Deutsches Verwaltungsrecht. 231
gekommen die Ministerien für geistliche und Unterrichtsangelegenheiten, für Handel und Gewerbe,
für öffentliche Arbeiten, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten), in Bayemm 7, Württem-
berg und Sachsen 6. In den kleinen Staaten (z. B. den thüringischen) dagegen gibt es in der
Regel nur ein Ministerium mit einem dirigierenden Staatsminister an der Spitze, das in ver-
schiedene Abteilungen zerfällt, deren Chefs, wenn sie auch einzelne Geschäfte selbständig er-
ledigen dürfen, dem dirigierenden Minister untergeordnet sind. Die Zahl der Ministerien und
die Abgrenzung ihrer Ressorts ist in einigen Staaten (wie Württemberg, Sachsen) durch Gesetz,
in anderen (wie Preußen, Bayem, Baden) durch Verordnung bestimmt; letzterenfalls kann der
Monarch sie im Verordnungswege abändern, soweit nicht durch besondere Gesetze einzelne
Gegenstände bestimmten Ministerien zugewiesen sind. Die Einteilung größerer Ministerien in
Abteilungen mit einem Ministerialdirektor an der Spitze hat nur Bedeutung für die innere
Geschäftserledigung. Wohl kann der Minister solcher Abteilung die Entscheidung bestimmter
Angelegenheiten übertragen, allein er ist für die einzelne Entscheidung dieser verantwortlich,
wie er dieselbe auch stets abändern kann. Der Minister allein hat die Leitung des ganzen ihm
anvertrauten Verwaltungszweiges. Er ist daher der Vorgesetzte aller in seinem Ressort tätigen
Behörden und Beamten, kann sie alle mit Anweisungen versehen, und ist für sie alle die oberste
Beschwerdeinstanz. lbergeordnet ist dem Minister, soweit nicht ausnahmsweise das Staats-
ministerium die Stellung einer den einzelnen Ministern übergeordneten Staatsbehörde hat,
nur der Landesherr. Dieser kann dem Minister für seine Amtshandlungen allgemeine wie den
einzelnen Fall betreffende Anweisungen erteilen, die der Minister zu befolgen hat. Allerdings
übernimmt der Minister mit Ausführung des landesherrlichen Befehls auch die staatsrechtliche
Verantwortung für die anbefohlene Handlung (vgl. oben S. 126). Will er dieses nicht, so muß
er seine Entlassung nehmen, wie ihn auch der Landesherr jederzeit entlassen kann, wenn er sich
weigert, dessen Anweisungen nachzuhandeln.
II. Das Staatsministerium dder, wie es in Bayern und Sachsen heißt, Ge-
samtstaatsministerium ist die Zusammenfassung aller Minister zu einem Kollegium
unter dem Vorsitze des Staatsoberhauptes oder eines von diesem ernannten Vorsitzenden
(Ministerpräsident). Es ist bei der großen Selbständigkeit, welche die einzelnen Minister haben,
und der mit dieser verbundenen Gefahr einseitiger Betonung der Interessen der einzelnen
Verwaltungszweige geboten, um dieser Gefahr vorzubeugen, die Interessen und Ansichten
der verschiedenen Minister auszugleichen und auf Einheitlichkeit in der Verwaltung hinzu-
wirken — und besteht heute in Preußen wie in allen Mittelstaaten. Die Angelegenheiten, über
welche im Staatsministerium zu beraten ist, sind teils durch Gesetz, teils durch Verordnung be-
stimmt; zu ihnen gehören regelmäßig die Entwürfe zu neuen Gesetzen und Verordnungen,
Vorlagen an den Landtag, abweichende Ansichten der Minister, Angelegenheiten, die mehrere
Ministerien angehen, jedoch mit der Maßgabe, daß auf Befehl des Landesherrn oder auf Antrag
eines Ministers auch über jede andere Angelegenheit beraten werden muß. Anders nur in
Bayem, wo die meisten der sonst dem Staatsministerium ein für allemal zugewiesenen Sachen
im Staatsrate zu beraten sind und jenes nur die ihm vom Landesherrn von Fall zu Fall zu-
gewiesenen Angelegenheiten zu beraten hat. In allen Fällen hat das Staatsministerium nur
zu beraten und, falls eine landesherrliche Entschließung in der Sache erforderlich ist, das Er-
gebnis seiner Beratung dem Landesherrn vorzulegen. Es faßt keine die einzelnen Minister binden-
den Beschlüsse. Jeder einzelne Minister hat rechtlich frei darüber zu befinden, ob er gemäß der
von der Mehrheit seiner Kollegen vertretenen Ansicht in seinem Ressort handeln will oder nicht.
Entscheidet er sich für letzteres, so kann das zu seiner Entlassung führen, sein Verhalten ist aber
kein rechtswidriges. Eignet er sich dagegen die Ansicht der Mehrheit an, oder kontrasigniert er
die diese annehmende landesherrliche Entscheidung, so wird er für sie staatsrechtlich verantwort-
lich; dem Landtage gegenüber deckt ihn der Beschluß des Ministeriums nicht. Neben dieser regu-
lären beratenden Funktion hat das Staatsministerium in einigen Staaten, besonders in Preußen
und Baden, aber noch entscheidende Kompetenzen; es handelt sich dabei um einzelne durch ver-
schiedene Gesetze seiner Entscheidung unterstellte Angelegenheiten, als in Preußen die Auf-
lösung kommunaler Vertretungen, die Erteilung des Plazets für evangelische Kirchengesetze u. a.
Und überhaupt eine andere Stellung ist dem Gesamtministerium in Sachsen gegeben. Hier
bildet es nach VerfUrk. § 41 Abs. 2 „die oberste kollegiale Staatsbehörde“. Es faßt daher als