Deutsches Verwaltungsrecht. 233
des Bezirkes, sofern nicht für einzelne Zweige derselben besondere Behörden (Provinzial-
steuerdirektionen, Generalkommissionen) bestehen oder einzelne Geschäfte dem Oberpräsidenten
zugewiesen oder den Ministern vorbehalten sind. Die Regierung ist ein Kollegium, an dessen
Spitze der Regierungspräsident steht. Für die reguläre Erledigung ihrer Geschäfte sind die
Regierungen jedoch in Abteilungen gegliedert, und zwar gewöhnlich in drei: für Inneres,
für Kirchen- und Schulsachen, für direkte Steuern, Domänen und Forsten; kleinere Regierungen
nur in zwei, größere neuerdings dagegen, unter Teilung der dritten Abteilung, auch in vier,
die je unter einem Oberregierungsrate als Dirigenten stehen und innerhalb ihres Geschäfts-
kreises selbständige Entscheidungsbefugnis haben. Nur einzelne bestimmte wichtige An-
gelegenheiten sind im Plenum zu beraten und zu beschließen. In der ersten Abteilung wird
nach den Anweisungen des Regierungspräsidenten gearbeitet, in den anderen nach Stimmen-
mehrheit der Abteilungsmitglieder entschieden. Neben der Regierung und dem Regierungs-
präsidenten steht als dritte Staatsbehörde des Regierungsbezirkes der Bezirksausschuß (siehe oben
S. 230). Er besteht aus dem Regierungspräsidenten als Vorsitzenden und sechs Mitgliedern, von
welchen letzteren zwei Berufsbeamte, vier im Ehrenamte tätige Bezirkseingesessene sind. Jene, von
denen einer zum Richteramte, einer zur Bekleidung von höheren Verwaltungsämtern qualifiziert
sein muß, werden vom Könige auf Lebenszeit ernannt, der gleichzeitig einen von ihnen unter dem
Titel Verwaltungsgerichtsdirektor zum Stellvertreter des Regierungspräsidenten im Vorsitze
ernennt. Diese werden von dem Provinzialausschusse auf sechs Jahre aus den zum Provinzial-
landtage wählbaren Reichsangehörigen gewählt, die im Regierungsbezirke ihren Wohnsitz haben.
Der Bezirksausschuß ist Verwaltungsbehörde und Verwaltungsgericht. Als Verwaltungsbehörde
beschließt er über die ihm zugewiesenen Angelegenheiten in dem Beschlußverfahren (oben S. 219).
Er ist zuständig zunächst für eine Reihe einzelner im Gesetze bestimmter Angelegenheiten von
größerer prinzipieller Tragweite, die früher von der Abteilung des Innern besorgt wurden,
so zur Ausübung der Staatsaufsicht über die Städte und einzelne andere öffentliche Kor-
porationen, zu wichtigen Entscheidungen auf dem Gebiete der Gewerbe- und Baupolizei und
anderen Beschlußfassungen, bei denen die Mitwirkung des Laienelementes geboten erscheint.
Daher auch der Regierungspräsident beim Erlasse von Polizeiverordnungen und einzelnen
anderen Anordnungen an seine Zustimmung gebunden ist. Sodann ist der Bezirksausschuß
die reguläre Beschwerdeinstanz, welche über die Beschwerden entscheidet, die gegen die erst-
instanzlichen Beschlüsse der Kreis- (Stadt.) Ausschüsse erhoben werden.
III. Oberpräsident, Provinzialrat. Der Oberpräsident, welcher an der
Spitze jeder Provinz steht, besorgt die ihm zugewiesenen Geschäfte mit Hilfe eines Oberpräsidial-
rates, der auch als sein Stellvertreter fungiert, und weiterer ihm zugeordneter Hilfsarbeiter,
die nach seinen Anweisungen zu verfahren haben. Er hat einen vierfachen Wirkungzkreis:
a) die Verwaltung aller derjenigen Angelegenheiten, welche die ganze Provinz betreffen oder
doch eine über einen Regierungsbezirk hinausgehende Bedeutung haben (z. B. provinzial-
ständische Angelegenheiten, für mehrere Regierungsbezirke eingerichtete Institute, Pläue
zu Strombauten); b) die Oberaufsicht auf die Verwaltung der Regierungen, Provinzialsteuer-
direktionen und Generalkommissionen. Eine Mittelinstanz zwischen diesen Behörden und den
Ministerien sollte er nach ausdrücklicher Vorschrift der V. v. 30. 4. 1815 § 4 nicht bilden, nach der
Instr. v. 31. 12. 1825 kann er jedoch auf Beschwerden gegen diese Behörden provisorisch ent-
scheiden, und neuere Gesetze haben ihm wiederholt die zweit- und letztinstanzliche Entscheidung
auf Beschwerden über Verfügungen des Regierungspräsidenten zugewiesen (LVG. §§ 127,
130; ZG. 8§ 7; Kreis O. östl. Prov. §& 177); c) die Stellvertretung der obersten Staatsbehörden
im besonderen Auftrage und bei außerordentlicher Veranlassung (Konflikten zwischen Regierungen,
Anordnungen bei Gefahr im Verzuge); c) die Besorgung einzelner ihm ausdrücklich zugewiesener
Verwaltungsgeschäfte. Neben dem Oberpräsidenten steht als staatliche Provinzialbehörde der
Provinzialrat, der im Gegensatze zum Bezirksausschusse nur Verwaltungsbehörde ist und über
alle ihm zugewiesenen Angelegenheiten in dem Beschlußverfahren (oben S. 219) beschließt.
Er besteht aus dem Oberpräsidenten als Vorsitzenden, einem auf die Dauer seines Hauptamtes
ernannten höheren Verwaltungsbeamten und fünf Mitgliedern, welche von dem Provinzial-
ausschusse aus der Zahl der zum Provinziallandtage wählbaren Provinzialangehörigen auf sechs
Jahre gewählt werden. Er hat zu entscheiden auf Beschwerden über die erstinstanzlich vom