. Diese selbst hatte
stets im Plenum zu erfolgen zu dem außer den Räten des mit der Sache befaßten Departements
alle Minister des Generaldirektoriums gehörten. Die Verteilung der Geschäfte auf die Departe-
ments war nach dem sog. Provinzialsystem erfolgt, d. h. es waren jedem von ihnen prinzipiell,
ohne sachliche Unterscheidung, alle Geschäfte zur Besorgung zugewiesen, die aus einem bestimmten
Teile des Staatsgebietes, dem ersten z. B. die, die aus Preußen, Pommern und der Neu-
mark an die Zentrale gelangten. Eine Bildung der Departements nach dem Realsystem, d. h.
nach Fächern, schien wegen der großen Verschiedenheit des materiellen Rechtes in den einzelnen
Landesteilen nicht angängig; für die Erledigung der den verschiedenen Departements zugehörigen
Sachen nach möglichst einheitlichen Grundsätzen war dadurch gesorgt, daß die Entscheidung stets
beim Plenum lag. Aber ein Ansatz zum Realsystem ward doch von vornherein gemacht; jedem
der Departements waren außer seinem provinziellen Geschäftskreise ein paar Angelegen-
heiten überwiesen, die es für den Umfang des ganzen Staatsgebietes zu bearbeiten hatte;
es handelte sich dabei um Verwaltungszweige, die ihrer Natur nach für den ganzen Staat
gleichheitlich wahrgenommen werden müssen, wie z. B. Grenzsachen, Armeeverpflegung,
Post= und Münzwesen. Mit Ausnahme von Schlesien, das in Breslau sein eigenes
Ministerium erhielt, sind sämtliche Neuerwerbungen unter den drei folgenden Königen dem
Generaldirektorium unterstellt worden. Die innere Organisation desselben erfuhr jedoch
schon unter Friedrich dem Großen einschneidende Umgestaltungen. Dieser schuf nach und
nach vier neue Departements, die jedoch nicht wie die alten prinzipiell als Provinzial-,
sondern als reine Sachdepartements errichtet wurden, indem jedes von ihnen lediglich
zur Bearbeitung eines oder mehrerer Verwaltungszweige für das ganze Staatsgebiet bestellt
wurde. Allein es wurde nicht nur die Kompetenz der neuen Departements nach einem anderen
Gesichtspunkte bestimmt als die der alten, einzelne von ihnen erhielten auch eine selbständige
Entscheidungsgewalt in ihren Angelegenheiten. Der alte Grundsatz, daß die Entscheidung stets
beim Plenum liegen sollte, ließ sich bei der Ausdehnung des Staatsgebietes und der dauernden
Zunahme der Geschäfte nicht mehr aufrechterhalten. Sein Fallenlassen bei den Sachdepartements
bedeutete aber ein Aufgeben der Grundidee des Generaldirektoriums, nach der im Plenum
dieses sich alle Verwaltung konzentrieren sollte. Und als er unter den folgenden Königen dann
auch für die Provinzialdepartements durchbrochen wurde, indem auch diese behufs Entlastung
des Plenums selbständige Entscheidungskompetenzen erhielten, bedeutete dies das Aufgeben
der wichtigsten Sicherung der sachlichen Einheitlichkeit der Verwaltung.
Der Geheime Staatsrat seit längerer Zeit Geheimes Staatsministerium genannt,
verlor mit der Errichtung des Generaldirektoriums seine alte Bedeutung. Formell zwar hatte
dieses stets als ein Bestandteil jenes gegolten, materiell stand es aber mehr neben als innerhalb
desselben; es war eigentlich an seine Stelle getreten, hatte die Hauptmasse seiner Geschäfte
überkommen. Aber auch die auswärtigen Angelegenheiten wurden nicht mehr im Geheimen
Staatsrate, sondern im Geheimen Kabinett (Kabinettsministerium, gewöhnlich aus
zwei Ministerien bestehend) beraten (vgl. oben S. 221). Und endlich waren ihm auch die den
alten Regierungen in der Provinzialinstanz verbliebenen Sachen (vgl. oben S. 223) entzogen;
sie wurden in der Zentrale von vier sog. Justizministern besorgt, die unter der Bezeichnung
Justizstaatsrat oder Geheimer Justizrat zusammengefaßt wurden. Für die
drei selbständig gewordenen Oberdepartements: das Generaldirektorium, das Kabinetts-
ministerium und den Geheimen Justizrat bildete der Geheime Staatsrat eigentlich nur einen
äußeren Rahmen. Wohl existierte er noch fort; er bestand aus den 14 Ministern dieser Ober-
departements, dem Staatsminister für Schlesien und dem Reichstagsgesandten in Regensburg.
Allein alle Sachen, die zu einem dieser Departements gehörten, und das waren eigentlich alle
wichtigeren Staatsangelegenheiten, kamen nicht mehr vor sein Plenum. Seine gesetzlich fest-
Enzytlopädie der Rechtswissenschaft. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band IV. 15